Großer Handlungsbedarf
Ein Drittel der freischaffenden Musiker/innen in Berlin sieht wegen Corona keine berufliche Zukunft
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"Wir brauchen die Kultur, das steht außer Frage, als eine Form der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge", erklärt Hella Dunger-Löper, Präsidentin des Landesmusikrates Berlin. Die Existenzgrundlage vieler Künstler/innen sei allerdings durch die Coronavirus-Pandemie bedroht. Das bestätigte eine Ende Januar veröffentlichte Umfrage des Landesmusikrates Berlin (PDF).
Pessimistische Zukunftsaussichten
Die Ergebnisse zeigen, dass viele der 485 beteiligten Berliner Musikschaffenden ihre Lage als hoffnungslos empfinden. Knapp ein Drittel sehen keine Perspektive mehr in ihrem Beruf und planen deshalb, neue berufliche Wege einzuschlagen. Manche haben ihren Traumjob bereits an den Nagel gehängt und sich umorientiert.
Nur ein Fünftel der Umfrageteilnehmer beurteilt seine aktuelle Lage optimistisch. Knapp die Hälfte ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen.
Wer hinten runter fällt
Vor allem freischaffende Musikschaffende, die nicht fest bei einer Institution angestellt sind, haben es derzeit schwer. Sie springen meist von Projekt zu Projekt, haben zeitlich befristete Verträge, bedienen mehrere Sektoren gleichzeitig und lassen sich gar nicht wirklich einer bestimmten Berufsbezeichnung zuordnen.
Deshalb stellen sie oft erst gar keinen Antrag, wenn es zur Umsetzung von Förderprogrammen kommt, da sie gewisse Bedingungen nicht erfüllen können.
So bewarb sich der Großteil der Befragten nicht für eine Förderung. Gründe hierfür waren unter anderem unklare Regularien (37,5 %), die Angst vor einer drohenden Rückzahlung (27 %) oder zu hohe Nebeneinkünfte (27 %). Nur ein Fünftel hatte keine Probleme bei der Antragsstellung.
Es soll sich einiges ändern
Diese Unterstützung werde zwar durch einigen Programmen des Bundes angeboten, "aber das Bewusstsein für die Produktionsverhältnisse und damit einhergehende Lebensweisen, wie sie im Kultursektor verbreitet sind, ist gering, das müssen wir ändern", so Dunger-Löper.
In diesem Zuge hat der Landesmusikrat Berlin mehrwöchige virtuelle Sitzungen organisiert, in denen die Gewerkschaft Verdi, die Vereinigung Alte Musik, die Berlin Music Commission, die IG Jazz, der Tonkünstlerverband Berlin, die Initiative Neue Musik und die Deutsche Orchestervereinigung gemeinsam mit politisch Verantwortlichen über die aktuelle Lage diskutieren und versuchen sollen, Lösungen für den Kultursektor zu finden.
Ziel des Landesmusikrates ist es, über die kritische Lage von Kunstschaffenden aufzuklären und „mit Betroffenen und der Politik über die KSK zu reden, über den Zugang von Musiker:innen zur Arbeitslosenversicherung, Altersabsicherung und nicht zuletzt über ein Kulturfördergesetz.“
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