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Dein Weg raus aus dem Dudeleinerlei

Schlechte Songs vermeiden: Wie du der Falle der eigenen Belanglosigkeit entgehst

Tipps für Musiker und Bands von Konrad Ower
veröffentlicht am 19.07.2019

songwriting lyrics

Schlechte Songs vermeiden: Wie du der Falle der eigenen Belanglosigkeit entgehst

Wenn das Songwriting belanglos ist, wendet sich der Zuhörer ab. © rawpixel / 123RF

Heutzutage stehen uns viele Mittel zur Verfügung, um gute Songs aufzunehmen und – theoretisch – einem breiten Publikum zu präsentieren. Bei all dem Streben, alles zu polieren, aufzubauschen und möglichst "groß" klingen zu lassen, leidet aber oftmals das eigentlich Essentielle: der Song. Dieses Herzstück jeder Musikproduktion ist letztendlich das entscheidende, denn wenn das Songwriting belanglos oder einfach nicht gut ist, wendet sich der Zuhörer ab und interessanterer Musik zu! Aber wie erkennt man eigentlich einen guten Song?

Ein Gedankenspiel: Habt ihr schon einmal einen Song von Straßenmusikern oder einer Coverband gehört und euch gedacht: "Wow, selbst in dieser anderen Version ist das einfach ein Hit – Punkt."

Wie kommt es also, dass manche Songs "das gewisse Etwas" haben? Ein einfaches Rezept gibt es, wie bei allen kreativen Dingen, auch hier nicht. Nichtsdestotrotz bedeutet Kreativität auch, dass man die häufigsten Stolpersteine kennen sollte, um sie hinterher gekonnt zu umschiffen. Folgende Punkte gehören dazu.

Dein Auftakt ist nicht interessant

Dass ein gutes Intro keinen Song macht, dürfte klar sein. Jedoch ist es leider gerade im Streamingzeitalter wichtig, potentielle Zuhörer mit einem interessanten Intro an Bord zu holen.

Wie könnte man dem frühen Hörer-Absprung entgegenwirken? Vielleicht teast du bereits den Refrain an oder setzt mit ersten, bedeutungsvollen Lyrics den Ton – die Möglichkeiten sind vielfältig.

Und wenn du nicht gar nicht weißt, wie du den Anfang gestalten sollst, dann ist das auch nicht schlimm. Arbeite einfach am Rest des Songs weiter. Mit weiteren Parts, Melodien oder Lyrics gewappnet, kannst du später zurückkehren, die Dramaturgie des Tracks aus der Vogelperspektive sehen und den Auftakt deines Songs selbstbewusst setzen.

Dynamik – was ist das?

Weniger ist mehr! Damit dein Refrain die Zuhörer abholt und die vorhandene Vorfreude auch wirklich erfüllt, musst du ihnen mal mehr und mal weniger geben. Dynamik ist das Stichwort.

Daher ist es ein entscheidender Fehler, die Energie deines Songs im gesamten Verlauf stets auf 100 % zu pushen. Anders gesagt: Kuchen mag lecker sein, aber nichts anderes zu essen, kann auch nicht erstrebenswert sein!

Spiele also mit Spannung und Entspannung und erzähle mit diesen einfachen Mitteln eine Geschichte! Musik kann so viel mehr bewirken, wenn sie mal lauter oder leiser ist bzw. entspannter ist oder nach vorne geht. Höre dir erfolgreiche Songs der vergangenen Jahrzehnte an und achte darauf, wie man mit diesem Mittel umgeht. Beobachte dabei, wie sich die Intensität verändert und was dies in dir in emotionaler Hinsicht auslöst.

Das ist Dynamik. Musik ist eben wie das Leben – ein ständiger Wechsel. Mache Gebrauch davon!

Dein Song verliert irgendwann den Fokus

Alles in einem Song muss gewissermaßen einem Zweck dienen. Ein übermäßig langes Intro kann auf den ersten Blick überflüssig wirken, doch hat dies eine künstlerische Berechtigung, kann es genau das sein, was der Track braucht – auch wenn wir in Punkt 1 etwas scheinbar Gegenteiliges gesagt haben! Was wäre Musik ohne Widersprüche?

Sauer aufstoßen könnten hingegen Songteile wie bspw. überlange Gitarrensoli, Drumworkouts oder Outros, die etwas Episches vermitteln sollen, aber lediglich nur bemüht oder konzeptlos klingen. Klar weiß man hinterher, wie wahnsinnig virtuos die jeweiligen Musiker an ihrem Instrument sind, aber wissen das wirklich "normale Musikhörer" zu schätzen? Nur im Ausnahmefall.

Denn eigentlich sollte sich, wie schon bereits erwähnt, alles dem Song unterordnen. Das Ziel sollte es sein, alles auf eine interessante Art und Weise zu präsentieren. Verschiedene Parts sollten nicht zu kurz, aber bitteschön auch nicht zu lang sein. Anders ist es, wenn diese langen Parts aus Arrangement-Sicht eine ganz eigene Dramaturgie haben und die Band genau damit spielt. Doch dazu später mehr!

Dein Chorus zündet nicht

Redet man über die Highlights der Pop- und Rockgeschichte, redet man gleichermaßen über unvergessliche Refrains, die einst einen Nerv trafen und dessen Wirkung Zeit, Trends und dem allgemeinen Wandel der Zeit überstanden haben.

