Kultur als Wirtschaftsmotor?
Neue Studie verdeutlicht den dramatischen Zustand der europäischen Kreativwirtschaft
© Christian Wiediger via Unsplash
Die Studie Rebuilding Europe: The cultural and creative economy before and after COVID 19 klärt über die massiven Folgen der Corona-Pandemie für den Kulturbereich auf und entwickelt Strategien, um Europa wieder kulturell und kreativ aufzubauen.
Die Investition in die Kultur- und Kreativbranche kann laut den Verantwortlichen entscheidend sein, um die europäische Wirtschaft wieder aufleben zu lassen.
Kultur vor der Pandemie
Die Zahlen, die in den Ergebnissen der Studie geliefert werden, sagen einiges über den wirtschaftlichen Stellenwert von Kultur und Kreativität aus:
Im Jahr 2019 machten die Kernaktivitäten der Kultur- und Kreativwirtschaft mit einem Umsatz von 643 Milliarden Euro noch 4,4 % des gesamten BIP der Europäischen Union aus, wodurch die Kulturbranche wirtschaftlich mehr beitragen konnte als die Telekommunikations-, High Tech-, Pharma- oder Automobilindustrie.
Am Ende des Jahres waren mehr als 7,6 Millionen Menschen in diesem Bereich beschäftigt, was die hohe Bedeutung des Kultursektors für den Arbeitsmarkt unterstreicht.
Kultur in der Krise
Doch die Corona-Pandemie hinterließ ihre Spuren. Die Kultur- und Kreativwirtschaft musste einen Umsatzverlust von 31 % verkraften – was einem Nettorückgang von 199 Milliarden Euro entspricht – und ist damit einer der Wirtschaftszweige in Europa, der die Folgen der Pandemie am stärksten zu spüren bekommt.
Vor allem die Teilmärkte Darstellende Kunst und Musik sind betroffen. Die Aktivitäten der Kunstbranche gingen zwischen 2019 und 2020 um 90 % zurück, die des Musiksektors um 76 %.
Wiederbelebung nach der Pandemie
Doch sollten die hohen Zahlen keinesfalls abschrecken, sondern noch mehr Anlass dazu geben, der Kultur- und Kreativwirtschaft dabei zu helfen, sich schnellstmöglich zu erholen, um bald wieder wachsen zu können.
So führte die EY Interviews und Untersuchungen durch und stand dabei im Dialog mit Experten und Organisationen aus den betroffenen Branchen, um Lösungsansätze für den Wiederaufbau der Kultur- und Kreativwirtschaft zu entwickeln.
Prioritäten für den Wiederaufbau
Dabei konnten drei zentrale Herausforderungen identifiziert werden: Zuerst müssen großzügig öffentliche Mittel zur Verfügung gestellt werden und private Investitionen in kulturelle und kreative Unternehmen, Organisationen und Kreative gefördert werden.
Zweitens brauche es einen soliden Rechtsrahmen, der private Investitionen in Produktion und Vertrieb ermöglicht und befördert, die notwendigen Voraussetzungen für unternehmerische Renditen bietet und angemessene Einnahmen für Kreativschaffende gewährleistet.
Im dritten Schritt könne die Kultur- und Kreativwirtschaft als Motor genutzt werden, der soziale, gesellschaftliche und ökologische Veränderungen in Europa vorantreibt. Die Organisatoren sehen in der Förderung dieser Branche also auch eine Chance für die europäische Wirtschaft.
Über die Studie
Das Projekt wurde von der European Grouping of Societies of Authors and Composers (GESAC) – einer Organisation aus 32 Verwertungsgesellschaften aus ganz Europa – in Auftrag gegeben, von dem Beratungsunternehmen EY durchgeführt und umfasst die zehn wichtigsten Bereiche der Kultur- und Kreativwirtschaft.
Geografisch deckt die Studie die Europäische Union und das Vereingte Königreich ab, die auch bekannt als EU-28 sind.
Vortrag vor EU-Kommission
Rebuilding Europe orientiert sich an einer 2014 veröffentlichten Zusammenfassung mit dem Titel "Wachstum schaffen", in der dieselben zehn kulturellen und kreativen Sektoren untersucht wurden.
Eine Delegation von Vertretern des Kreativsektors hat der EU-Kommission unter der Leitung des französischen Musikers Jean-Michel Jarre am 26. Januar 2021 die Ergebnisse der Studie präsentiert, um den Vertretern damit den intensiveren Handlungsbedarf in diesem Bereich vor Augen zu führen.
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