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Die Kunst des Interviewtermins

Sechs Tipps, damit beim Pressetermin nichts schiefgeht

Tipps für Musiker und Bands von Ole Löding
veröffentlicht am 09.07.2019

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Sechs Tipps, damit beim Pressetermin nichts schiefgeht

Die Kunst des Interviewtermins. © Timo Klein

Es ist eine große Freude für jede Band, wenn eine Presseanfrage kommt. Damit beim Interview oder Bericht über eure Band am Ende alles stimmt, solltet ihr einige Tipps beherzigen.

Eine Zeitschrift oder ein Magazin sind auf euch aufmerksam geworden. Ein Interview über die neue Platte, ein Bericht über das kommende Konzert werden angefragt. Die ganze Band nimmt sich frei, denn das Interview will keiner verpassen. Im Idealfall ist so ein Pressetermin ja auch für beide Seiten eine Win-Win-Situation. Die Band bekommt Aufmerksamkeit, der Journalist Stoff für einen Artikel. Unverkrampft trifft man sich für ein Interview, alles ist locker und entspannt. Doch am Ende bleibt Frust…

Die Fragen während des Gesprächs drehen sich nur um persönliche Dinge oder sind langweilige Standardfragen. eure neue Single kommt gar nicht zur Sprache. Später im veröffentlichten Text ist der Name des Schlagzeugers falsch geschrieben, der Bassist kommt gar nicht vor, die Zitate klingen wie Robotersprache und ein Belegexemplar müsst ihr euch am Kiosk kaufen.

Promoarbeit ist Arbeit

Jede Band, die ein paar Pressegespräche geführt hat, kann von diesem Frust erzählen. Und natürlich gibt es unvorbereitete, lustlose Journalisten, denen die Redaktion den Interviewtermin kurzfristig in den übervollen Terminkalender gedrückt hat. Die allermeisten Journalisten sind aber neugierig, professionell und auf der Suche nach einer Geschichte, die euch in ein gutes Licht rückt.

Trotzdem kann einiges schiefgehen. Nicht nur dann, wenn die Band vergisst, dass Promoarbeit am Ende des Tages eben Arbeit ist. Selbstverständlichkeiten wie Pünktlichkeit, Professionalität und (bei allem Rock’n’Roll) eine ausreichende Nüchternheit werden bei weitem nicht von allen Bands beherzigt.

Hier sechs Tipps aus Journalistensicht, die selten angesprochen werden, aber dafür sorgen, dass das Interview rund läuft. Weitere Tipps, zum Beispiel zu verschiedensten Arten von Interviewern, unterschiedlichen Interviewformen und der Vorbereitung auf Standard-Fragen, findest du in einem ergänzenden Artikel.

1. Der Ort. Hip ist gut, leise ist besser.

Schon in der Vorabkommunikation stellt sich die Frage, wo das Interview stattfinden könnte. Wenn ihr nicht in ein Radio- oder Fernsehstudio eingeladen seid, werdet meist ihr nach einem Ort gefragt. Verlockend ist es, einen besonders hippen, coolen Spot auszuwählen. eure Lieblingsbar, den Proberaum, den exklusiven Backstageraum, schließlich wollt ihr euch von eurer besten Seite in eurem Umfeld präsentieren.

Für den Journalisten aber ist es nervend, wenn im Fünfminutentakt Bekannte das Interview stören, um kurz mal "Hallo" zu sagen. Oft sind Bars oder Backstageräume zu laut und spätestens dann, wenn der Journalist beim Abtippen der Interviewaufnahme eure Stimmen zwischen Hintergrundbasswummern oder Gläserklirren kaum noch heraushören kann, wird er Mühe haben, die schlechte Laune nicht in den Text einfließen zu lassen.

Häufig ist ein Fotograf dabei. Ihm hilft eine dunkle Trendbar überhaupt nicht, gute, veröffentlichbare Fotos von euch zu machen. Deshalb gilt grundsätzlich: Lieber einen ungestörten, hellen Ort auswählen als den persönlichen Lieblingsplatz.

