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Spezial: Lizenzierung unter Creative Commons

Tipps für Musiker und Bands von Christian Bethge
veröffentlicht am 16.01.2007

creative commons gema lizenzierung

Spezial: Lizenzierung unter Creative Commons

Urherberrecht, Rechteverwertung, die eigenen Songs auf Onlinepräsenzen – Fragen zu denen es oft mehr Unklarheiten als fundiertes Wissen gibt und die in Deutschland in der Regel in Bezug auf die GEMA beantwortet werden. Wenn es um die Kontrolle an der Verwertung und Verbreitung künstlerischen Schaffens geht, gibt es jedoch eine Alternative: Die Creative Commons Lizenz.

Die GEMA hat schon so manchen aus der Fassung gebracht, was vor allem an fehlender Transparenz und Aufklärung liegen mag. Nur auf Grund des Aspekts die Rechte an den eigenen Inhalten für sich zu beanspruchen und diese kontrolliert zu verbreiten, treten viele Bands der GEMA bei ohne sich vorher genau zu informieren.

Genau in dem Punkt Urheberrecht greift die GEMA nämlich nicht, sie dient eher als Inkasso Unternehmen und kontrolliert im Grunde nur die Verwertung des Materials, was in Bezug auf Verbreitung auch einen sehr hemmenden Effekt haben kann. Es gibt jedoch eine Möglichkeit, die vielleicht eher dem Musikergeist entspricht und nun schon seit einiger Zeit vor allem in der freien Netzkultur wie ein Fels in der Brandung steht: Die Creative Commons Lizenz.

Ein Überblick ist schwer

Für weniger bekannte Künstler wird es immer schwerer einen Überblick über die Verwertung ihres geistigen Eigentums zu bewahren - sei es Foto, Song oder Schriftstück. Die Rufe nach einem attraktiven Lizenzmodell werden immer lauter. Gleichzeitig ist es durch das Medium Internet jedoch möglich, seine Werke effizient und weit gestreut zu präsentieren oder sogar direkt anzubieten, sei dies auf der Homepage des Künstlers, einem Distributionsportal oder über so genannte Internetarchive wie z.B. www.archive.org, die sich auf die Archivierung von Kunst jeder Art spezialisiert haben.

Gerade Künstlern, deren Größenordnung noch nicht in Chartplatzierungen gemessen werden kann (und die vielleicht auch nicht dieses Ziel haben), stellt sich die Frage, inwieweit es Sinn macht, sich einer großen Verwertungsgesellschaft wie der GEMA anzuschließen. Nicht selten finden Veröffentlichungen nur in kleinen Auflagen statt und fällige Beiträge übersteigen teilweise den Gewinn, der sich durch ausgeschüttete Tantiemen im Laufe des Jahres summierte. Zudem ist es wesentlich schwieriger sich als Künstler zu präsentieren. Ein für viele abschreckendes Argument ist z.B. schon die Einschränkung der eigenen Onlinepräsenz. Allein das Anbieten von fünf eigenen Stücken auf der eigenen Homepage kostet jährlich 100 €, ein Betrag, der stets zum Jahresbeginn aufgebracht werden muss.

Um den neuen Verbreitungswegen und der allgemeinen Entwicklung im Netz Rechnung tragen  zu können, entwickelte Lawrence Lessing (US-amerikanischer Jura-Professor an der Stanford Law School) im Jahre 2001 diverse Open-Content Lizenzen, die sich besonderes durch ihre Transparenz und Einfachheit auszeichnen sollten. Ein Anstoß war vor allem die sich damals entwickelnde enorme Quantität an Netlabels und Portalentwicklung, durch die viele Künstler auch den Sprung zu einem "Offline-Label" geschafft haben. Durch die Eigenständigkeit des Internets und die rasante Verbreitung von Inhalten, waren folgende Entscheidungsfragen Grundlage für eine Lizenzbasis:
  • Ist die Nennung des Urhebers notwendig?

  • Darf der Inhalt kommerziell verwendet werden?

  • Darf der Inhalt verändert, manipuliert oder in einer anderen Form präsentiert werden?

