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Mentales Üben: Wie es funktioniert und was es dir bringt

Tipps für Musiker und Bands von Carina Reitz
veröffentlicht am 20.04.2018

üben probe

Mentales Üben: Wie es funktioniert und was es dir bringt

Mentales Training ist wirkungsvoll und leicht zu erlernen. © rawpixel / 123RF

"Übung macht den Meister" – diesen Satz hat sicher jeder von uns schon mindestens einmal in seinem Leben gehört. Fast unweigerlich stellt sich dann das dazugehörige Kopfkino ein: Bilder von stundenlangen Fingerübungen, verkrampften Gliedern und der Verzweiflung, wenn man zum x-ten Mal an derselben Stelle im Lied hängenbleibt. Geht's auch einfacher? Gibt es eine Möglichkeit, sein Instrumentenspiel zu verbessern, ohne sich stundenlang die Finger wundzuspielen?

Ja, die gibt es.

In letzter Zeit gewinnt das sogenannte mentale Training immer mehr an Bedeutung. Grund genug, sich das Ganze mal näher anzuschauen und zu ergründen, was es dir als Musiker bringt und wie du es am besten einsetzen kannst.

Worum geht’s genau?

Die meisten Menschen bringen mentales Training am ehesten mit Leistungssport in Verbindung. Wenn ein Athlet oder eine Fußballmannschaft "mental gut drauf" ist, erkennt man das meist an einer starken Ausstrahlung, am unbedingten Siegeswillen und einer gesteigerten Leistungsfähigkeit. Aber wie genau kriegt man das hin?

Die Basis erfolgreichen Mentaltrainings bildet die Vorstellungsarbeit, also das Visualisieren und Hineinfühlen in bestimmte Situationen und Zielvorstellungen. Dabei ist Üben in diesem Fall keine "reine Kopfsache". Vielmehr geht man im Mentaltraining von der Grundannahme aus, dass Gedanken, Gefühle und Körpersprache bzw. Verhalten eine Einheit bilden und sich gegenseitig bedingen. Je besser du diese drei Bereiche aufeinander abgestimmt hast, umso stärker bist du also auf mentaler Ebene. Und das sendest du auch nach außen, sodass deine Umwelt entsprechend darauf reagiert.

Mit mentalem Training schaffst du es also, die Geschehnisse um dich herum gezielt zu beeinflussen. Wenn du das nicht glaubst, brauchst du nur mal darauf zu achten, wie Menschen auf dich reagieren, wenn du lächelnd durch die Fußgängerzone läufst – und was passiert, wenn du das mit hängenden Schultern und einem griesgrämigen Gesicht tust. Hier kommt das sogenannte "Gesetz der Anziehung" ins Spiel: was du aussendest, bekommst du auch zurück.

Zuviel Hokus Pokus?

Ich kann dich beruhigen. Keineswegs handelt es sich bei mentalem Training um Zauberei. Wunder darfst du nicht erwarten. Was allerdings passieren kann ist, dass du durch eine veränderte Denkweise und durch den Einsatz mentaler Techniken Wege entdeckst, die du vorher nicht für möglich gehalten hättest.

Außerdem lässt du dich von Rückschlägen nicht mehr so leicht aus der Bahn werfen, sondern lernst, konstruktiv mit ihnen umzugehen. Aus dieser Perspektive gesehen hat Mentaltraining also durchaus eine magische Wirkung ?

Im Folgenden wollen wir uns aber einem durchaus praktischen Einsatz von mentalem Training widmen, nämlich dem Training von Bewegungsabläufen in Hinblick auf das Instrumentenspiel. Vorher schauen wir uns aber noch kurz die Vorteile des Einsatzes mentaler Techniken an.

Die Vorteile

Der gezielte Einsatz mentalen Übens bringt dir eine Reihe von Vorteilen:

  • Du verbesserst ganz allgemein deine musikalischen Fähigkeiten.
  • Du verbesserst deine Konzentrationsfähigkeit.
  • Du musst dich nicht lange warm spielen.
  • Du beugst Verspannungen vor.
  • Du überwindest "Angststellen" in einem Musikstück.
  • Du kannst leichter auswendig spielen.
  • Du beugst Lampenfieber vor.
  • Du bekommst insgesamt mehr Sicherheit im Instrumentenspiel.

Wie zu Beginn schön erwähnt, setzt du mentales Training am besten ergänzend zum praktischen Üben ein. Das Beste an dieser Form des Trainings ist, dass du sie immer und überall einsetzen kannst, z. B. um Wartezeiten beim Arzt zu überbrücken. Schauen wir uns das Ganze aber jetzt einmal praktisch an.

Mentales Üben in der Praxis

Nehmen wir ein konkretes Beispiel zu Hilfe: du willst eine bestimmte Passage eines Songs üben.

  1. Diese stellst du dir zunächst bildlich vor. Das machst du, indem du entweder das Notenbild vor deinem geistigen Auge erscheinen lässt oder du schaust dir selbst dabei zu, wie du die gewählte Passage mit deinem Instrument spielst – quasi als externer Beobachter.
  2. Im nächsten Schritt kommt der Ton dazu: du "hörst" in deiner Vorstellung, wie die Passage richtig klingt.
  3. Außerdem kannst du dich darin üben, den richtigen Ablauf zu fühlen: Wo liegen meine Finger auf den Tasten oder Saiten? Welcher Finger bewegt sich wann wohin? Wie lange bleibt er wo liegen? usw.

Die oben beschriebene Reihenfolge kann variieren, je nachdem, ob du eher visuell oder auditiv geprägt oder doch der "anfassende" Typ bist.

In jedem Fall kombinierst du beim mentalen Üben mehrere Sinneswahrnehmungen – und genau darauf kommt es an, denn genau diese Kombination sorgt dafür, dass sich Gelerntes besser verankert.

Nach einem mentalen Übungsdurchlauf kannst du die Liedpassage dann ein- bis zweimal praktisch durchspielen.  Den gesamten Prozess kannst du solange durchführen, wie du Lust hast und konzentriert bist. Allerdings ist es für den Lernerfolg extrem wichtig, dass du mit einer positiven Übungssequenz endest.

Diese Methode eignet sich übrigens auch sehr gut dazu, Tempowechsel und –steigerungen zu üben. Dazu empfiehlt sich der ergänzende Einsatz eines Metronoms.

Die hier beschriebene Vorgehensweise ist praxiserprobt und leicht zu erlernen. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere mentale Übungsansätze, deren Aufzählung und Beschreibung den Umfang dieses Artikels sprengen würden. Wenn du dazu weiterlesen willst, empfehle ich dir die beiden Bücher "Üben mit Köpfchen" von Linda Langeheine und "Mentales Training für Musiker" von Renate Klöppel.

Weitere Anwendungsfelder

Du kannst durch mentales Training nicht nur dein Instrumentenspiel verbessern. Auch in den folgenden Anwendungsbereichen hat es sich als sehr wirkungsvoll erwiesen:

Fazit

Mentales Training ist extrem wirkungsvoll, vielseitig einsetzbar und leicht zu erlernen. Viele mentale Techniken eignen sich dadurch wunderbar für das Selbstcoaching. Wenn dir das zu unsicher ist, kannst du auch, zumindest für den Anfang, die professionelle Unterstützung eines Mentalcoaches in Anspruch nehmen.

Hast du mentales Training selbst schon einmal ausprobiert? Welche Erfahrungen hast du damit gemacht? Wir sind gespannt auf deinen Kommentar.

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