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Selbstgerecht

Ticketzweitmarkt-Plattform StubHub kritisiert Reformpläne von Live Nation

News von Daniel Nagel
veröffentlicht am 06.03.2023

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Ticketzweitmarkt-Plattform StubHub kritisiert Reformpläne von Live Nation

© Tyler Milligan via Unsplash

Die Vorschläge von Live Nation/Ticketmaster zur Reform des US-Ticketmarkts kommen nicht überall gut an. Der Zweittickethändler StubHub kritisiert, dass die Reformvorschläge nur Live Nation nutzen und dessen Marktmacht zementieren würden.

Live Nation und die zu dem Unternehmen gehörige Ticketing-Plattform Ticketmaster standen in den letzten Monaten in den USA stark in der Kritik: Zunächst wegen des Taylor Swift-Vorverkaufsdesasters, dann wegen der marktbeherrschenden Stellung des Unternehmens und überhöhter und wenig transparenter Gebühren (sog. junk fees) beim Kartenkauf.

Daraufhin schlug das Unternehmen einen aus mehreren Punkten bestehenden Reformplan namens Fair Ticketing Act vor. Dieser sieht neue gesetzliche Regelungen vor und schiebt die Verantwortung für Veränderungen auf andere Beteiligte (wie Künstler/innen) ab. Ankündigungen, das eigene Geschäftsgebaren zu verändern, fehlten hingegen völlig.

Das sind die Kernpunkte des von Live Nation vorgeschlagenen Fair Ticketing Acts:

  • Die Künstler/innen sollen Regeln für den Weiterverkauf festlegen, um sicherzustellen, dass Tickets nur für ihren Nennwert weitergebeben werden, damit die Preise für die Fans niedrig bleiben und Ticketzweitverkäufer davon abgehalten werden, die Fans auszunutzen.

  • Der Verkauf von Tickets zu Spekulationszwecken sollte illegal sein, damit  Ticketzweitverkäufer/innen keine betrügerischen Taktiken anwenden können, um Fans dazu zu bringen, mehr Geld auszugeben oder Tickets zu kaufen, die der Verkäufende gar nicht hat.

  • Der Geltungsbereich des BOTS-Gesetzes muss erweitert und durchgesetzt werden, um diejenigen abzuschrecken, die das Gesetz brechen und dabei Künstler/innen und Fans betrügen.

  • Ticketzweithändler, die erlauben, dass auf ihren Plattformen die von Künstler/innen (!) festgelegten Wiederverkaufsregeln gebrochen werden, sollten "echte Konsequenzen" in Form schärferer Gesetze zu spüren bekommen.

  • Es muss eine branchenweite Gesamtpreisgestaltung eingeführt werden, damit die Fans die vollen Kosten im Voraus sehen, die sie bezahlen.

Es lässt sich leicht erkennen, dass Live Nation/Ticketmaster vor allem den Ticketzweitmarkt ins Visier nimmt und damit von seiner marktbeherrschenden Stellung ablenkt. Als größtes Problem beim Verkauf von Konzertkarten identifiziert der Konzern nämlich, dass Fans häufig keine Karten zum regulären Preis erhalten könnten, sondern sie nur zum fünffachen Preis bei Ticketzweithändlern erwerben müssten. 

Heftige Kritik von Ticketzweithändlern

StubHub, eine der weltweit größten Ticket-Wiederverkaufsplattformen und Teil von Viagogo, wirft Live Nation daher vor, mit seinen Reformvorschlägen von den eigenen unfairen Geschäftspraktiken ablenken zu wollen. Das Ziel von Live Nation bestehe darin, seine Kontrolle über die Branche und die Verbraucher/innen noch weiter ausbauen zu wollen.

StubHub befürwortet zudem Gesetze, die Verbraucher/innen mehr Rechte beim Kauf von Tickets zugestehen, wohingegen sich Live Nation/Ticketmaster sperrt. StubHub kritisiert auch die Verwendung des abwertenden Begriffs "Scalper" ("Skalpierer") für Ticketzweithändler/innen und kritisiert das Versagen des Konzerns bei der Durchsetzung bestehender Gesetze. Darüber hinaus wirft StubHub Live Nation Manipulation des Angebots und der Verfügbarkeit von Eintrittskarten vor, um durch dynamische Preisgestaltung von der hohen Nachfrage zu profitieren.

Zudem betreibe Live Nation/Ticketmaster eigene Wiederverkaufsplattformen, die sich an dieselben Verbraucher/innen und professionelle Ticket-Wiederverkäufer/innen richteten wie ihre Konkurrenz auf dem Sekundärmarkt. Live Nation/Ticketmaster böten sogar Dienstleistungen an, um professionelle Wiederverkäufer/innen zu ermutigen, die Wiederverkaufsseiten von Live Nation/Ticketmaster zu nutzen.

Durchsichtiges Ablenkungsmanöver

Man muss keine sonderlichen Sympathien für StubHub/Viagogo besitzen, um zu erkennen, dass die Reformvorschläge von Live Nation vornehmlich dazu gedacht sind, den als Konkurrenten wahrgenommenen Ticketzweithändlern zu schaden und das eigene Geschäftsmodell zu schützen und auszubauen. 

Ein solches durchsichtiges Ablenkungsmanöver kann aber keinesfalls das Ziel erreichen, die Probleme des Ticketmarkts in den USA in den Griff zu bekommen. Echte Reformen müssen bei der Marktmacht von Live Nation ansetzen. 

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