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Die Qual der Wahl

Endlich aufnehmen: Acht Tipps, wie ihr das richtige Tonstudio für euer Recording findet

Tipps für Musiker und Bands von Reinhard Goebels
veröffentlicht am 16.08.2019

tonstudio recording

Endlich aufnehmen: Acht Tipps, wie ihr das richtige Tonstudio für euer Recording findet

Das passende Tonstudio zu finden, ist nicht immer leicht. © Pixabay via Pexels / Lizenz: CC0

In Deutschland gibt es unzählige Tonstudios unterschiedlicher Größen und Professionalisierungsgrade. Wir haben einige Kriterien zusammengestellt, anhand derer ihr feststellen könnt, ob ein bestimmtes Studio für euch die richtige Wahl ist.

Eine Musikproduktion kann auf unterschiedlichste Weise zustande kommen. Ihr könnt alles komplett in Eigenregie durchführen, das Recording, Mixing und Mastering vollständig in die Hände eines Studios geben, oder beliebig dazwischen kombinieren. Auch könnt ihr zum Beispiel in einem Studio aufnehmen und mischen, anschließend aber woanders mastern lassen.

Wir gehen hier davon aus, dass ihr euch dafür entschieden habt, euch für alle Arbeitsschritte an ein Studio zu wenden. Im Folgenden findet ihr einige Tipps, was ihr bei der Auswahl eines passenden Studios beachten könnt. Der Einfachheit halber sprechen wir dabei durchgehend vom Tontechniker als eurem Ansprechpartner.

1. Hört euch um

Um geeignete Kandidaten zu finden, kann es sich lohnen, wenn ihr euch zunächst in eurem musikalischen Umfeld umhört. Haben euch persönlich bekannte Bands in der jüngeren Vergangenheit einen Song oder ein Album veröffentlicht, dessen Sound euch überzeugt? Dann sind diese natürlich ein perfekter Anlaufpunkt. Sprecht mit der Band über ihre Erfahrungen, um einen ersten Eindruck zu erhalten.

Recherchiert im Internet, um mehr über ein Studio herauszufinden und seht euch an, welche Bewertungen es von Kunden erhalten hat. Musikerforen bieten sich natürlich auch an, um Empfehlungen einzuholen.

2. Beginnt in der Nähe

Wenn euch ein weit von eurem Wohnort entfernt liegendes Studio ganz besonders überzeugt oder euch der Abstand zum alltäglichen Umfeld bei den Aufnahmen gut tut, kann es Sinn machen, eine größere Distanz zurückzulegen.

Die Nachteile liegen jedoch auf der Hand: Die Reisekosten steigen, zusätzlich kommen ggf. Kosten für die Unterbringung hinzu – Geld, das im Falle eines nahegelegenen Studios in eure Aufnahmen fließen könnte. Stellt sich nach Abschluss der Aufnahmen heraus, dass noch etwas hinzugefügt oder ausgebessert werden soll, müsst ihr die Strecke womöglich erneut zurücklegen.

Recherchiert daher erst einmal, welche Studios sich bei euch in der Nähe befinden. Unter anderem könnt ihr in unserem Verzeichnis suchen.

3. Klärt die Kosten

Plant ihr lediglich, ein Demo aufzunehmen, wollt dies aber nicht in Eigenregie tun, reicht euch vermutlich ein junges, kleines Studio mit einfacher Ausstattung, das euch einen vergleichsweise günstigen Preis anbieten kann, oder vielleicht sogar das kleine Home-Studio eines Musikerkollegen.

Wenn ihr ein Studioalbum veröffentlichen möchtet, sehen die Ansprüche vermutlich etwas anders aus. Gute Studioaufnahmen haben ihren Preis. Studiomiete, Moderne Geräte und Software, akustische Optimierung und nicht zuletzt Qualifikation und Erfahrung des Tontechnikers – all das fließt neben der reinen Arbeitszeit in die Kosten ein.

Vermutlich habt ihr euch innerhalb eurer Band zumindest ungefähr darauf geeinigt, wie groß das Budget für die Aufnahme sein soll. Bringt ihr die Tages- oder auch Stundensätze eines Studios in Erfahrung, könnt ihr euch in etwa ausrechnen, ob und auf welche Weise sich euer Projekt mit dem vorhandenen Budget in diesem Studio realisieren lässt. Versucht außerdem herauszufinden, was ein Tagessatz letztlich konkret beinhaltet und wie kulant damit verfahren wird. Wird eine Arbeit am Ende des Tages sinnvoll abgeschlossen, ohne dass sofort Zusatzkosten entstehen, wenn die Zeit etwas überschritten wird oder lässt der Tontechniker nach Ende der Studiozeit “den Hammer fallen”?

