Branchentreff an der Popakademie Baden-Württemberg
Future Music Camp 2015: Optimistischer Blick in die Zukunft des Musikbusiness
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Alexander Neipp (Universal Music Deutschland), Daniel Grunenberg (Glasperlenspiel) und Steffen Geldner beim Future Music Camp (v.l.n.r.). © Popakademie Baden-Württemberg
Es ist 10 Uhr morgens im Jungbusch. Wir schreiben Donnerstag, den 23. April 2015. Vor der Popakademie wird es voll. Junge Menschen mit Jutebeuteln, hippen Klamotten, bunten Turnschuhen und viel zu großen Sonnenbrillen stehen wartend in einer Schlange, während die ersten Sonnenstrahlen des Tages über den Neckar-Kanal lachen.
Es wirkt wie die Schlange vor einem der After-Hour Clubs in Berlin Mitte, doch wir warten darauf, dass wir für das Future Music Camp 2015 einchecken können. Die Stimmung bei Kaffee und Kuchen vom kostenlosen Frühstücksbüffet ist super ("Und was machst du so?").
Gut besuchte Vorträge, Gespräche und Diskussionen
Schon zum sechsten mal organisiert die Popakademie Baden-Württemberg das Future Music Camp, welches wohl am besten als eine Art Mischung aus Musikbusiness-Meeting, Lehrveranstaltung und Kreativrunde für die Musikbranche verstanden werden kann. Steffen Geldner, seines Zeichens Project Manager des SMIX.LAB, dem "Kompetenzzentrum für Digitales Musikbusiness der Popakademie", arbeitete mit seinem Team acht Monate daran, das Future Music Camp nach einer einjährigen Pause dieses Jahr wieder an den Start zu bringen.
Das Future Music Camp definiert sich als Barcamp. Es lebt also davon, dass auch die Teilnehmer Vorträge, Brainstormings und Diskussionsrunden einreichen und vor Ort durchführen können. Mitmachen ist angesagt.
Um 10:30 Uhr geht es los. Der große Veranstaltungsraum mit Bühne der Popakademie ist sichtlich gut gefüllt. Viele Teilnehmer bekommen keinen Sitzplatz mehr. Knapp 500 Besucher werden in den nächsten zwei Tagen das Future Music Camp besuchen und den verschiedenen Vorträgen rund um die moderne Musikindustrie lauschen.
Die Zukunft des Musikmarkts
Sven Kräuter
Gestartet wird das Future Music Camp durch ein Interview von Daniel Grunnenberg, besser bekannt als der männliche Teil der Band Glasperlenspiel, und seinem Product Manager Alexander Neipp von Universal Music. Der Musiker und sein Labelpartner berichteten vom digitalen Umgang mit den Fans. Wir lernen: Posts und Selfies, die gar nichts mit der Musik zu tun haben, kommen bei den Fans angeblich immer am besten an!
Es folgen mehrere Vorträge ganz unterschiedlicher Akteure aus den Bereichen der Musikindustrie und den neuen Medien. Wir lernen, dass das physische CD-Geschäft weiter schrumpft, der klassische Downloadmarkt stagniert und Streaming endlich mal wieder für richtig steigende Umsätze sorgt.
Alles ist super digital, modern und hipp. Zwischen all den Vorträgen vornehmlich junger männlicher Dozenten in lässiger Business-Garderobe lernen wir dann von Sven Kräuter, seines Zeichens ein Archetyp des eben beschriebenen Klientels, ein durchaus zeitgeistiges Gesellschaftsspiel, das "Handy Stacking Game": Wer beim gemeinsamen Restaurantbesuch zu seinem in der Tischmitte geparkten Handy greift, muss die Rechnung übernehmen. Prost!
Neben diesem Tipp zum Umgang mit den Erste-Welt-Problemen zur Resozialisation der hauptsächlich anwesenden musikbegeisterten jung-kreativen Elite, erwarteten uns in den Vorträgen viele Informationen zum Status Quo der Musikindustrie und neuen Wegen in dieser auch etwas Geld zu verdienen.
Positiver Blick auf das Internet
Patrick Völcker
Patrick Völcker vom Internet-Giganten Google berichtet über neue Möglichkeiten zur Musik-Vermarktung auf Youtube. Jonas Weber und Andres Lauer von Universal Music zeichnen ein durchaus optimistisches Bild der Innovationen und sehen die Musikindustrie als Vorreiter im digitalen Markt, auf welchem andere Industrien noch gar nicht richtig angekommen seien.
Der noch vor wenigen Jahren in der Musikbranche vorherrschende Pessimismus rund um das Internet scheint verschwunden zu sein – man blickt gespannt auf aktuelle Geschäftsmodelle, die jetzt am Markt getestet werden müssen: "Das zeigt einmal mehr, dass die digitale Musikwirtschaft nach wie vor ein Try and Error Feld ist, wo mit wissenschaftlichen Herangehensweisen nicht viel zu holen ist", kommentiert Prof. Hubert Wandjo.
