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"Probieren geht über Studieren"

Henrik Bergmann (Indecent Behavior) über erfolgreiches Social Media Marketing für Bands

Interview von Doktor Nic
veröffentlicht am 18.02.2020

social-media marketing promotion diy

Henrik Bergmann (Indecent Behavior) über erfolgreiches Social Media Marketing für Bands

Henrik Bergmann. © (privat)

Henrik ist Mediendesigner und Sänger der Band Indecent Behavior aus dem Saarland. Die Außendarstellung seiner Band ist sehr durchdacht und funktioniert extrem gut. Die Musiker haben ihr Social Media Marketing im Griff und nutzen gut gewählte Werbemöglichkeiten, um echte organische Fans zu erreichen. Was man sich von Henriks Band abgucken kann, verrät er uns im Interview.

Backstage PRO: Hallo Henrik. Wir haben uns vor 3 Jahren bei einigen DIY-Gigs kennengelernt. Seit kurzem geht es bei deiner Band Indecent Behavior gut steil, nachdem ihr eine große Supporttour für Saltatio Mortis gespielt habt und die Menge für euch gewinnen konntet. Ein interessantes Konzept, da die Bands ja musikalisch nicht ganz die gleiche Sparte bedienen. Wie wichtig war es dir, eine große Produktion anzugehen bzw. wieviel "Kalkül" steckte dahinter?

Henrik Bergmann: Hey Nick! Wir haben natürlich darauf hin gearbeitet, irgendwann einmal so eine Tour zu spielen. Wirklich planen kann man sowas aber auch nicht. Da spielen so viele Faktoren eine Rolle, dass auch einfach ein bisschen Glück dazu gehört. Trotzdem kann man natürlich einiges tun, um auf sich aufmerksam zu machen.

"Es gibt gute Targeting-Möglichkeiten, die dabei helfen, unsere Musik mehr Menschen zu präsentieren"

Backstage PRO: Man merkt, dass ihr auf sozialen Medien, vor allem auf Instagram, ein hohes Engagement habt. Was ist dir besonders wichtig, wenn du Posts oder Stories planst?

Henrik Bergmann: Social Media ist meiner Meinung nach in der heutigen Zeit am allerwichtigsten. Es gibt keinen Ort, an dem man seine Fans so schnell und leicht erreichen kann wir über Facebook, Instagram und Co. Man erlebt als Musiker in einer Band so viele interessante Sachen. Egal ob man im Studio eine neue Platte produziert, man auf der Bühne steht oder einfach nur Backstage oder im Tourbus abhängt – über die sozialen Medien kann man jedem einen Einblick in seinen Alltag geben. Das spiegelt sich auch in unseren Stories und Posts wieder. Zu einem großen Teil nutzen wir das Ganze natürlich zum Informieren, zum anderen aber eben auch, um einen Einblick zu geben. Beides sollte sich meiner Meinung nach in der Waage halten.

Backstage PRO: Mir ist auch aufgefallen, dass ihr wirklich gute Ads schaltet. Lohnt sich diese Form von Marketing für euch sehr?

Henrik Bergmann: Auf jeden Fall! Man muss sich immer die Frage stellen: Wieso sollte irgendjemand aus einer anderen Stadt mein Konzert besuchen? Meistens ist dann direkt klar, dass man in den meisten Städten recht unbekannt ist. Über Ads kann man das natürlich sehr leicht ändern. Bei Facebook und Instagram gibt es gute Targeting-Möglichkeiten, die uns wirklich helfen, unsere Musik mehr Menschen zu präsentieren. Wie die Musik dann letztendlich angenommen wird, kann man natürlich nicht direkt sagen. Die Ads dienen mehr als Präsentation und das funktioniert bei uns tatsächlich ganz gut!

Backstage PRO: Wirkt sich euer Social Media Marketing auch auf Ticketverkäufe aus, oder habt ihr damit eher weniger zu tun?

Henrik Bergmann: Wir merken auf jeden Fall, dass die Ticketverkäufe ansteigen, wenn wir mehr Werbung schalten. Allerdings ist es noch ein Weilchen bis zu unserer kommenden Tour. Die genauen Auswirkungen können wir leider erst dann erläutern.

Backstage PRO: Nutzt ihr Retargeting oder wie wählt ihr eure Zielgruppen für Ads aus?

Henrik Bergmann: Teilweise... Meistens versuchen wir erst mal über "Lookalike Audiences" unser Publikum zu finden und auf unsere Seite zu ziehen. Einmal gelikt können wir dann städtespezifische Werbung für unsere Shows machen.

Backstage PRO: Nutzt ihr bei der Planung viele Split-Tests?

Henrik Bergmann: Meistens ja. Split-Tests sind auf jeden Fall ein guter Weg, um Geld zu sparen. Man weiß nie vorher, wie eine Ad wirklich läuft. Hier hilft nur testen testen testen.

"Es gibt wirklich kein einheitliches Konzept – man muss einfach Ideen testen."

Backstage PRO: Hast du Tipps für andere Musiker was das Marketing auf Social Media angeht?

Henrik Bergmann: Probieren geht hier definitiv über studieren. Selbst wenn man eine gut laufende Strategie einer anderen Band kopiert, kann es durchaus sein, dass sie für die eigene Band überhaupt nicht läuft. Es gibt wirklich kein einheitliches Konzept – man muss einfach Ideen testen. Als einzigen Tipp kann ich mitgeben, einfach anzufangen und es zu probieren. Es sollte sich auch niemand abschrecken lassen, wenn eine Kampagne mal nicht gut läuft.

Backstage PRO: Ihr bewegt euch irgendwo zwischen Melodic Hardcore und Alternative Rock, das Ganze auf Englisch. Musstet ihr musikalisch auch diverse Entscheidungen treffen, um eure Bekanntheit auszubauen oder würdest du sagen, dass ihr mit dem, was ihr tut, einfach einen Nerv trefft?