Spätestens wenn ein solcher Chorus bzw. Refrain einsetzt, weiß man, dass man es hier schlichtweg mit einem guten Song zu tun hat – einer, der lange im Kopf bleibt. Ob Nirvana, ABBA, Metallica oder Queen – sie alle haben Songs im Gepäck, deren Hooklines wir mitsingen können, weil sie sich in unser Gedächtnis eingeprägt haben. Das ist die Macht eines Chorus!

Stimmen hier Handwerk und Kreativität nicht bzw. erfüllt sich die unausgesprochene Erwartung eines Hörers nicht, verpufft die Wirkung des Songs.

Wo hört die Strophe auf und wo fängt der Refrain an? Das muss nicht einmal bedeuten, dass bspw. eine ganz andere Akkordfolge erfolgen muss, denn schließlich gibt es viele tollen Songs, die lediglich mit einer einzigen auskommen. Ein wenig Dynamik hier, ein paar Instrumentalakzente da und natürlich eine Gesangslinie sowie Text, die hängenbleiben und fertig ist das Ganze.

…wenn es doch nur so einfach wäre! In der Praxis ist das natürlich keineswegs so simpel, doch soll der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt bleiben. Der Chorus ist gewissermaßen die Visitenkarte deines Songs. Bleibt der hängen, dann hat dein Song vielleicht "das gewisse Etwas", dem er braucht, um sich von der Masse abzuheben.

Du gibst den Song nicht aus der Hand

Musik ist eine sehr persönliche Sache. Daher streben viele Musiker oder Songwriter eine komplette Kontrolle über ihr "Baby" an und legen den allergrößten Wert darauf, dass ihre künstlerische Vision konsequent zu Ende geführt wird. Das mag in Ausnahmefällen absolut Sinn machen, aber vielleicht ist gerade diese Subjektivität ein Hindernis – nicht umsonst sagt man ja, dass man oft den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht!

Manchmal braucht es andere Parteien, um aus einem ungeschliffenen Diamanten einen Hit oder zumindest einen funktionierenden Song zu machen.

Ein gutes Arrangement zu gestalten, bedeutet nicht einfach nur, Parts nach Copy-und-Paste-Manier auszuschneiden und woanders wieder einzufügen. Dazu passen die vorhin erwähnten Themen Dynamik und Spannungsverlauf sehr gut. Wichtig ist, dass ja der Song interessant bleibt – und das bedeutet eine gewisse Vogelperspektive oder schlichtweg einen frischen Satz Ohren zur Seite zu haben.

Selbst wenn ein Song steht, geht dieser ja in der Regel noch einmal durch viele Hände. Ob Studiomusiker, Produzent, Mixer, Mastering Engineer – viele Parteien sorgen dafür, dass die Vision des Künstlers verwirklicht wird und einem Publikum adäquat präsentiert werden kann.

Springe also über deinen Schatten und stelle dich Kritik oder Verbesserungsvorschlägen, um das Beste aus deinem Material zu holen!

Thematisch gibt es nicht viel zu holen

Songs entstehen aus ganz verschiedenen Impulsen. Manchmal ist am Anfang nur ein kurzer Loop, ein Gitarrenriff oder ein paar Chords. Damit aber etwas als Ganzes funktionieren kann, ist es hilfreich, ein gewisses Konzept zu entwickeln. Im Mittelpunkt stehen dabei die Lyrics – wenn wir mal davon ausgehen, dass es sich um einen "klassischen" Song mit Gesang sowie Texten handelt.

Worum soll es in dem Song gehen? Sind die Textfragmente, die du vielleicht schon parat hast, das Ergebnis deiner unterbewussten Beschäftigung mit einem gewissen Thema, welches bspw. in irgendeiner Art abstrakt oder real mit Liebe, Hass, Glück oder Traurigkeit zu tun hat? Versuche, die Gedanken, die dir im Kopf herumschwirren, zu konkretisieren und führe sie zu Ende – auch wenn das anstrengend sein mag – Kreativität ist nun einmal oft Arbeit und Warten auf die Muse ist langfristig gesehen nicht besonders produktiv.

Schreibe alles ungefiltert auf – egal, wie ungelenk das zunächst klingen mag. Du hast hinterher immer noch alle Zeit der Welt, zu verbessern und zu optimieren. Steht dieses Fundament, dann ergibt sich der Rest manchmal von selbst.

Dieser konzeptionelle Prozess kann zudem massiv zur Wirkung deines Songs beitragen! Musikzuhörer wollen sich schließlich mit Musik identifizieren. Mit deiner Kreativität sowie deiner ausgearbeiteten Botschaft kannst du genau das tun und eine emotionale Brücke zu ihnen schaffen. Denn wer sich mit deiner Musik identifizieren kann, wird sie aufmerksam weiterverfolgen, zu deinen Konzerten kommen und diese frohe Kunde fleißig weiterverbreiten.

Das schlimmste, was einem Songwriter zweifellos passieren kann, ist wenn das Werk dem Publikum einfach nur "egal" ist – und in diese Falle willst du nicht hineintappen!

Deine Erfahrungen

Letztendlich gibt es, wie bei so vielem im Leben, kein Allgemeinrezept, um einen richtig guten Song zu erschaffen. Das einzige, das wir als Kreative tun können, ist manchmal einfach mal einen Schritt zurücktreten und das Ganze aus der Ferne zu beobachten. Uns in die Lage anderer zu versetzen oder einfach mal was anderes anhören, um neue Impulse zu erhalten und dabei vielleicht diesen einen "Eureka"-Moment zu erleben!

Wie gehst du mit der Herausforderung um, gute Songs zu schreiben und was hilft dir dabei besonders?

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