Denkt zudem immer daran, dass ihr nicht nur für die reine Aufnahmezeit bezahlt; der Aufbau, den ihr in der Regel auch bezahlen müsst, kann mehrere Stunden schlucken. Für Mixing und Mastering muss mindestens ein weiterer Tag berechnet werden. Erklärt dem Techniker möglichst detailliert euer Vorhaben und lasst euch seine Einschätzung geben, wie viel Zeit euer Projekt in Anspruch nehmen wird. Bedenkt dabei, dass auch der erfahrenste Tontechniker sicherlich bessere Ergebnisse erzielen wird, wenn ihm für ein Projekt mehr Zeit zur Verfügung steht.

Eine andere Vorgehensweise wäre, euer Budget zu nennen und euch dafür ein passendes Angebot machen zu lassen. Möglicherweise stellt ihr fest, dass ihr euren ursprünglichen Plan damit nicht ganz umsetzen könnt, seid von dem Studio jedoch so überzeugt, dass ihr einen Kompromiss eingeht (etwa: nur drei Songs für eine EP aufnehmen anstatt der anvisierten fünf oder sechs).

4. Checkt die Referenzen

Referenzproduktionen sind sicher einer der wichtigsten Anhaltspunkte, um herauszufinden, ob ein Studio für euch geeignet ist. Ein Studio kann groß oder klein sein, über Unmengen an modernem Equipment oder eine weniger üppige Ausstattung verfügen – entscheidend ist letztlich, was die Person hinter den Reglern daraus macht und ob der Sound euren Vorstellungen entspricht.

Durch Referenzen lässt sich ein Eindruck gewinnen. Diese findet ihr in der Regel auf der Webseite des Studios. Nicht jeder Studiobetreiber hält jedoch seine Website immer up to date. Werdet ihr daher eingeladen, euch vor Ort Referenzen anzuhören, bedenkt dabei, dass dies unter den optimalen Bedingungen des Studios geschieht und nicht dem Klang auf einer heimischen Anlage entspricht.

Umso größer die musikalische Ähnlichkeit des Referenzmaterials zu eurer Musik ist, desto besser könnt ihr eine Vorstellung davon gewinnen, wie eure Aufnahmen letztlich klingen könnten. Behaltet jedoch im Hinterkopf, dass die Referenzen sicherlich unter optimalen Bedingungen entstanden sind – d.h. sowohl mit einer erfahrenen und sehr gut vorbereiteten Band als auch mit einem Budget, das genügend Zeit beinhaltet, um die Aufnahme zu optimieren. Bei einem kleineren Budget und weniger Zeit müsst ihr mit Abstrichen rechnen. Bei größeren Studios mit mehreren Technikern stellt sich zudem die Frage, wer für die Referenzaufnahme verantwortlich ist.

Wenn jedoch ein Studio keine Referenzen in eurem Genre, dafür aber hochklassige Aufnahmen in artverwandter Musik aufweisen kann, kann sich die Kontaktaufnahme dennoch lohnen. Möglicherweise wird sich der Tontechniker in diesem Fall besonders ins Zeug legen, um euch anschließend als Referenz verwenden zu können. Versucht im Gespräch herauszufinden, welchen Zugang und welches Verständnis er zu eurer Musik hat. Zu diesem Zweck könnt ihr euch auch gemeinsam vor Ort eure bisherigen Aufnahmen anhören.

5. Lernt euch kennen

Wichtig bei der Studioarbeit: Die Chemie muss stimmen, sowohl was eure musikalischen Vorstellungen als auch die Persönlichkeit und Arbeitsweise angeht. Grundsätzlich solltet ihr immer ein Gespräch vor Ort vereinbaren, bevor ihr euch für ein Studio entscheidet. Der Tontechniker muss nicht gleich euer Freund fürs Leben werden. Es sollte aber jemand sein, mit dem ihr produktiv arbeiten könnt und der euch offen, ehrlich und mit Respekt entgegentritt. Das letzte, was ihr während Studioaufnahmen gebrauchen könnt, sind persönliche Konflikte.

Achtet zudem darauf, ob er euch zuhört und eure Vorstellungen und Wünsche ernst nimmt oder am Ende lieber sein eigenes Ding machen will. Ein erfahrener Tontechniker kann euch wertvolles Feedback und Unterstützung geben, sollte jedoch sein Ego zu Hause lassen. Künstler haben außerdem häufig mit dem Druck einer Aufnahmesituation zu kämpfen. Ein guter Tontechniker zeichnet sich daher auch durch Einfühlsamkeit aus.

