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Legalisierte Urheberrechtsverletzungen

Will Belarus künftig bei der Nutzung von westlichen Entertainment-Produkten mitverdienen?

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 31.01.2023

urheberrecht musikbusiness

Will Belarus künftig bei der Nutzung von westlichen Entertainment-Produkten mitverdienen?

Lukaschenko mit dem russischen Premierminister Mikhail Mischustin (2020). © By Government.ru, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=93799907

Belarus hat ein Gesetz verabschiedet, das es seinen Bewohner/innen künftig erlauben soll, audiovisuelle Medien und Software ohne Zustimmung der Rechteinhaber/innen zu nutzen, sofern diese aus "unfreundlichen Nationen" kommen. Die Regierung reagiert damit nicht nur auf Sanktionen, die den legalen Konsum von westlichen Medienprodukten unmöglich machen, sondern will auch kräftig mitkassieren.

Wie Russland hat auch dessen westlicher Nachbar und Verbündeter Belarus 2022 eine Liste mit Ländern erstellt, die aus Sicht des Regimes in der jüngeren Vergangenheit “unfreundliche Handlungen” gegen belarussische Institutionen oder Einzelpersonen begangen haben.

Neben Ländern wie Australien, Kanada oder den USA sind u.a. auch alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union auf der Liste vertreten.

Legale Urheberrechtsverletzungen

Hatte die Angehörigkeit zu einer “unfreundlichen Nation” für die meisten Bewohner/innen westlicher Länder bislang eher symbolischen Charakter, zielt ein neues Gesetz der belarusischen Regierung nun direkt auf die westliche Unterhaltungsindustrie.

So hat das Regime unter Präsident Lukaschenko laut Medienberichten im Januar 2023 ein Gesetz verabschiedet, das den Gebrauch von geistigem Eigentum ohne Einwilligung der Rechteinhaber/innen erlaubt – vorausgesetzt, diese stammen aus einem der “unfreundlichen Länder”.

Damit ist es in Belarus, das in Deutschland auch unter dem Namen Weißussland bekannt ist, ab sofort de fact erlaubt, westliche Medienprodukte wie Musik oder Filme, aber auch Computer-Software zu nutzen, die ohne Zustimmung ihrer Erschaffer/innen verbreitet wurden. 

Essenzielle Medien

Hintergrund des Gesetzes: Im vergangenen Jahr hatten sich viele, insbesondere westliche, Unternehmen in Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, der unter Duldung Lukaschenkos zum Teil auch von belarusischem Staatsgebiet aus geführt wurde, aus dem osteuropäischen Land zurückgezogen. So waren Hollywood-Produktionen etwa in Belarus nicht mehr legal möglich.

Die De-facto-Legalisierung von Urheberrechtsvergehen zielt also nicht nur aus ideologischen Gründen auf die westliche Unterhaltungsindustrie ab. Fortan muss unerlaubt kopiertes Material, das in das Land importiert wird, lediglich als "essentiell für den heimischen Markt” gelten, um legalen vertrieben werden zu dürfen.

Heimliche Bereicherung?

Ein reiner Freundschaftsdienst ist das neue Gesetz, das vorerst bis 2024 gilt, aber mitnichten. So müssen die Nutzer/innen von unerlaubt vertriebenen bzw. unerlaubt verwendeten Produkte Zahlungen an Weißrusslands Patentbehörde abführen, deren Preise durch das Repräsentantenhaus des Landes festgelegt werden.

Anschließend wird den Lizenzinhaber/innen drei Jahre Zeit gewährt, Anspruch auf das Geld zu erheben. Sollten diese es versäumen, Anspruch zu erheben, soll das Geld in die Staatskasse überführt werden.

Letzte Details unklar

Ob dies wirklich so geschehen wird oder ob die belarusische Regierung das Bedürfnis der eigenen Bevölkerung nach westlichen Kulturgütern und Software lediglich ausnutzt, um an Geld zu kommen, bleibt abzuwarten.

In jedem Fall wird der Patentbehörde, die Konten der fast vollständig in Staatshand befindlichen Belarusbank nutzt, das Recht vorbehalten, bis zu 20 Prozent der Geldzahlungen einzubehalten. Die Höhe der abzuführenden Gebühren für die Nutzung ist derweil noch nicht bekannt. 

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