2. Bevor es losgeht. Das Vorgeplänkel.

Insbesondere bei Interviews in Cafés, Bars oder anderen öffentlichen Orten sind es Kleinigkeiten und manchmal auch Offensichtlichkeiten, die einen großen Einfluss auf die Atmosphäre des Interviews haben. Mit kleinen Tricks, die übrigens auch von Profis häufig nicht beachtet werden, lässt sich der Vibe des Gesprächs beeinflussen.

Gerade als Newcomer könnt ihr nicht davon ausgehen, dass der Journalist weiß, wie ihr ausseht, erst recht nicht, wenn ihr euch auf den Bandfotos extra stark inszeniert habt.

Ob ihr cool in der hintersten Ecke sitzt und den Journalisten auf der Suche nach euch inmitten eines vollen Cafés versauern lasst oder ihn prokativ begrüßt, kippt die Atmosphäre schnell in eine gute Richtung.

Ideal ist es, wenn ihr die wichtigsten Dinge bereits im Vorfeld geklärt habt.

  • Wer wird an dem Interview teilnehmen?
  • Wie lang habt ihr Zeit?
  • Seid ihr ok mit Fotos im Anschluss?
  • Ist es euch recht, dass das Interview aufgenommen wird?

Das Aufnehmen zu untersagen, wenn das Interview eigentlich begonnen hat und der Journalist gerade auf die Record-Taste drücken will, führt zwangsläufig zu einer unangenehmen Situation.

Im Normalfall lernt ihr den Journalisten ja erst bei dem Interviewtermin kennen und er euch. Ein bisschen Vorgeplänkel, Beschnuppern und Small-Talk bevor es losgeht sind unausbleiblich. Die routinierten Interviewees nutzen dieses Vorspiel dafür, schon ein paar Themen zu droppen, die sie in dem Gespräch thematisieren wollen. Und sie signalisieren der Bedienung, dass sie in den nächsten Minuten nicht gestört werden wollen. Wie häufig wurde gerade der interessanteste Gesprächsfaden durch die Frage nach neuen Getränken unterbrochen.

3. Die Anwesenden. Weniger ist mehr.

Gerade am Anfang ist es für jede Band aufregend, wenn ein Pressetermin ansteht. Jedes Mitglied der Band möchte dabei sein und hat viel zu erzählen zur Geschichte der Band, dem eigenen Werdegang und den kreativen Einflüssen.

Aus Journalistensicht aber ist es fürchterlich, wenn sechs Musiker beständig quer durcheinander reden. Schließlich lassen sich (abhängig von der Länge des geplanten Textes) höchstens zwei bis drei von euch adäquat porträtieren.

Hinzu kommt: ihr kennt euch und eure Stimmen gut. Für den Journalisten ist es beim Abhören des Interviews oftmals unmöglich, herauszuhören, wer von euch gerade was gesagt hat. Die meisten Journalisten sind daher dankbar, wenn nur zwei Bandmitglieder zum Interview erscheinen (und bei etablierten Bands ist das die Regel).

Selbst, wenn der Bassist die Texte schreibt und der Schlagzeuger komponiert: Das Gesicht der Band ist der Sänger. Er sollte dabei sein. Dass in einer solchen Situation innerhalb einer Band Ego-Fragen auftauchen ist klar; Professionalität bedeutet, mit diesen erwachsen umzugehen. Eine durchaus gängige Option ist es auch, dass zwar die Band komplett anwesend ist (schon allein für die Fotos), aber lediglich zwei Bandmitglieder die Fragen beantworten. Bei Interesse wird der Journalist die anderen schon direkt ansprechen und befragen.

4. Die Antworten. Auch Journalisten sind eine Zielgruppe.

Viele Bands haben ein gutes Gespür für ihre Zielgruppe. Die Setliste wird von Festivalgig zu Showcase oder Supportgig verändert, die Instagram-Story wird anders gebaut als der Facebook-Eintrag, das Outfit wird passend zur Musik gewählt. Oft aber wird vergessen, dass auch der Journalist eine Zielgruppe ist.