Das Wort Streaming fällt in fast jedem Vortrag. Musik-Streaming ist eins dieser neuen Geschäftsmodelle, welche gerade erst im Markt ankommen ist. Noch sind die Einnahmen daraus gering, doch Streaming wächst und könnte sich zu einem wirklichen Hoffnungsträger der Musikindustrie entwickeln.
Prof. Hubert Wandjo
Auch hier führt Hubert Wandjo weiter aus, dass für die Durchdringung des Massenmarktes neue Preismodelle benötigt werden. Preise von monatlich unter 5 Euro, anstatt den heute üblichen rund 10 Euro, müssten realisiert werden, um Streaming wirklich erfolgreich zu machen.
Die Deutsche Musikindustrie schielt nach Schweden. Oder in die USA. Dort sei alles schon ein paar Jahre weiter, lernen wir. Überhaupt scheint Deutschland ein ziemliches Schlusslicht zu sein, was Neuigkeiten am Musikmarkt angeht, so der Tenor, der sich durch viele Vorträge zieht.
Spürbar wurde dies auch durch den Slang der Akteure auf der Vortragsbühne. So mancher "Speaker" bediente sich gerne sprachlich am Angelsächsischen. So wurden Fans "enabelt" und man "connected" sich. Zwischen all dem Denglisch wirkte der in fliesendem Englisch präsentierte Beitrag von Engländer Jonathan Davies, Mitarbeiter beim Musikerkennungsdienst Shazam, dann wie ein wahrer Ohrenschmaus.
Das größte Kapital des Camps: Die Teilnehmer
Jonathan Davies
Doch zum Glück wird auf dem Future Music Camp nicht nur neidisch auf die ausländischen Märkte geschaut, sondern bleibt zwischen den "Sessions" auch Platz für kreative Diskussionen und offenen Meinungsaustausch. Während die Vorträge den Charakter von frontal geführten Vorlesungen mit anschließender Fragerunde hatten, ist in den "Sessions" vor allem Mitmachen angesagt.
Von den Teilnehmern wurden Themen rund um die Wiederauferstehung des Vinyls, über den Energydrink-Produzenten Red Bull als Teilnehmer in der Musikbranche, die Vorstellung von neuen Projekten und Start-Ups der Musikbranche, die Analyse von neuen und alten Geschäftsmodellen und vieles mehr angeboten. Diese offene und kreative Möglichkeit, sich mit anderen Teilnehmern auszutauschen, sorgte für spannende Gespräche und neue Anregungen – Dinge, die der Musikindustrie nur gut tun können.
Die Teilnehmer des Future Music Camps setzen sich bunt aus allen Bereichen der Musik- und Kreativindustrie zusammen. Ein Großteil der Teilnehmer entstammt der Popakademie, aber auch viele Studenten und Branchenakteure aus der Region und darüber hinaus besuchten das Future Music Camp.
Man schätzt die gute und vollkommen kostenlose Ausbildung, die in diesen zwei Tagen in Mannheim geboten wird. Laut Hubert Wandjo entwickelt sich das Future Music Camp immer mehr zu einer Vernetzungsplattform und einem "Place To Be" für die Musikwirtschaft. So waren dieses Jahr unter anderen Vertreter von Sony Music, Universal Music, Warner Music und SPV als Teilnehmer anwesend.
Viele Musiker und Mitarbeiter von verschiedensten Firmen und Einrichtungen der Musik- und Kulturszene besuchten die Veranstaltung. Gerade die Möglichkeit sich zu vernetzen, eigene Projekte vorzustellen und Leute aus der Branche zu treffen macht das Future Music Camp zu mehr als nur einer reinen Weiterbildungsmöglichkeit.
Leider musste dieses Jahr aus Zeitmangel auf eine große Vorstellungsrunde mit allen Teilnehmern weitgehend verzichtet werden, hat genau diese doch auf den vorhergehenden Future Music Camps immer geholfen zu erfahren wer eigentlich alles so da ist und mit wem man später vielleicht noch einmal in Ruhe reden möchte. Bei knapp 500 Teilnehmern ist dies zwar schwer zu realisieren, dennoch würde es gerade im Sinne des Netzwerk-Gedankens gut tun, etwas ähnliches wieder einzuführen.
Euer Feedback
Nach zwei intensiven, interessanten und inspirierenden Tagen verabschiedeten wir uns aus den Räumlichkeiten der Popakademie. Warst du ebenfalls vor Ort – Was waren deine Eindrücke, welches die wichtigsten Erkenntnisse? Wirst du am Future Music Camp 2016 wieder teilnehmen?
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Locations
Popakademie Baden-Württemberg
Hafenstraße 33, 68159 Mannheim
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