"Die Lizenzierung von Musik ist in den 1990ern hängen geblieben"
Future Music Camp 2017: Lukas Krohn-Grimberghe über seine Klassik-Streamingplattform Grammofy
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Lukas Krohn-Grimberghe ist der Gründer und CEO des Klassik-Streamingdienstes Grammofy. © (privat)
Backstage PRO: Herr Krohn-Grimberghe, Ihre Streaming-Plattform Grammofy gibt es nun seit knapp einem Jahr – wie steht es mittlerweile um das Projekt?
Lukas Krohn-Grimberghe: Wir sind recht zufrieden: Grammofy bekommt viele Signups, auch die Konversion zu zahlenden Kunden ist ordentlich. Am meisten begeistert uns aber das durchweg positive Feedback unserer Nutzer: Wenn jemand sagt, dass er durch uns den Zugang zur Klassik gefunden hat, dann ist das schon ein Kompliment.
Backstage PRO: Was waren die größten Hürden für Sie?
Lukas Krohn-Grimberghe: Mitstreiter finden, Förderungen auftun – und natürlich das Licensing. Die Lizenzierung von Musik ist technologisch wie auch ökonomisch in den 1990ern hängen geblieben. Und im Augenblick ist das gesamte Digitalgeschäft auf die großen Services und drei Major-Labels zugeschnitten. Die machen alle ordentlich Umsatz, für viele kleinere Player im Markt sieht es da aber ganz anders aus.
"Full on-demand Streaming ist wie ein All-You-Can-Eat Buffet"
Backstage PRO: Haben Nischenanbieter auf dem Musikmarkt trotzdem eine langfristige Chance?
Lukas Krohn-Grimberghe: Ich denke, dass wir gerade einmal die Speerspitze sind. Das volle on-demand Streaming auf den drei großen Plattformen (Spotify, Deezer und Apple) mit etwa 45 Millionen Tracks spricht ein ganz bestimmtes Publikum an, fördert eine bestimmte Art des Musikkonsums. Diese Art von Streaming ist am besten vergleichbar mit einen All-You-Can-Eat Buffet: Man probiert so viel wie möglich, aber eben immer nur ein bisschen. Nischen-Services sind nach der Analogie dann eher das Tagesmenü, das ein anderes Publikum lockt.
Im Augenblick ist es einfach noch irrsinnig teuer, einen Streamingdienst zu betreiben. Die Kosten stehen oft in keinem Verhältnis zur Größe der jeweiligen Nische. Aber das wird sich ändern. Wenn es dann noch leichter wird, Inhalte zu lizenzieren, dann wird es nur so wimmeln von Nischen-Services.
Backstage PRO: Was müssen Nischenanbieter anders machen, um sich durchzusetzen – was haben Sie mit Grammofy anders gemacht?
Lukas Krohn-Grimberghe: Man muss sich hier ganz deutlich abgrenzen. Es bringt nichts zu sagen: "Wir machen das gleiche wie Spotify, nur mit weniger Katalog". Wir haben uns daher ganz bewusst vom full on-demand Anspruch verabschiedet.
Wir sind mit Grammofy zwar on-demand, aber eben nicht "full": Bei uns gibt es nicht den ganzen Klassikkatalog, sondern eine Auswahl. Die ist dann aber eben auch intelligent ausgewählt und liebevoll aufbereitet. Das ist vielen Leuten viel mehr Wert als der theoretische Zugriff auf Millionen von Tracks.
"Faire Entlohnung ist gar nicht so einfach!"
Backstage PRO: Wie können Sie die Künstler fair entlohnen – im Gegensatz zu anderen Streaming-Plattformen?
Lukas Krohn-Grimberghe: Das ist gar nicht so einfach! Viele Künstler haben Verträge mit Labels, diese wiederum überlassen den digitalen Vertrieb gerne sogenannten Aggregatoren, bei denen manche dann noch an einem Über-Aggregator dranhängen. Wir können dabei lediglich sicherstellen, dass wir sekundengenau abrechnen – was schon eine grundsätzlich viel fairere Vergütung ermöglicht als bei track-basierten Abrechnungsmodellen – und in unseren Reports so sauber wie möglich Künstler und Komponisten auflisten. Die endgültige Verteilung ist dann aber nicht in unserer Hand.
Backstage PRO: Vielen Dank für Ihre Zeit!
Lukas Krohn-Grimberghe beim Future Music Camp 2017
Lukas Krohn-Grimberghe ist der Gründer und CEO des Klassik-Streamingportals Grammofy. Die Session "Einen neuen Streamingdienst gründen? Ihr seid doch verrückt! Grammofy im Interview." findet am 27.4.2017 um 16:30 im Raum 001 der Popakademie Baden-Württemberg statt.
Die Teilnahme am Future Music Camp ist kostenlos, im Vorfeld ist eine Online-Anmeldung erforderlich.
Unternehmen
Locations
Popakademie Baden-Württemberg
Hafenstraße 33, 68159 Mannheim
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