Informiert euch deshalb im Vorfeld, für welches Medium er euch interviewt und welche Themen für dieses Medium interessant sein könnten. Die meisten Texte haben nur Platz für drei bis fünf Kernbotschaften. Diese solltet ihr euch schon im Vorfeld des Interviews überlegt haben. Auch wenn euch der Journalist sehr wertschätzt: Für den Text braucht er knackige Zitate und kurze Formulierungen. Platz für eine lange Reflexion über die pophistorischen Anspielungen im Gitarren-Fade-Out des Album-Closers wird er im seltensten Fall haben.

Die große Kunst des Interviews ist es, dass ihr exakt die Infos vermittelt, die euch wichtig sind, ohne dabei in Allgemeinplätze oder Floskeln zu verfallen. Dabei ist es nicht nötig, die Informationen aus dem Promo-Kit herunterzurattern. Im Idealfall rüstet ihr den Journalisten im Vorfeld mit einem guten EPK aus, das mindestens Pressetext, verwendbare Fotos inkl. Credits und Links zu eurer Musik enthält. Das wichtigste Promomaterial trotzdem auch bei dem Interviewtermin dabei zu haben hilft immer, um das Gespräch auf eure neue Single oder aktuelle Konzerte zu lenken.

Zum Umgang mit "Standardfragen" gibt es hier weitere Tipps.

5. Der Ablauf. Stark anfangen und die Themen setzen.

Auch wenn jedes Interview ein wenig anders ist, gibt es bei Bands oft den Frust, dass plötzlich die letzte Frage kommt und eigentlich noch nicht annähernd besprochen wurde, was den Musikern wirklich wichtig ist. Meist ist dann aber bereits die Zeit um oder der Journalist hat den Eindruck, eh zu viel Stoff für den verfügbaren Platz zu haben.

Als Journalist wiederum hat man manchmal das Gefühl, dass Bands ein Interview wie einen Gig verstehen und sich die Kracher als Zugaben aufbewahren, nur dass irgendwann Curfew ist. Deshalb solltet ihr nicht vergessen: ihr seid die Hauptpersonen und ihr setzt die Themen. Ein Interview ist kein Date, bei dem man sich gegenseitig erst einmal vorsichtig beschnuppert, sondern ein Arbeitstreffen. Je direkter ihr euch äußert, desto besser werdet ihr porträtiert. Je anschaulicher ihr Fakten und interessantes Storytelling verbindet, desto mehr Platz wird der Journalist in der Redaktionskonferenz für euch heraushandeln können.

Zur Bedeutung des Storytelling hier noch weitere Tipps.

5. Danach. Freigabe und Kontaktpflege.

Nach dem Interview ist vor der Veröffentlichung. Ein in Deutschland oft unangenehmes Thema ist die Frage der Textfreigabe.

Während in anderen Ländern eine Freigabe nicht üblich ist, gibt es hierzulande keine festen Regeln. Dies führt für Bands oft zu der unangenehmen Situation, gerne den Text vor der Veröffentlichung noch einmal gegenchecken zu wollen, aber manchmal bei der Frage danach verletzte Eitelkeit zu ernten.

Meine Erfahrung: Ein guter Journalist wird immer gerne für einen Gegencheck bereit sein, schon allein um verzichtbare Sachfehler (den falsch geschriebene Name des Schlagzeugers...) zu vermeiden. Einfordern lässt sich die Freigabe aber schlecht. Der diplomatischste Weg ist es, freundlich anzubieten, noch einmal auf den Text zu schauen – "Vielleicht lässt sich ja ein Zitat sogar noch pointierter umformulieren."

Positiver Nebeneffekt: ihr haltet nach dem Interview den Kontakt zu dem Journalisten aufrecht, könnt direkt nach einem Belegexemplar fragen und habt jemanden, dem ihr auch in Zukunft neue Veröffentlichungen und Konzerte pitchen könnt.

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