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Hoffnungsträger oder hoffnungslos?

Ein Jahr nach dem Crash – sind NFTs für Musiker/innen noch relevant?

Spezial/Schwerpunkt von Marcell Rogmann
veröffentlicht am 11.04.2023

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Ein Jahr nach dem Crash – sind NFTs für Musiker/innen noch relevant?

Der große NFT-Boom ist vorbei - was sind die Folgen für Musiker?. © Behnam Norouzi via unsplash.cm

Die Zeit, in der NFTs in aller Munde waren, ist aktuell vorbei. Trotzdem arbeiten einige Player der Unterhaltungsbranche nach wie vor an neuen Modellen rund um die Monetarisierung von digitaler Kunst. Können Musiker/innen trotz der Krypto-Krise noch davon profitieren? Und falls ja, wie? Wir berichten, wie es bei Plattformen aussieht, über die wir bei Backstage PRO im letzten Jahr berichtet haben.

Ziemlich genau ein Jahr ist der große Crash von Kryptowährungen und NFTs mittlerweile her. Der Wert der größten Coins sackte teilweise um über 70 PRozent ab, zahllose gehypte NFTs wurden bedeutungslos und der große Hype ums Metaverse nahm erstmal ein abruptes Ende. 

→ Solltet ihr euch neu mit dem Thema NFTs befassen, empfehlen wir euch vorher unseren Grundlagenartikel und unseren Artikel über den Abschwung am NFT/Krypto-Markt.

Am Ball

Nichtsdestotrotz arbeiten gerade die großen Akteure der Tech- und Unterhaltungsindustrie nach wie vor an neuen Experiences, Tools und auch Monetarisierungsmöglichkeiten, um Musik und digitale Kunst nachhaltig ins Web 3.0 zu tragen.

Im Folgenden werfen wir einen Blick auf drei Metaverse-/NFT-Entwicklungen, mit der große Unternehmen aktiv Musiker/innen anlocken wollen und versuchen die Frage zu beantworten, ob und inwiefern das Thema aktuell noch relevant ist.

Mit NFTs bei Instagram die eigene Kunst promoten?

Instagrams Mutterkonzern Meta wollte spätestens seit der Umbenennung von Facebook zu Meta im Herbst 2021 zum größten Treiber von Metaverse und Web 3.0 werden. Aus Mark Zuckerbergs vollmundigen Ankündigungen, den Konzern zum zentralen Platz für die neue Form des Internets zu machen, resultierten in den letzten zwölf Monaten nicht nur zahlreiche Memes sondern auch Forderungen von Investoren, die Milliardeninvestitionen aufgrund hoher Verluste vorerst auf Eis zu legen.

Dennoch unternahm Instagram im vergangenen Jahr einen Versuch, digitale Kunst – darunter Bilder, Videos und auch Musik – für den Massenmarkt zugänglich zu machen. Ab Mai 2022 konnten erste Creator/innen ihre digitalen Wallets mit ihren Accounts verbinden, um so digital erzeugte Kunst zu teilen. Im Anschluss ging sogar in ausgewählten Teilen der Welt eine Plattform live, auf der Creator/innen ihre NFTs verkaufen konnten.

Eigentlich hätte an dieser Stelle des Artikels ein Blick auf die Chancen und Risiken für den Verkauf von Musikstücken als NFT über diese Plattform folgen sollen. Vor kurzem kündigte Meta jedoch überraschend an, sämtliche Funktionen, die NFTs auf der App unterstützen, abzuschalten.

Ob das als Folge des Drucks von Investoren oder der allgemeinen Unsicherheit im Silicon Valley in Bezug auf Innovationsthemen geschieht, die noch schwer zu monetisieren sind, ist unklar. Vielmehr stellt sich die Frage, ob das nicht der endgültige Todesstoß für eine breite Verwendung und den Austausch von NFTs und digitaler Kunst ist?

Als NFT-Creator/in einen Vorteil bei Spotify bekommen?

Mut macht allen Creator/innen von digitaler Kunst bzw. Musik dagegen ein anderer Tech-Player, der die Mechanismen der Musikindustrie schon einmal auf den Kopf gestellt hat: Spotify. Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass Spotify verzweifelt versucht, neue Monetarisierungsmöglichkeiten zu schaffen, um endlich langfristig profitabel zu sein.

Ende Februar führte der Streamingdienst in Kooperation mit Universal testweise eine "Token Enabled Playlist" ein. User/innen mit bestimmten NFTs in ihrem Besitz können ihre Krypto-Wallet mit ihrem Spotify-Account verknüpfen, um so Zugriff auf exklusive Playlists zu erhalten

Neben einem Spotify Premium-Account ist es dabei Voraussetzung, NFTs der virtuellen Band KINGSHIP zu besitzen. In der Playlist finden sich dann, neben normal zugänglichen Tracks, auch exklusive Songs, die es sonst nirgends zu hören gibt.

Projekte in der Testphase

Da sich das Projekt noch in einer Testphase befindet, ist unklar, inwiefern es für Artists auf Spotify möglich ist, langfristig selbst in diesen Playlists stattzufinden. Bei einem Erfolg des Projekts ist jedoch davon auszugehen, dass sich das Angebot nicht nur an Konsument/innen sondern auch an Creator/innen richtet, sprich Bands und Artists, welche diese exklusiven Songs über ein NFT-Feature veröffentlichen können.

