Fall wird ausgesetzt, höhere Ebene soll zuerst Fragen klären
Sampling-Streit zwischen Moses Pelham und Kraftwerk an den Europäischen Gerichtshof verwiesen
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg: Hier könnte bald über die Zukunft des Samplings entschieden werden. © Hendryk Schäfer auf Flickr / Lizenz: CC BY 2.0
Dreh- und Angelpunkt des schon mehrere Jahre andauernden Rechtsstreits zwischen dem HipHop-Produzenten Moses Pelham und den Elektro-Pionieren Kraftwerk ist ein zwei-sekündiges Sample des Kraftwerk-Songs "Metall auf Metall", den Pelham ohne Nachfrage für den Song "Nur mir" von Sabrina Setlur verwendet hat.
Vergangene Urteile
Zwischenzeitlich sah es so aus, als würden Kraftwerk den von ihnen begonnenen Prozess gewinnen: Ein erstes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) gab den Klägern recht und bestätigte, dass die Übernahme auch kleiner Tonsequenzen im großen und ganzen eine Urheberrechtsverletzung darstelle.
Dieses Urteil wurde einige Zeit später jedoch vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Berufung auf die Kunstfreiheit wieder gekippt. Das BVerfG stellte fest, dass die im Grundgesetz festgeschriebene Kunstfreiheit einen Eingriff in Urheber- und Leistungsschutzrechte in Form des Sampling rechtfertigt und verwies den Fall zur Entscheidung zurück an den BGH.
Rechtssicherheit vs. Kunstfreiheit
In seiner Pressemitteilung vom 1. Juni 2017 gab der Bundesgerichtshof nun bekannt, dass es den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt hat, um von diesem eine Entscheidung hinsichtlich der Auslegung der zugrunde liegenden Fragen des EU-Urheberrechts zu erhalten.
Eine endgültige Entscheidung wird dadurch noch einige Zeit auf sich warten lassen; dass das Thema nun aber bereits auf europäischer Ebene diskutiert wird, zeigt die dahinterliegende Kontroverse.
Lobbyverbände wie der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) wünschen sich vom Europäischen Gerichtshof in erster Linie eine stärkere Rechtssicherung und sehen im Sampling vor allem die Gefahr, "dass die Urheber- und Leistungsschutzrechte der Kreativen und ihrer Partner noch weiter ausgehöhlt werden".
Dem gegenüber steht jedoch der Anspruch der Kunstfreiheit: Sampling ist eine eigene Form des künstlerischen Ausdrucks, die durch allzu strenge Reglementierung viel von ihrer Bedeutungskraft verlieren würde. Es bleibt abzuwarten, welcher Seite der Europäische Gerichtshof mehr Gewicht zuspricht.
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