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Die Lage der Musikindustrie

Global Music Report 2024 zeigt weltweites Wachstum der Musikindustrie

Spezial/Schwerpunkt von Backstage PRO
veröffentlicht am 02.04.2024

ifpi global music report

Global Music Report 2024 zeigt weltweites Wachstum der Musikindustrie

© Anastasiya Gepp via pexels.com

Die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) hat ihren Global Music Report für 2023 veröffentlicht. Laut dem Bericht sind die weltweiten Einnahmen der Musikindustrie um 10,2 Prozent gestiegen. Damit verzeichnet die Musikindustrie im neunten Jahr in Folge ein Einnahmenwachstum.

Im Jahr 2023 erreichten die Einnahmen aus dem Verkauf und der Nutzung von Musikaufnahmen laut IFPI-Bericht [Link zum PDF] ungefähr 28,6 Milliarden US-Dollar.

Die steigenden Einnahmen lassen sich vor allem auf die Streamingdienste zurückführen, die insgesamt 67,3 Prozent der Einnahmen erzielen. Insgesamt zeigt der Report eine immer stärker globalisierte und diverse Musikwirtschaft, in der ursprünglich lokale Musik globale Erfolge erzielen kann.

Fast durchgehendes Wachstum

Im Jahr 2023 stiegen die gesamten Streaming-Einnahmen um 10,4 Prozent von 17,5 auf 19,3 Milliarden US-Dollar, während der Anteil physischer Tonträger sogar ein Wachstum von 13,4 Prozent von 4,5 auf 5,1 Milliarden US-Dollar verzeichnete. Es ist bereits das dritte Jahr, in dem digitale und physische Einnahmen gleichzeitig wachsen.

Auch die Einnahmen aus Aufführungsrechten und Synch stiegen prozentual jeweils um 9,5 und 4,7 Prozent auf 2,7 bzw. 0,9 Milliarden US-Dollar. Der Umsatz durch Downloads und andere (nicht streamingfähige) digitale Formate sank hingegen um 2,6% – ein Trend, der seit zehn Jahren anhält.

Insgesamt macht Streaming 67,3 Prozent der Einnahmen der Musikindustrie aus. 17,8 Prozent der Einnahmen stammen aus dem Verkauf physischer Medien, 9,5 Prozent aus Aufführungsrechten, 2,2 Prozent durch Synchronisation und die restlichen 3,2 % aus Einnahmen durch permanente Downloads und anderen digitalen Quellen.

Warum wachsen die Einnahmen durch Tonträger?

Die Zahlen hinsichtlich des Umsatzwachstums mit physischen Tonträgern wirken ohne weitere Erklärung überraschend, da sie dem täglichen Erleben (zumindest in der "westlichen Welt") zu widersprechen scheinen. 

Laut den Daten der IFPI besitzen physische Tonträger weltweit einen fast genauso großen Anteil am Musikmarkt wie in Deutschland, obwohl sich die Zahlen aufgrund der leicht anderen Art und Weise der Erhebung nicht direkt vergleichen lassen. 

Der Bericht erklärt das (S. 12) einerseits mit dem starken Wachstum des CD- und Vinylmarktes vor allem in Asien, der durch starke Verkäufe von K-Pop-Tonträgern angetrieben werde. Insgesamt werden in Asien fast die Hälfte der weltweiten Umsätze mit physischen Tonträgern erzielt. 

Während der Anteil physischer Tonträger in Europa und Nordamerika rückläufig ist oder stagniert, boomt der Absatz in Asien und sorgt damit für weltweites Wachstum. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass physische Formate in den letzten 20 Jahren weltweit gesehen massiv an Bedeutung verloren haben. Noch 1999 erzielten sie 22,2 Milliarden US-Dollar Umsatz.

Weiterentwicklung des Streaming-Angebots

Während die Einnahmen aus dem Abonnenten-Streaming um 11,2 Prozent stiegen, sanken die Einnahmen aus dem werbefinanzierten Streaming von 11,5 Prozent in 2022 auf 10,4 Prozent in 2023, weshalb sich das Wachstum der Streaming-Umsätze insgesamt leicht von 11,4 auf 10,4 Prozent verlangsamte.

Mit 48,6 Prozent machen die Einnahmen aus dem Abonnenten-Streaming fast die Hälfte der Einnahmen des weltweiten Musikmarktes aus. Laut der IFPI gab es 2023 ungefähr 667 Mio. Abonnenten, die für eine Streamingplattform zahlten.

"Beim Musik-Streaming liegt der Schwerpunkt weiterhin auf innovativen Ansätzen aller Art, um immer mehr Verbraucher zu Premium-Abonnements zu bewegen, während das Engagement der Fans bei werbefinanzierten Kurz-Clip-Plattformen [also z. B. TikTok, YoutubeShorts, die Red.] weiter zunimmt.", so die IFPI

Dennis Kooker von Sony Music Entertainment äußerte sich ebenfalls zu der Thematik. Er ist der Meinung, dass Innovation beim Streaming-Angebot notwendig sei, um Fans dauerhaft zu begeistern.

Anders gesagt ist und bleibt es das Ziel der Streaming-Plattformen sowie der Musikindustrie möglichst viele Menschen für ein Abo einer Streaming-Plattform zu gewinnen, da dieses wesentlich höhere Einnahmen verspricht als eine werbefinanzierte Nutzung.

