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Der Teufel steckt im Detail

Trigger Cut: Deshalb wurde der Band die Einreise nach Großbritannien verwehrt

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 18.04.2023

trigger cut liveszene

Trigger Cut: Deshalb wurde der Band die Einreise nach Großbritannien verwehrt

Trigger Cut. © Trigger Cut

Die Stuttgarter Band Trigger Cut sorgte für Schlagzeilen, nachdem sie ihre geplante Großbritannien-Tour absagen musste, da die britischen Grenzbeamten ihnen die Einreise ins UK verweigerten. Nun hat der Guardian nähere Informationen für die Entscheidung der Beamten in Erfahrung gebracht.

Eigentlich wollte die deutsche Punk-Band Trigger Cut sieben Konzerte im Vereinigten Königreich spielen. Als sie per Fähre vom französischen Calais ins UK einreisen wollten, erwartete sie jedoch eine böse Überraschung: Die Grenzbeamten verweigerten die Einreise. -

Die Frage nach der Haupttätigkeit

In einem ersten Statement erklärte Trigger Cut, dass die Behörden ihre Weigerung damit begründeten, dass der Band notwendige Dokumente zur Einreise fehlten. Wie der Guardian inzwischen unter Berufung auf den britischen Musikagenten Ian Smith angibt, scheint das Problem jedoch woanders gelegen zu haben.

So heißt es in dem Artikel des Guardians, dass Trigger Cut via der sogenannten "Permitted Paid Engagement"-Ausnahmeregelung (PPE) nach Großbritannien einreisen wollten. Diese Regelung soll es Musiker/innen (eigentlich) ermöglichen, bis zu einem Monat ohne Visum zu touren.

Bedingung ist hier jedoch, dass die Musikerinnen und Musiker, die via PPE einreisen, keine bezahlte Arbeit ohne Bezug zur Haupttätigkeit im Ausland ausüben dürfen – eine Regelung, die laut Smith jedoch im Kleingedruckten versteckt und selbst für Muttersprachler nur schwer zu verstehen ist. 

Fake News

Es scheint also, als hätten die Grenzbeamten Trigger Cut die Einreise legitimerweise verweigert, da deren Haupttätigkeiten in Deutschland keinen Bezug zu ihrer bezahlten Tätigkeit in Großbritannien – dem Engagement als Musiker – aufwies.

Ein pilkantes Detail: Wenngleich die Entscheidung der Beamten tatsächlich gerechtfertigt war, gaben sie der Band dennoch die falsche Begründung für die Verweigerung der Einreise: Die Beamten verlangten von Trigger Cut ein sogenanntes Certificate of Sponsorship, das jedoch im Falle der Einreise via PPE-Ausnahmeregelung eigentlich nicht von Nöten ist. 

Musik als Nebentätigkeit ist keine Seltenheit

Die neuen Fakten im Fall Trigger Cut ändern für Smith nichts an dessen allgemeiner Kritik an den britischen Einreisebedingungen für Musikerinnen und Musiker. So gäbe es laut Smith keine klaren und praxisnahen Regelungen seitens der Regierung, wie Artists sich für eine Tour im Vereinigten Königreich vorbereiten müssten:

"Die Regeln sind undurchsichtig und verwirrend, selbst wenn Englisch Ihre Muttersprache ist. Die Klausel, dass man nur dann gegen Bezahlung arbeiten darf, wenn dies mit der Hauptbeschäftigung im Ausland zusammenhängt, wird viele Künstler/innen benachteiligen, die andere Jobs annehmen müssen, um die Miete zu bezahlen."

Steve Richard, der u.a. als Einreiseberater für die bei Major-Labels unter Vertrag stehenden Künstlerinnen und Künstler zuständig war, nennt das Verhalten der Grenzbeamten "kontraproduktiv": Eine deutsche Band, die nur einige wenige Konzerte im UK spiele, nehme doch niemandem den Job weg – Trigger Cut die Einreise zu verweigern, hätte dem Land letztlich nichts gebracht. 

Richard verweist weiterhin darauf, dass Bands und Artists, die via PPE-Ausnahmeregelung einreisen, überhaupt nur äußerst selten nach ihrer Hauptbeschäftigung gefragt würden: Dies sei nur in gut einem von zehn Fällen der Fall. Dass die Einreise dann auch tatsächlich verweigert würde, komme noch seltener vor. 

Live-Ökonomie nach dem Brexit

Smith und Richard sind nicht die einzigen, die scharfe Kritik an der Causa Trigger Cut anmeldet: Auch Labour-Kultursekretärin Lucy Powell stellt sich entschieden gegen die Post-Brexit-Gesetzgebung der derzeitigen, konservativen britischen Regierung:

"Die britischen Musikbühnen sind in arger Bedrängnis, denn die Lebenshaltungskostenkrise der Tories trifft das Publikum und die steigenden Energierechnungen machen es schwieriger, Venues am Leben zu halten. Doch anstatt die Veranstaltungsorte zu unterstützen, um neue Talente anzuziehen, bedeutet das Chaos der Tories beim Brexit, dass Musiker/innen an der Grenze abgewiesen werden."

Die Arbeit von Musiker/innen, Künstler/innen, Techniker/innen und Schriftsteller/innen sei ein wichtiger Teil der britischen Wirtschaft, den es aufrecht zu erhalten gelte – etwa durch ein EU-weites Tourneeabkommen, das auch nach dem Brexit das Live-Ökosystem aufrecht erhalten würde. 

Spendenaufruf von Trigger Cut

Trigger Cut selbst haben inzwischen eine GoFundMe-Kampagne gestartet, um so die Kosten für die gescheiterte Tour auszugleichen – darunter u.a. Kosten für den gemieteten Van und das Benzin, für die Zollabfertigung und die Fähre. 

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