Die daraus entstandenen Lizenzverträge sind extrem einfach zu gestalten und lassen sich für jedes Werk individuell optimieren. Seit dem 12. Juli 2004 gibt es nun auch ein an die Deutsche Rechtslage angepasstes Creative Commons Modell, das im Rahmen der Wizards of OS 3 Konferenz in Berlin verabschiedet wurde. Prof. Dr. Thomas Dreier, Leiter des Institutes für Informationsrecht in Karlsruhe und Dr. Till Jäger vom Institut für Rechtsfragen der Freien Open Source Software, waren maßgeblich an der Optimierung sowie Realisierung beteiligt und unterstreichen durch ihre Aktivität ebenfalls die Effizienz und Beliebtheit von Creative Commons. Heute gibt es insgesamt fast 1,6 Millionen Werke die mit dem legendären „Some Rights reserved"-Logo geschmückt sind.

Wie funktioniert's?

Im Grunde ist es ganz einfach: Man besucht die Homepage der zuständigen CC-Präsenz, in unserem Fall Creative Commons Deutschland, und wählt unter „Lizenz wählen“ die passende Lizenz aus (siehe oben). Nach dieser Auswahl ist es empfehlenswert, seine Werke in irgendeiner Form zu „taggen“. Bei MP3's bietet sich dafür hervorragend das ID3v2 Tag an, das sich schon über den allseits bekannten Winamp Player oder i-Tunes bequem über die Optionen editieren lässt und somit direkt beim Abspielen auf die verwendete Lizenz hinweist.

Weiterhin wird nach Anpassung der Lizenz auf einen HTML-Code hingewiesen, der sich in die Homepage des Künstlers integrieren lässt und somit direkt auf die Art des Lizenzvertrages verweist, sich also vor allem für Bilder oder ähnliches hervorragend verwenden lässt.

Plus und Minus?

Momentan ist eine Diskussion entfacht, ob ein Künstler, der sich aktuell auf eine CC-Lizenz bezieht, nachträglich einer Verwertungsgesellschaft (GEMA) beitreten kann. Da die GEMA nach der schriftlichen Beitrittserklärung eines Künstler für alle veröffentlichten Werke zuständig ist, wäre es ein „Verstoß“ sein Eigentum in einer anderen Form zu lizenzieren, eine schriftliche Abmahnung im Briefkasten ist daher nahe liegend.

Gerade aufgrund dieses teilweise als aggressiv empfundenen Vorgehens der GEMA, distanzieren sich immer mehr Menschen von den zu wenig zeitgemäßen Lizenzmodellen dieser Verwertungsgesellschaft und orientieren sich um. Langsam wird so auch ein Trend zum Einlenken sichtbar und es stehen noch unbeantwortete Fragen im Raum wie z.B., ob man bei Antragstellung die „digitalen Vertriebswege“ nicht doch ausklammern könne.

Im Bezug auf die GEMA findet man auf der Creative Commons Seite Deutschland derzeit folgende Information:

"Die GEMA ist gegründet worden, um die Rechte der Künstler als Verwertungsgesellschaft wahrzunehmen. Durch den Wahrnehmungsvertrag mit der GEMA überträgt der Künstler  eine Reihe ausschließlicher Nutzungsrechte an all seinen musikalischen Schöpfungen. Die Nutzung einer Creative Commons-Lizenz für GEMA Mitglieder ist somit zurzeit nicht möglich, da diese nicht mehr über die hierfür erforderlichen Rechte verfügen.

Es ist aber fraglich, ob eine solche ausschließliche Wahrnehmung seiner Rechte im digitalen Zeitalter noch im Interesse des Künstlers ist oder ob es nicht seinen Interessen vielmehr entspricht, selbst entscheiden zu können, ob er einzelne Stücke unter ein flexibleres anderes Lizenzsystem stellen möchte. Creative Commons wird daher mit der GEMA Gespräche aufnehmen, um gemeinsam Konzepte auszuarbeiten, die diesem Bedürfnis vieler Künstler nach Flexibilität und Selbstbestimmung mehr entsprechen."

