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Vom Handschlag zur Bandübernahme

Musikvertragsrecht: Die wichtigsten Verträge für Musiker und Bands

Tipps für Musiker und Bands von Marcus Remmele
veröffentlicht am 29.09.2013

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Musikvertragsrecht: Die wichtigsten Verträge für Musiker und Bands

© lucalorenzelli / 123RF

Marcus Remmele ist Rechtsanwalt in Stuttgart. Für euch erläutert er in zwei Teilen die wichtigsten Vertragstypen im Musikbereich – vom Handschlag über den Künstlerexklusivvertrag bis zum Musikverlagsvertrag.

Unser Autor Marcus Remmele beschäftigt sich in seiner Kanzlei mit wirtschaftsrechtlichen und medienrechtlichen Fragen, insbesondere zum Markenrecht, Designrecht und Urheberrecht. Er hat einen Lehrauftrag für Medienrecht und hält regelmäßig Vorträge zu diesen Themen.

Mit dem Musikgeschäft kommt er oft in Berührung. Hier werden die Beteiligten mit einer Vielzahl von rechtlichen Problemen und Fragen konfrontiert. Dementsprechend gibt es dazu auch viele Vereinbarungen und Vertragstypen.

Dieser Beitrag stellt einige wichtige Verträge vor. Dabei können nicht alle Fragen angesprochen und gelöst werden. Vielmehr sollen wichtige Punkte gezeigt werden, um damit einen Überblick zu erleichtern.

I. Allgemeine Fragen zur Vertragsgestaltung

Verträge werden zum Teil „freundschaftlich“ per Handschlag geschlossen. Vertragsurkunden können aber auch den Umfang einer „Kurzgeschichte“ einnehmen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Regelungen können geringfügig, die rechtliche Wirkung dagegen sehr groß sein.

Nicht nur im Musikgeschäft, in jedem Lebensbereich sind Ziel und Zweck von Verträgen die klare Festlegung der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, damit Konflikte in der Zukunft möglichst vermieden werden.

Austauschverträge und Gesellschaftsverträge

Es gibt zum einen sogenannte Austauschverträge, bei denen sich eine Leistung und eine Gegenleistung der Vertragsparteien gegenüberstehen. Das ist die Mehrzahl der Verträge im Musikbereich.

Zum andern gibt es sogenannte Gesellschaftsverträge. Das sind Vereinbarungen über die Rechte und Pflichten der Mitglieder einer Gesellschaft oder anderen Personengruppe. Eine solche Vereinbarung kann sich zum Beispiel auch für eine Band lohnen, um damit interne Fragen zu klären und die Rechte und Pflichten der Mitglieder schriftlich festzulegen.

Vorvertrag, Letter of Intent, Heads of Agreement

Damit ein Vertrag wirksam geschlossen wird mit der Folge, dass die Pflichten der Gegenseite im Ernstfall vor Gericht eingeklagt werden können, muss eine entsprechende Vereinbarung getroffen werden.

Die Beteiligten müssen dabei bereit sein, vereinbarte Pflichten rechtlich bindend zu übernehmen. Das ist noch nicht der Fall, wenn die Parteien lediglich Pläne und anvisierte Ziele für die Zukunft festhalten.

  • Bei einem Vorvertrag beispielsweise sind die wesentlichen Vertragsbestandteile schon bindend vereinbart. Die Einzelheiten sollen erst später geklärt werden.
  • Ein Letter of Intent enthält dagegen nur eine Absichtserklärung, Pflichten später übernehmen zu wollen ohne rechtliche Wirkung.
  • Bei den sogenannten Heads of Agreement kann je nach Sachlage auch ein rechtlich bindender Vertrag vorliegen.

Unabhängig von der Bezeichnung ist immer entscheidend, was die Parteien tatsächlich wollten. Im Streitfall ermittelt dies das zuständige Gericht durch Auslegung.