Spotify arbeitet aber auch an anderen NFT-Projekten, die sich konkret an Creator/innen richten. Am bekanntesten ist vermutlich die Kooperation mit der NFT-Plattform OpenSea, dem weltweit größten Marktplatz-Anbieter für digitale Kunst. Auch hier können ausgewählte Artists in der nach wie vor andauernden Testphase mit NFTs experimentieren. 

Konkret können manche Künstler/innen ihr Profillogo mit einem eigenen NFT ausstatten. Dieses wird dann als solches gekennzeichnet und bietet einen direkten Link zu OpenSea, wo der Artist dann NFTs aller Art verkaufen kann.

Sollte bei Erfolg dieses Features für alle Artist-Profile möglich sein, könnte es schon bald die Möglichkeit bieten, eigene NFTs auf Spotify zumindest zu bewerben.  Dabei könnte es sich um spezielle Album-Cover, exklusiv verbreitete Songs oder sogar virtuellen Merch für Avatare handeln. Fairerweise muss jedoch auch hier gesagt werden, dass Spotify auch hier noch keine Ankündigungen für einen breiten Launch gemacht hat.

Als unabhängiger Artist mit NFTs Geld verdienen?

Welche Optionen bleiben vor allem unabhängigen Artists aktuell also, um NFTs zu verkaufen? Eine Möglichkeit ist der Vertrieb eigener NFTs über twelve x twelve. Die Berliner Plattform hat sich zum Ziel gesetzt, Musik und visuelle Kunst auf eine neue Art im Web 3.0 und Metaverse zu promoten.

Creator/innen können sich einen Account bei twelve x twelve erstellen, um NFTs nicht nur zu verkaufen, sondern in Kooperation mit der Plattform auch zu erstellen. Aktuell machen nicht nur namhafte Acts wie Haftbefehl oder Genetikk von der Plattform Gebrauch. Zahllose unabhängige Creator/innen und Musiker/innen haben sich auf twelve x twelve registriert, um dort exklusive Songs oder digitale Kunst zu verkaufen.

Der Vorteil besteht darin, dass twelve x twelve einen direkten Fokus auf musikbezogene NFTs bietet, der keine Vorkenntnisse über Blockchain oder Kryptowährungen voraussetzt.

Nur ein weiterer Kanal?

Die Gefahr liegt allerdings darin, dass man sich als Artist das Thema NFT groß auf die Fahne schreibt, ohne tatsächlich tiefe Kompetenzen zu besitzen. Am Ende dient die Plattform nur als weiterer Kanal, um die eigene Kunst zu verbreiten. Die Plattform könnte hier definitiv noch mehr Aufklärungsarbeit leisten.

Wer GEMA-Mitglied ist, kann allerdings dank einer neu geschlossenen Kooperation neue, digitale Einkommensquellen erschließen und von günstigeren Konditionen profitieren. Aktuell bietet twelve x twelve also einen der wenigen Zugänge zum NFT-Markt an, der für nahezu jede/n Musik-Creator/in oder Artist zugänglich ist.

Ob twelve x twelve aber der digitale Distributionskanal der Zukunft ist, steht in Frage, solange die Seite von vielen nur als modern-wirkende Verkaufsplattform genutzt wird, um unveröffentlichte Remixes als NFTs zu bewerben. Wer hier Erfolg hat, sollte nicht davon ausgehen, dass dies auf anderen NFT-Plattformen ebenso der Fall sein wird.

Müssen Künster/innen überhaupt auf NFTs setzen?

Aktuell ist diese Frage berechtigter denn je. Zwar hat sich der ganze Krypto- und NFT-Markt in den letzten Wochen deutlich erholt, keine Branche ist jedoch in der Vergangenheit so volatil gewesen wie diese. Niemand kann abschätzen, ob es sich bei NFTs um ein temporäres Phänomen handelt oder ob sie neben Tourneen, Streaming-Einkünften, Merch-Verkauf und natürlich physischen Tonträgern eine nachhaltige Einnahmequelle für Musiker/innen sein werden.

Fest steht jedoch, dass zahllose Menschen immer noch an das Potential von virtueller Kunst und exklusiv als NFT-zugänglicher Musik glauben. Zwar schrauben viele Unternehmen, wie z.B. Meta, ihre NFT-, Metaverse- und Kryptoprojekte gerade zurück, dies kann jedoch auch auf die allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit inkl. hoher Zinsen zurückgeführt werden, unter der gerade Tech-Unternehmen mit ihren hohen Investitionen stark leiden.

In den Augen mancher sind NFTs nur eine Randerscheinung, die schneller wieder verschwindet, als sie gekommen ist. Andere glauben an die Technologie und nutzen die aktuelle Marktunsicherheit in der Hoffnung, hier im richtigen Moment einzusteigen. Vermutlich schadet es nicht – enstsprechendes Interesse vorausgesetzt –, auch als kleinere/r Künstler/in das Thema im Auge zu behalten, ohne seine ganze musikalische Zukunft auf NFTs und das Metaverse zu verwetten. 

Mutige können die aktuelle Phase nutzen, um erste Kompetenzen aufzubauen, die sich in naher Zukunft nutzbar machen lassen. So oder so bleibt das Thema spannend, da sich vor allem die großen Musik- und Streamingkonzerne nach wie vor intensiv mit dem Thema Metaverse beschäftigen.

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