Ein großer Vorteil entsteht jedoch allemal aus einer CC-Lizenz. Es ist möglich die eigenen Projekte stets auch anderen Plattformen anzupassen und somit die Vertriebsmöglichkeit anderer Portale problemfrei zu nutzen. Liegt also keine Mitgliedschaft bei einer Verwertungsgesellschaft vor, so kann über eine angepasste Lizenz der kommerziellen Verwendung zugestimmt werden.

Gutes Beispiel zur Nutzung einer CC-Lizenz ist die Verbindung mit Online Distributionsportalen. Wurde ein Werk erstmal lizenziert, wird die so genannte „GEMA-Vermutung“ unwirksam. Diese besagt, das jeder Künstler, der sich in öffentlichen Medien präsentiert, auf Anfrage nachweisen muss, dass alle präsentierten Werke nicht der Verwertung unterliegen. Wird jedoch auf CC umgelagert, handelt es sich hierbei um eine wirksame Einschränkung des GEMA-Aktionsradius.

Und was nun?

Gute Frage ... Es ist jedem selbst überlassen, wie er seine Stücke anbieten möchte und das hängt natürlich auch von der Art und Intention des Künstlers ab. Dass es sich für gewinnbringende Institutionen oder Major-Labels wie z.B. Universal/Island, als klarer Vorteil erweist der GEMA beizutreten, ist ja offensichtlich. Charts und TV geben sich die Hand, Songs laufen bis zu 25 mal am Tag im Radio, was eine Verwertung im großen Stil nahezu erforderlich macht.

Ein Aspekt ist also zu beachten:

Ein unter Creative Commons lizenziertes Stück kann grundsätzlich keinen finanziellen Bonus abwerfen, außer es wurden passenden Konditionen mit dem Präsentationsportal vereinbart und das Werk für kommerzielle Nutzung freigegeben.

Im GEMA-Brief  59 von 2006 lässt sich jedoch die folgende, höchst interessante und kontroverse Argumentation nachlesen:

"Konsequenterweise handelt es sich bisher bei Teilnehmern des Creative Commons-Systems einerseits um musikalische Laien, die mit ihrem Schaffen nicht ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, oder andererseits um etablierte Top-Stars, die es sich leisten können, ihre Werke aus unterschiedlichen Gründen, wie zum Beispiel einem vordergründigen Marketingeffekt, der Öffentlichkeit zu schenken. Prominente Vertreter der zweiten Gruppe sind David Byrne von Talking Heads und der brasilianische Musiker Gilberto Gil, derzeitiger Kulturminister von Brasilien."

Und was bedeutet das? Dass es sich bei Bands, die sich nicht bei der GEMA gemeldet haben, um Amateure handelt? Oder vielleicht, dass GEMA-Künstler konsequent in der Lage sind sich mehrmals im Jahr einen Liegestuhl auf Hawaii zu gönnen? Warum die GEMA mit Creative Commons verhandelt, obwohl Künstler aus diesem Pool allgemein als Laien betitelt werden, erscheint in diesem Kontext fraglich.

Für Künstler, die Wert auf einen gewissen Community-Aspekt legen, ist die Creative- Commons Lizenz de facto eine großartige Sache. Das verworrene Rechtssystem hat letztendlich einen einfachen, transparenten und wirksamen Vorreiter bekommen, der sich schon in manchen Situationen bewährte. Der Podcaster Adam Curry veröffentlichte letzten Jahres unter der Lizenz „Non-commercial Share Alike (by-nc-sa)“ Bilder seiner Familie, die später von einem niederländischen Magazin verwendet wurden. Curry ging vor Gericht und am 9. März 2006 sprach der Gerichtshof in Amsterdam von einer Urheberrechtsverletzung und entschied damit zu Currys Vorteil. Creative Commons hat somit seine Rechtswirksamkeit bewiesen.

Da sich Creative Commons ständig weiterentwickelt und sich dadurch auch diverse Klauseln in gewissen Abständen ändern, sollte man gelegentlich nach Updates auf deren Seite suchen und die Augen offen halten.

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