Sprecht auch über die gewünschte Arbeitsweise und darüber, wie viel Input ihr erhalten möchtet. Habt ihr genaue Vorstellungen, die möglichst auch genauso im Studio umgesetzt werden sollen, oder seid ihr offen für Feedback oder Vorschläge etwa zu Arrangements, Instrumentenwahl und dergleichen?

6. Verschafft euch einen Eindruck über die Räumlichkeiten

Inwiefern die Größe eines Aufnahmeraums eine Rolle spielt, hängt davon ab, was ihr vorhabt. Wollt ihr eure Instrumente gleichzeitig aufnehmen, benötigt ihr ausreichend Platz, damit die gesamte Band ungestört spielen kann. Sollen dabei mehrere Instrumente mikrofoniert werden, habt ihr in engeren Räumen potentiell ein stärkeres Übersprechen (Bleeding), bei dem beispielsweise das Gitarren-Mikrofon das Schlagzeug ungewollt mitaufzeichnet. Ist der Raum größer und es kommen akustische Barrieren zum Einsatz oder können gar mehrere Räume gleichzeitig verwendet werden, lässt sich das Bleeding minimieren bzw. gänzlich verhindern.

Anmerken sollte man hierbei jedoch dass sich dieses Problem auch durch moderne Technik lösen lässt. Bei E-Gitarren etwa lässt sich das Bleeding mit Hilfe von Ampmodeling umgehen, da hierbei keine Mikrofonierung notwendig ist. Besteht ihr auf den Sound eures Röhrenamps auf der Aufnahme, kann das aufgezeichnete Signal anschließend diesem einfach über Reamping zugeführt und dann mit einem Mikrofon aufgezeichnet werden. Anstelle eines “echten” Schlagzeugs können zum Beispiel auch ein E-Drum-Set Verwendung finden.

Die akustischen Eigenschaften eines Raumes spielen für eure Aufnahmen eine gewichtige Rolle. Bei einem sehr kleinen Raum mit niedrigen Decken etwa werden Drums ohne starke Nachbearbeitung kaum wirklich mächtig klingen. Zudem sind die Räume professioneller Studios akustisch optimiert und beispielsweise durch Wand- und Deckenabsorber sowie Bassfallen ausgestattet. Sowohl größere und optimierte Räume als auch bessere Ausstattung bedeuten höhere Kosten für das Studio und damit in der Regel auch höhere Kosten für euch.

7. Checkt die Ausstattung

Ein Studio muss möglichst über alle technischen Voraussetzungen verfügen, um die Aufnahme auf die von euch gewünschte Art und Weise zu realisieren. So sollten etwa genügend hochwertige Mikrofone für verschiedene Einsatzzwecke vorhanden sein. Für den Gesang stehen bestenfalls mehrere Optionen zur Verfügung. Viele Studios verfügen zudem über eigene Verstärker oder auch Instrumente, sodass ihr nicht alles selbst anschleppen müsst.

Kennt ihr euch ein bisschen in der Materie aus, lasst euch gerne das Studio-Equipment erklären. So könnt ihr auch einen Eindruck erhalten, wie kompetent der Tontechniker damit umzugehen weiß. Ansonsten seid ihr sicherlich nicht schlecht damit beraten, euch auf eure Ohren zu verlassen. Ohnehin wird ein guter Techniker mit mittelmäßigem Equipment viel bessere Ergebnisse erzielen als ein schlechter Techniker mit High-End-Ausstattung. Lasst euch daher auch nicht von teurem Equipment blenden.

8. Fühlt euch wohl

Die Atmosphäre eines Studios ist stets ein wichtiges Kriterium für eine gedeihliche Zusammenarbeit. Da Musiker bei Studioaufnahmen häufig unter Druck stehen, solltet ihr euch in den Räumlichkeiten ansonsten wohlfühlen. Manche Studios geben sich viel Mühe, um eine anregende, kreative Atmosphäre zu schaffen. Auch Rückzugsmöglichkeiten können hilfreich sein - so mancher Sänger freut sich sicherlich über einen Raum, in dem er sich ungestört warmsingen kann.

Die goldenen drei

Das größte Gewicht bei der Entscheidung für oder gegen ein Studio haben womöglich die folgenden drei der oben beschriebenen Faktoren:

  • Stimmt die Chemie (Persönlichkeit, Arbeitsweise und musikalische Vorstellungen)?
  • Entsprechen die Referenzsongs euren Vorstellungen?
  • Ist das Preis-Leistungsverhältnis für euch angemessen?

Doch es gibt viele verschiedene Dinge, die die Entscheidung letztlich beeinflussen können. Wir möchten von euch gerne wissen: Worauf legt ihr bei der Auswahl eines Studios besonders großen Wert?

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