Grundsatz der Vertragsfreiheit

Um Unklarheiten und Streitigkeiten darüber zu vermeiden, sollten daher die einzelnen Punkte klar und unmissverständlich schriftlich festgehalten werden. Dazu sollten vorab die eigenen Ziele definiert werden.

Im deutschen Recht gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Dies bedeutet, dass Inhalte grundsätzlich frei verhandelbar sind. Die Grenze liegt bei zwingenden gesetzlichen Regelungen.

Verträge dürfen zum Beispiel nicht sittenwidrig sein, oder Urheber dürfen nicht unangemessen benachteiligt werden, weil in diesen Fällen keine angemessene Verteilung der Rechte, Pflichten und Risiken zwischen den Parteien mehr besteht.

II. Einzelne Vertragstypen aus dem Musikrecht

Künstlerexklusivvertrag

Beim Künstlerexklusivvertrag verpflichtet sich der Solokünstler bzw. eine Band zur Herstellung von Tonaufnahmen. Hiervon werden Tonträger hergestellt und in den Handel gebracht.

Um eine umfassende Verwertung zu ermöglichen, werden dem Tonträgerhersteller/“Plattenfirma“ in einem umfangreichen Rechtekatalog Nutzungsrechte eingeräumt, also zum Beispiel auch zur Herstellung von Videocliops, zur Nutzung in Filmen usw.. Die Rechte werden der Firma typischerweise ausschließlich, also „exklusiv“ und oftmals zeitlich und räumlich unbegrenzt eingeräumt.

Als Gegenleistung erhält der Künstler eine Vergütung in Form einer Umsatzbeteiligung. Die Höhe der Umsatzbeteiligung wird durch verschiedene Faktoren bestimmt. Entscheidend ist, welche Berechnungsgrundlage verwendet wird und welche Kosten in Abzug gestellt werden.

Als Berechnungsgrundlage können verschiedene Preise verwendet werden, zum Beispiel der sogenannten Nettodetailverkaufspreis, der Großhandelspreis oder der Händlerabgabepreis. Da sich der Händlerabgabepreis vergleichsweise gut berechnen läßt, wird dieser in der Regel auch verwendet.

Als anrechenbare Kosten werden zum Beispiel Vertriebskosten, Kosten für die Technik, Herstellungskosten – Hüllengestaltung usw. – in Abzug gebracht. Eine nähere Beurteilung des tatsächlichen Erlöses läßt sich damit erst nach einer genauen Berechnung machen.

Generell läßt sich sagen, dass die einzelnen Regelungen nicht isoliert, sondern als wirtschaftliches „Gesamtpaket“ betrachtet werden sollten. Maßstab hierfür ist, wer welche Rechte und Pflichten hat und wie die Chancen und Risiken auf die Parteien verteilt sind. Wenn dies in einem angemessenen Verhältnis zueinander steht, keine einseitige Benachteilung einer Vertragspartei erkennbar ist, dann kann auch von einem „guten“ Vertrag gesprochen werden.

Bandübernahmevertrag

Beim Bandübernahmevertrag stellt ein wirtschaftlicher Produzent zunächst auf eigene Kosten und eigenes Risiko Tonaufnahmen her. Dies können ein Tonträgerunternehmen, ein Producer oder der Musiker/Band selbst sein.

Damit eine Tonträgerfirma berechtigt ist, hiervon Tonträger herzustellen und zu vertreiben, werden mit dem Bandübernahmevertrag die dafür erforderlichen Nutzungsrechte eingeräumt. Dies geschieht wie im Künstlerexklusivvertrag regelmäßig exklusiv in einem entsprechenden Rechtekatalog. 

Da der wirtschaftliche Produzent die Kosten und das Risiko für die Herstellung der Masteraufnahmen selbst trägt, ist die Umsatzbeteiligung auch entsprechend höher. Dabei wird auch regelmäßig ein Vorschuss bezahlt, der nicht rückzahlbar, aber mit den später erzielten Umsätzen verechenbar ist. Ebenso besteht gegenüber der Firma oft ein größerer Verhandlungsspielraum bzgl. dem Umfang der Rechteeinräumung. Diese können zum Beispiel zeitlich oder räumlich beschränkt werden.

