Gestrandet in Calais
Grenzbeamte verweigern deutscher Punkband Trigger Cut Einreise nach Großbritannien
Trigger Cut. © Trigger Cut
Nachdem Trigger Cut aus Stuttgart ihre letzte Tour aufgrund der Corona-Pandemie nicht antreten konnten, planten die drei Musiker nun, im April 2023 sieben Konzerte in Großbritannien – darunter in London, Bristol und Newcastle – zu spielen. Doch auch diese Tour musste die Band nun kurzfristig absagen.
Das falsche Dokument
In einem Facebook-Post schreiben Trigger Cut, dass die Konzerte bereits unter Dach und Fach, die Tour geplant und der Van geladen gewesen wäre – im französischen Calais, wo die Band die Fähre nach Dover besteigen wollte, wurde das Trio dann jedoch von den britischen Grenzbeamten abgewiesen, da der Band angeblich die notwendigen Dokumente fehlten.
Sehr zur Überraschung der Band verlangten die Beamten u.a. ein sogenanntes "Certificate of Sponsorship" (COS) von allen sieben Clubs, in denen Trigger Cut spielen sollten. Die Einreise via COS bedeutet, dass etwa ein Promoter die einreisende Band sponsoren und sich für diese während ihres Aufenthaltes im UK verbürgen muss.
Der langjährige Musikagent Ian Smith gibt gegenüber dem Guardian an, dass dieses Dokument ein relativ sicherer Weg zur Einreise wäre, der jedoch mit enormem administrativen Aufwand verbunden sei.
Eigenes Ermessen
Trigger Cut hatten geplant, für ihre Tour via "Permitted Paid Engagement" (PPE)-Ausnahmeregelung einzureisen. Diese ermöglicht es Musiker/innen, bis zu einem Monat in Großbritannien zu touren, wenn sie von einer einheimischen Organisation eingeladen werden.
Dazu müssen die Künstler/innen eine schriftliche Einladung vorweisen und nachweisen können, dass sie sich selbst während des Aufenthalts versorgen sowie ihre Rückreise bezahlen können – wozu Trigger Cut in der Lage gewesen wären.
Wieso die Band dennoch an der Einreise gehindert wurde, ist aktuell nicht klar. Smith gibt jedoch gegenüber dem Guardian weiter an, dass die Leitlinien der Regierung spätestens seit dem Brexit unklar seinen, weshalb viele Künstlerinnen und Künstler an der Grenze stecken blieben. Auch könnten die Grenzbeamten nach eigenem Ermessen jeden ohne Recht auf Widerspruch an der Grenze abweisen.
"Gedemütigt" und "kleingemacht"
Trigger Cut schreiben in ihrem Facebook-Post, dass das Vorgehen an der Grenze unfair gewesen sei und sie sich wie Kriminelle gefühlt hätten. Gitarrist Ralph Schaarschmidt gibt weiter an, er habe sich noch nie so "kleingemacht, traurig und schlecht wie heute" gefühlt. Über die finanziellen Konsequenzen für die Band schreibt er:
"Monatelange Planung, 1750 km Fahrt nach Calais und zurück nach Stuttgart, Miete für den Van, hohe Kosten für die Zollabfertigung, Fährenticket – alles für nichts", heißt es weiter. Alle Bandmitglieder befänden sich jetzt in einem "tiefen schwarzen emotionalen Loch".
Der Facebook-Post von Trigger Cut hat inzwischen eine gewisse virale Verbreitung erhalten; in den Kommentaren drücken viele Britinnen und Briten ihre Wut über die Zustände Post-Brexit aus – so heißt es, dass der Brexit es nicht nur britischen Bands unmöglich mache, im Ausland zu spielen, auch Touren ausländischer Bands in Großbritannien würden immer schwieriger.
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