Sonderfonds statt Neustart Kultur
BDKV kritisiert Pläne bezüglich der Fortführung von Neustart Kultur
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Prof. Jens Michow, geschäftsführender Präsident des Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) e.V. © Klaus Westermann
Zu den 20 Millionen Euro kommen zusätzlich die Restmittel aus der Neustart Kultur-Förderung aus dem Jahr 2020. Dort standen insgesamt 80 Millionen Euro zur Verfügung. Eingeplant werden die Fördermittel von der Beauftragten für Kultur und Medien (BKM), Prof. Monika Grütters.
Mittel reichen nicht aus
Die Branche sei dankbar dafür, dass 2021 unverbrauchte 17 Millionen Euro auf 2022 übertragen werden dürfen. Allerdings würden die damit für 2022 insgesamt zur Verfügung stehenden 37 Millionen Euro bei weitem nicht ausreichen, um den aktuellen Bedarf der Branche zu befriedigen. Das schreib der Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) e.V. in einer Stellungnahme.
Prof. Jens Michow, geschäftsführender Präsident des BDKV berichtet, dass Neustart Kultur dazu diene, Veranstaltenden zu helfen, wieder Events durchzuführen. Dieses Ziel konnte jedoch aufgrund des andauernden Lockdowns 2021 nicht erreicht werden.
Viele Mittel flossen so in die Vorbereitungskosten von Konzerten, die später wieder abgesagt werden mussten. Daher fordere der Wirtschaftszweig für 2022 eine Aufstockung des Budgets auf 120 Millionen.
Nur 7 Millionen Euro abgerufen
Ein Problem sei, dass von den rund 52 Millionen Euro, die den Antragstellenden für 2021 bewilligt wurden, bisher nur rund 7 Millionen abgerufen wurden. Die Ursache liege darin, dass geförderte Veranstaltungen nicht stattfinden konnten beziehungsweise können.
So wisse der BDKV bis heute nicht, ob die Veranstaltenden diese ihnen ja bereits bewilligten Mittel für ihre Nachholveranstaltungen im kommenden Jahr einsetzen dürfen. Der Verband erwarte daher, dass sichergestellt werde, dass die Mittel nicht in den Haushalt zurückfließen.
Auf Unverständnis stößt außerdem, dass bei den Verhandlungen für das Programm 2021 ursprünglich 123 Millionen Euro für den Live-Bereich reserviert wurden. Die Differenz zu den zur Verfügung gestellten 80 Millionen sollte zunächst als Reserve verbleiben. Daher sollten zumindest Teile davon noch vorhanden sein, was eine große Hilfe für die Branche für 2022 wäre.
Argument Sonderfond
Das BKM argumentiert, dass der wesentliches Faktor für die Herabsetzung des Budgets die Mittel aus dem Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen sind, die nun zur Verfügung stünden. Da die Ziele beider Programme weitgehend die gleichen seien, solle zunächst der Fonds in Anspruch genommen werden. Der Fonds in Höhe von 2,5 Milliarden Euro gewährt eine Wirtschaftlichkeitshilfe im Falle von nachträglichen Einschränkungen von Veranstaltungen sowie eine Ausfallabsicherung.
BDKV-Präsident Michow hält dagegen, dass die Annahme, die Ziele beider Programme überschneiden sich, ein erheblicher Irrtum sei. Ziel des Sonderfonds seien notleidende Veranstaltungen, also jene, die nicht wie geplant stattfinden können oder auch ganz abgesagt werden müssen. Ziel von Neustart Kultur sei es hingegen, Veranstaltende zu ermutigen, überhaupt wieder Veranstaltungsrisiken einzugehen.
Ausfallabsicherung bleibt unerwähnt
Auch wenn die Branche dankbar dafür sei, mit dem Sonderfonds nun Mittel zu haben, um Veranstaltungen auch unter eingeschränkten Bedingungen zu ermöglichen und Ausfallrisiken abzufedern, lasse sich damit nicht das Ziel von Neustart Kultur erreichen, die Vielfalt des Kulturbetriebs zu erhalten.
Zudem sei die Wirtschaftlichkeitshilfe ohnehin zeitlich limitiert und werde nur für kleinere Veranstaltungen bis zu 2.000 Personen gewährt. So werde allenfalls die Hälfte der erwarteten Antragsteller/innen eine Förderung erhalten können.
Unerwähnt bleibt an dieser Stelle die Ausfallabsicherung, Teil des Sonderfonds des Bundes. Darunter fallen größere Kulturveranstaltungen ab dem 1. September 2021, also Konzerte und Festivals mit mehr als 2.000 Personen.
Den Ausfallabsicherung gibt es aber auch für kleinere Kulturveranstaltungen unter 2.000 Besuchenden. Wenn eine Kulturveranstaltung, die für die Wirtschaftlichkeitshilfe registriert war, nicht stattfinden kann, erhalten die Veranstaltenden 50 Prozent der nachgewiesenen, veranstaltungsbezogenen Kosten. Dies wird in der Pressemitteilung des BDKVs allerdings nicht erwähnt.
Keine Hilfen für Künstler/innenagenturen
Der ebenfalls im BDKV organisierte Berufsstand der Künstler/innenagenturen habe bisher von Neustart Kultur überhaupt nicht profitieren können. Dabei sah die Programmankündigung der Bundesregierung vom 4. Juni 2020 ausdrücklich vor, dass auch die Künstlervermittelnden von den 150 Millionen Euro für den Musikbereich profitieren sollten. Die Umsetzung scheiterte allerdings aus förderrechtlichen Gründen. Auch eine Arbeitsgruppe der Agenturen und des BDKV konnte bislang keine Fortschritte erzielen.
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