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Youtube, GEMA und das liebe Geld

GEMA-Mitglieder treffen wichtige Weichenstellung: Heiße Diskussion um die GOP-Verteilung erwartet

Spezial/Schwerpunkt von Markus Rennhack
veröffentlicht am 15.05.2018

gema youtube musikverwertung

GEMA-Mitglieder treffen wichtige Weichenstellung: Heiße Diskussion um die GOP-Verteilung erwartet

GEMA, Berlin. © michaeljayfoto / 123RF

Vom 15. bis zum 17. Mai tritt in Berlin die GEMA zur jährlichen Hauptversammlung zusammen. Zu den spannenden Themen zählt die Frage, wie mit den Lizenzgeldern aus gemischten Online-Plattformen (GOP) umgegangen werden soll.

Bei der diesjährigen Mitgliederversammlung der GEMA stehen nicht nur Aufsichtsrats- und Delegiertenwahlen an, sondern es auch spannende Themen angefasst. Unter anderem wird die GEMA beschließen, wie künftig mit den GOP-Lizenzgeldern verfahren wird. Gemeint ist ganz akut Youtube, aber natürlich auch sämtliche anderen Plattformen, auf denen mehr oder weniger unkuratiert Inhalte von Usern hochgeladen werden.

Markus Rennhack – Experte für Urheberrechtsthemen und Verwertungsgesellschaften, Komponist, Musiker bei unloved und Verlagsmitarbeiter bei Kick the Flame – blickt für uns auf die wichtigsten Aspekte dieser Thematik.

"Es wird wohl heiße Diskussionen geben"

Mit dem Abschluss des Youtube-Deals ging für die GEMA das eigentliche Problem los: Wie soll man ohne brauchbare Nutzungsdaten die Millionen sachgerecht verteilen? Die alten Music- und Video-on-Demand-Tarife sind völlig untauglich, so viel war klar. Aber welche Nutzungen kann man als Analogie heranziehen?

Es hat anderthalb Jahre gedauert bis ein Kompromiss gefunden wurde: Wo keine Nutzungsdaten vorliegen, soll ein Bezug auf sämtliche von der GEMA lizenzierte Nutzungen Abhilfe leisten. Denn aufgrund der inhaltlichen Breite der bestehenden und auch in Zukunft auf den Markt drängenden GOP (darunter fallen so unterschiedliche Dienste wie Youtube, Soundcloud, Facebook, etc.) könnte ja prinzipiell alles genutzt sein. Also wird auch an alle entsprechend ihrer Marktrelevanz verteilt – definitiv der richtige Weg!

Konkret heißt das:

  1. Es wird eine reguläre GOP-Sparte geben, in der alle zuordenbaren Nutzungen inkasso- und werknutzungsgerecht vergütet werden. Das sind im Moment nur sehr wenige Nutzungen.
  2. Für die überwiegende Zahl der nichtzuordenbaren Nutzungen wird es eine Sparte GOP-Zuschlag geben.

Basis dieses Zuschlags sind sämtliche Ausschüttungen in allen anderen Sparten, die der Urheber im Abrechnungsjahr erhalten hat. Wirklich alle? Nein, nicht ganz. Herausgerechnet werden Auslandstantiemen (mit Ausnahme von Österreich und Schweiz, sofern die GEMA wie im Falle Youtube dort mitlizenziert hat) und auch Erträge aus Werbenutzungen werden nur vollständig herangezogen, wenn die betreffende GOP hierfür auch eine Lizenz miterworben hat.

Soweit, so nachvollziehbar. Überraschend ist allerdings eine weitere Ausnahme, die die GEMA bei der Präsentation des aktuellen Entwurfs der Verteilungsregel genannt hat:

Auch Erträge in der Sparte M ("Öffentliche Wiedergabe von Unterhaltungsmusik mittels mechanischer Vorrichtungen") sollen herausgerechnet werden. Begründet wird das leider mit zwei falschen Behauptungen: M sei ja nur Zuschlag ohne Mehrwert für die Repertoireabdeckung und außerdem würde damit die Wertung der U-Ausschüttung unsachgemäß verdoppelt.

Beides ist nicht haltbar, weswegen es wohl heiße Diskussionen geben wird.

Inwieweit betrifft das uns selbstaufführende Musiker im Underground?

Enorm! Wir haben in der Regel nur drei signifikante Tantiemeneinkünfte:

  • PHONO (d.h. Tantiemen aus der Herstellung unserer Platten),
  • U (d.h. Livetantieme)
  • und eben M (In eurer Einzelaufstellung als U-Segment 14 ausgewiesen, bzw. als Sparte U2).

Die in M verteilten Gelder stammen aus mechanischer Wiedergabe und machen bei U-Aufkommen überwiegend im Niedriginkassosegment (aber eben nur dort) nicht selten tatsächlich mehr als 50% des gesamten gemeinsamen U- und M-Aufkommens aus. Pi mal Daumen kann man für viele Underground-Künstler schätzen, dass M die Hälfte ihrer jährlichen GEMA-Tantiemen ausmacht.

Euer Einkommen soll also nur zur Hälfte anerkannt werden, wenn es um die Verteilung der Gelder geht, die auf euren Hauptvertriebswegen von der GEMA eingesammelt werden.

Richtig fies wird es, wenn man sich vor Augen hält, wo das in M verteilte Geld herkommt: Hier werden 40% der Vergütung für mechanische Wiedergabe (außer Disko) verteilt. Die übrigen 60% gehen in die Sparte R, also den Mainstreamrundfunk. Diese 60% werden NICHT aus der Sparte R herausgerechnet. Was bei uns also nicht mitberechnet werden soll – aus welchen Gründen auch immer – ist in der Rundfunkausschüttung offenbar völlig sachgerecht. Obwohl es eher ungewöhnlich sein dürfte, wenn Radioprogramm auf Onlineplattformen gestreamt wird, Tonträger hingegen en mass auf Youtube zu finden sind. Immerhin ist Youtube ein regulärer Digitalvertriebskanal.

Die GOP-Zuschlagsverteilung wird übrigens für jede Sparte auf 25% gedeckelt. Damit soll verhindert werden, dass ein zu krasses Missverhältnis zwischen den Sparten entsteht. Wenn neben U auch M berücksichtigt wird, dann werden die beiden Sparten gemeinsam in die Deckelung laufen. Das ist okay. Es bedeutet dann aber vor allem, dass das Gewicht der unteren Inkasso-Segmente gegenüber den hohen etwas mehr gestärkt wird. Auch das ist sehr gut, denn während die Aufführungen wegen unterschiedlicher Ticketpreise auch unterschiedlich viel Wert sind, gibt es diese Analogie online nicht. Jeder Klick ist gleich viel wert.

Hoffen wir also, dass der Antrag nur modifiziert angenommen wird und M drin bleibt!

Unternehmen

Kick The Flame

Label in 04155 Leipzig

Artists

unloved

alternative, progressive, trip-rock aus Leipzig

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