Weltweites Umsatzwachstum

Im Jahr 2023 verzeichnete jede Region der Welt ein Umsatzwachstum. Das größte internationale Wachstum verzeichnete Afrika südlich der Sahara, wo die Einnahmen durch Streaming-Dienste um 24,7 Prozent stiegen.

Auch in Lateinamerika wuchsen die Einnahmen stark um 19,4 Prozent. Lateinamerika beeinflusst vor allem mit seiner "blühenden Musikkultur" die Musikindustrie und sticht durch den weltweiten Erfolg lateinamerikanischer Künstlerinnen und Künstler wie z. B. Bad Bunny oder Karol G hervor. 

Auch der Nahe Osten und Nordafrika sowie Asien, Australien verzeichneten ein Wachstum der Einnahmen von über 10 Prozent. Im Nahen Osten und Nordafrika stieg der Umsatz der Musikindustrie um 14,4 Prozent, in Asien um 14,9 Prozent und in Australien um 10,8 Prozent. Europa und Nordamerika erlebten jeweils ein Wachstum von 8,9 und 7,4 Prozent.

Die USA bleiben der wichtigste Markt

Den größten Anteil am weltweiten Musikmarkt besitzt Nordamerika mit 40,9 Prozent der Einnahmen aus aufgezeichneter Musik. Europa liegt an zweiter Stelle mit 28,1 Prozent.

An der Spitze der wichtigsten Musikmärkte nach Ländern stehen wenig überraschend die USA, gefolgt von Japan, Großbritannien, Deutschland und China. Frankreich liegt als einziges weiteres europäisches Land hinter Deutschland auf Platz 6.

Wie K-Pop den Musikmarkt beeinflusst

Als drittgrößter Musikmarkt der Welt nach Regionen zeichnet sich Asien vor allem durch seine eigene Pop-Star-Kultur und das stark wachsende K-Pop-Genre aus. Der Markt in der Region wächst sowohl im Bereich der digitalen als auch der physischen Musik stark.

Shridhar Subramaniam von Sony Music Entertainment ist der Meinung, dass der Einfluss von K-Pop und die leidenschaftlichen K-Pop-Fans maßgeblich physische Verkäufen antreiben, was sich auch im starken Wachstum der Verkäufe von CDs und Vinyl in Asien zeigt. In den IFPI Global Artist Charts Top 20 finden sich sechs K-Pop Stars, darunter Seventeen und Stray Kids.

Auch die Märkte in China und Indien brachten 2023 mehr Einnahmen als erwartet. Während Indien ein Einnahmewachstum von 15,3 Prozent verzeichnete, stiegen die Einnahmen in China sogar um 25,9 Prozent. 

Gefahren für die Musikindustrie

Der Bericht greift ebenfalls das Thema der KI-generierten Musik auf. KI kann einerseits zu kreativen Möglichkeiten innerhalb der Industrie führen, jedoch trainieren viele Entwickler*innen KI-Modelle mit großen Mengen urheberrechtlich geschützter Inhalte ohne die Genehmigung der Rechteinhaber*innen einzuholen oder diese zu bezahlen.

Die Europäische Union hat mit dem AI-Act die weltweit erste Rechtsvorschrift beschlossen, die die Entwicklung und Nutzung von KI regeln soll. Unter anderem werden KI-Entwickler*innen dazu verpflichtet, das (oft urheberrechtlich geschützte) Material, das sie zum Trainieren von Modellen nutzen, transparent darzustellen und Maßnahmen zur Urheberrechtswahrung zu ergreifen.

Ebenfalls eine Gefahr für die Musikindustrie stellt Streaming-Betrug dar, der auf Streamingplattformen künstliche "Plays" erzeugt, die nicht dem echten Hören entsprechen. Die IFPI fordert Musikdienste und Vertreiber*innen dazu auf, gemeinsam gegen den Streaming-Betrug vorzugehen.

Zusammenarbeit von Artists und Labels

Der Bericht kommt immer wieder auf die Zusammenarbeit von Artists und Labels zurück. Laut der IFPI ist der Erfolg der Musikindustrie auf die Zusammenarbeit von Plattenfirmen und Musiker*innen und aus dem Investment in die Vermarktung der Musik zurückzuführen.

Der Bericht verzeichnete 7,1 Milliarden US-Dollar als jährliche Investition in Artists und Marketing. Wie belastbar diese Zahlen sind, ist aber kaum zu sagen. Zuletzt sorgte der BVMI mit einem Bericht über gestiegene Investitionen in Künstler für eine Kontroverse.

Die globalen Charts

Die Global Artist Chart 2023 der IFPI führt Sängerin Taylor Swift an, gefolgt von den K-Pop Artists Seventeen und Straykids sowie den Rappern Drake und The Weekend. 

Den ersten Platz der Global Single Chart belegt (wenig überraschend) "Flowers" von Miley Cyrus mit insgesamt 2,78 Milliarden Abonnement-Streams. Auf dem zweiten Platz rangiert "Calm Down" von dem Afrobeats-Interpreten Rema und Selena Gomez. Danach folgen "Kill Bill" von SZA, "Die For You" von The Weeknd und Ariana Grande und "As It Was" von Harry Styles an fünfter Stelle.

Unter den Top 5 der Global Album Chart 2023 belegen die K-Pop Artists Seventeen und Straykids mit den Alben "FML" und "5-Star" die ersten beiden Plätze. Den dritten Platz nimmt US-Country-Sänger Morgan Wallen mit seinem Album "One Thing At A Time" ein. Auf den Plätzen 4 und 5 findet sich wieder Taylor Swift mit "Midnights" und "1989 (Taylor's Version)".

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