Der Bandübernahmevertrag bietet dem Künstler größere Freiheiten als der Künstlerexklusivvertrag. Das wirtschaftliche Risiko ist demgegenüber auch größer.

Musikverlagsvertrag

Bandübernahmevertrag und Künstlerexklusivvertrag regeln die Verwertung der eingespielten Aufnahmen der ausübenden Künstler, die sogenannten Leistungsschutzrechte.

Der Musikverlagsvertrag regelt die Verwertung des musikalischen Werkes, also die Komposition des Urhebers. Gegenstand des klassischen Musikverlagsvertrags ist dabei das sogenannten Verlagsrecht.

Das ist das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung in graphischer Form, also den Druck und Vertrieb von Noten. Dieses wird oftmals zeitlich und räumlich unbeschränkt eingeräumt. Es kann sich auf einzelne Titel beschränken oder exklusiv als sogenannten Exklusivautorenverträge eingeräumt werden.

Neben diesen Hauptrechten werden regelmäßig auch Nebenrechte eingeräumt, soweit diese nicht von der GEMA wahrgenommen werden (siehe dazu auch § 1 GEMA-Berechtigungsvertrag), wie zum Beispiel das Recht zur Benutzung zur Herstellung eines Films. Entsprechend dem Grundgedanken des Verlagsrechts erwirbt der Musikverlag nicht nur diese Rechte, sondern es besteht auch die Verpflichtung, das Verlagsrecht auszuüben, um die wirtschaftliche Verwertung zu fördern.

Bei der Höhe der Vergütung wird zwischen den Haupt- und Nebenrechten unterschieden und richtet sich auch danach, ob es ein Titelvertrag oder ein Exklusivautorenvertrag ist. In jedem Falle müssen Leistung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis stehen, da der Urheber grundsätzlich einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung hat (§§ 32 ff UrhG).

Weitere Verträge

Je nach Vertragsgegenstand und Beteiligung der Personen gibt es noch zahlreiche weitere Verträge.

  • Der Producervertrag regelt die Vertragsmodalitäten zwischen einem künstlerischen Produzenten und dem Tonträgerhersteller.
  • Der Labelvertrag regelt ähnlich wie der Bandübernahmevertrag die Vertragsmodalitäten zur Rechteeinräumung an die Vertriebsfirma durch ein Label bzgl. Tonaufnahmen verschiedener Künstler.
  • Für Auftritte werden Konzert- und Gastspielverträge vereinbart.

Bei Engagement eines Managers sollte auch eine entsprechende schriftliche Vereinbarung über die wesentlichen Rechte und Pflichten getroffen werden.

Fazit

Es gibt eine Vielzahl von Verträgen, die je nach Sachlage und Beteiligung von Personen sehr komplex und auch miteinander kombiniert sein können. Entsprechend schwer durchschaubar können die Vereinbarungen sein.

Um dabei einen Überblick zu behalten, sollte man sich bei Vertragsschluß immer vor Augen führen, was geregelt werden soll und welche Rechte und Pflichten die Parteien haben. Dabei sollten die Chancen und Risiken auf die Parteien angemessen verteilt sein.

Auf diese Weise können spätere Enttäuschungen und zeit- und kostenintensive Auseinandersetzungen vermieden werden.

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Euer Feedback, eure Fragen

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Unternehmen

Marcus Remmele Rechtsanwalt

Marken-, Design- und Urheberrecht

Rechtsanwalt in 70174 Stuttgart

Personen

Marcus Remmele

Rechtsanwalt aus Stuttgart Autor bei Backstage PRO und Kanzleichef bei Marcus Remmele Rechtsanwalt

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