Henrik Bergmann: Wir tun, worauf wir Bock haben! Wir lieben es, neue Musik zu schreiben. Wenn wir uns mit einer Gitarre ins Studio setzen, kommt genau das aus uns raus, was wir machen! Natürlich macht man sich hier und da auch ein paar Gedanken über Melodien oder Akkordfolgen, aber eigentlich machen wir genau die Musik, die wir machen wollen.

Backstage PRO: Eine Frage, die heutzutage sehr nahe liegt, ist die der Sprache. Könntet ihr euch vorstellen, auch auf Deutsch zu singen, wie viele Kollegen im Punk und Alternative? Oder ist euch die englische Sprache wichtig?

Henrik Bergmann: Wir haben tatsächlich auch schon darüber nachgedacht ins Deutsche zu wechseln, aber haben das dann wieder verworfen. Wir fühlen uns im Englischen sehr wohl und deshalb wollen wir auch dort bleiben.

"Zügiges Releasen ist eine Strategie, die eine Band weiterbringt"

Backstage PRO: Durch DIY gibt es heute mehr Möglichkeiten denn je, sich als Band zu präsentieren. Auch bei euch sieht man, dass trotz einer gewissen "Größe" das meiste einfach noch von euch selbst kommt. Wie wichtig ist euch diese Authentizität?

Henrik Bergmann: Wir wollen wissen, was abgeht. Wir wollen uns nicht allein auf pures Glück verlassen, sondern dem Glück ein wenig entgegen gehen. Außerdem lieben wir den DIY-Spirit und wollen ihn auf keinen Fall verlieren. Ich persönlich finde, dass es mir selbst auch viel mehr gibt, wenn ein Plan funktioniert, den wir selbst gemacht haben.

Backstage PRO: Euer drittes Album kam gerade raus. Das ging sehr schnell, nachdem ihr doch Ende 2018, Anfang 2019 erst den Vorgänger herausgebracht habt. Denkst du, dass das regelmäßige und "schnelle" Releasen für Rockbands heutzutage ein Muss ist?

Henrik Bergmann: Absolut! Die ganze Rap- und R&B-Szene macht es vor und ist damit unglaublich populär geworden. Gerade in Zeiten von Spotify und Co. ist zügiges Releasen definitiv eine Strategie, die eine Band weiterbringt. Allerdings sollte die Qualität nicht darunter leiden. Für uns war ganz klar, dass wir so schnell wie möglich neue Musik schreiben wollen, einfach aus dem Grund, dass wir nicht anders können! Wir haben andauernd Ideen für neue Songs. Warum also warten?

Backstage PRO: Wie teilt ihr euch die Zeit ein und wie organisiert ihr euch, um so häufig Songs zu schreiben, ins Studio zu gehen und Videos zu drehen?

Henrik Bergmann: Naja... wir investieren all unsere freie Zeit in die Band. Für uns ist die Band mittlerweile deutlich mehr als nur ein Hobby. Da leiden allerdings auch andere Dinge im Leben sehr drunter. Wir machen nichts lieber als Musik. Deshalb fällt es uns nicht sehr schwer unsere Energie und Zeit in Indecent Behavior zu stecken.

Backstage PRO: Ihr werdet auch von der Initiative Musik gefördert. Erzähle uns ein wenig darüber.

Henrik Bergmann: Genau! Die Initiative Musik ist eine super Sache. Dabei wird Künstlern geholfen, sich zu finanzieren. Sie übernehmen einen Teil der anfallenden Kosten und helfen so aktiv mit, Künstler aufzubauen und ihnen eine hoffentlich gute Zukunft zu vermitteln. Wir haben uns ganz normal beworben und hatten bei der aktuellen Förderrunde Glück!

Backstage PRO: Wie schätzt du das Musik-Marketing 2020 ein? Welche Trends werdet ihr weiter verfolgen und welche nicht?

Henrik Bergmann: Das ist sehr schwer zu sagen. Die sozialen Medien ändern sich andauernd. Für uns persönlich wollen wir in 2020 mehr den Kontakt zu Magazinen etc. suchen und diesen Weg ebenfalls ausprobieren. Das haben wir letztes Jahr etwas vernachlässigt. Social Media wird trotzdem unser Angriffspunkt Nummer 1 bleiben!

Backstage PRO: Wie wichtig findest du das Online-Marketing für frische Bands?

Henrik Bergmann: Gerade für neue Bands ist das unglaublich wichtig, um sich einen soliden Fanstamm aufzubauen und aus der eigenen Stadt heraus zu kommen. Man findet so nicht nur neue Fans, auch Veranstalter bekommen ein Bild der Band und buchen dich vielleicht etwas wahrscheinlicher. Trotzdem sollte man sich auch nicht nur darauf versteifen, sondern es einfach als einen weiteren Weg betrachten. Andere Bands kennenlernen, sich ein Netzwerk aufbauen, deutschland- oder sogar weltweit neue Leute kennen lernen... Das sind ebenso alles Dinge, die unglaublich Spaß machen und natürlich auch immens helfen.

Backstage PRO: Vielen Dank für deine Zeit, Henrik! Hast du noch ein paar letzte Worte?

Henrik Bergmann: Danke euch! Behaltet uns im Auge: Es passiert noch einiges dieses Jahr. Am 7. Februar erschien unser neues Album "Bright Days" und bald geht es auf Tour. Wir freuen uns auf jeden Fall riesig auf das Jahr und die Zukunft allgemein! Wir ruhen uns nicht aus und geben weiter Vollgas!

Artists

Indecent Behavior

Modern Punkrock aus Merzig

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