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Von der Initiative Musik bis zu ETEP

Über Grenzen hinweg live spielen: die wichtigsten Aufgaben von Exportbüros

Spezial/Schwerpunkt von Daniel Nagel
veröffentlicht am 17.09.2019

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Über Grenzen hinweg live spielen: die wichtigsten Aufgaben von Exportbüros

Die Berliner Band Gurr wurde von der Initiative Musik gefördert. © Dan Taylor

Die Musik eines Landes im Ausland bekannt zu machen – das ist die Aufgabe eines Exportbüros. Der folgende Artikel beleuchtet verschiedene Aspekte der Exportförderung für Musik auf deutscher und europäischer Ebene.

Exportförderung im Allgemeinen ist Teil der Wirtschaftsförderung. Während die Förderung der stark auf den Export ausgerichteten Industrie durch Zuschüsse, Bürgschaften und Kredite in Deutschland eine lange Tradition hat, spielte die Förderung des Exports von Popmusik (im Gegensatz zu klassischer Musik) hierzulande lange Zeit keine oder nur eine geringe Rolle.

In anderen Ländern existieren Exportbüros für Popmusik teilweise schon seit Jahrzehnten, in Deutschland erfolgte die Gründung der Initiative Musik hingegen erst 2007. Die Initiative Musik ist nicht die einzige, aber die wichtigste Organisation, die sich darum bemüht, die Verbreitung deutscher Popmusik international zu fördern.

Mehr als Bands auf Reisen schicken

Eine klassische Aktivität von Exportbüros besteht in der Organisation von Auftritten bei Showcase-Festivals. So ist die Initiative Musik seit 2010 dafür zuständig, den deutschen Auftritt beim bekannten SXSW-Festival in Austin, Texas zu organisieren. Dazu zählt der German Pavilion, ein Messestand, und der Veranstaltungsort German Haus, in dem Konzerte, Panels und andere Aktivitäten stattfinden.

Bei den wichtigen europäischen Showcase-Festivals wie dem Reeperbahn Festival in Hamburg, Eurosonic in Groningen oder The Great Escape in Brighton sind entsprechend zahlreiche europäische Exportbüros mit eigenen Showcases vertreten.

Die Initiative Musik als Beispiel

Im Gegensatz zu den meisten Exportbüros in anderen europäischen Staaten ist die Initiative Musik allerdings kein ausschließliches Exportbüro, sondern bietet auch Förderprogramme, die komplett auf Deutschland beschränkt sind wie beispielsweise die Förderung der Digitialisierung von Musikclubs.

Die Künstlerförderung der Initiative Musik besitzt ebenfalls einen doppelten Charakter, da sie sowohl für ausschließlich auf Deutschland ausgerichtete Projekte wie für solche mit internationalem Charakter beantragt werden kann. Aus diesem Grund liegen keine exakten Zahlen vor, wie hoch der Anteil der Exportförderung an der Künstlerförderung ist. Zu den geförderten Acts zählten beispielsweise Milky Chance, Meute oder Gurr.

Künstlerförderung für internationale Projekte

Im Rahmen der Künstlerförderung ist es möglich, für eine internationale Aufnahme, Promotion oder Tour (oder eine Kombination aus allem) eine Förderung zwischen 4.000 und 30.000 Euro zu erhalten (maximal 40% der Gesamtkosten). Die durchschnittliche Förderung in diesem Programm liegt bei 10.000 bis 13.000 Euro.

Bands oder Solokünstler können diese Förderung in Verbindung nur gemeinsam mit einem wirtschaftlichen Partner (Agentur, Management, Plattenfirma) beantragen, aber das bis zu dreimal. Über die Vergabe der Förderung entscheidet eine zwölfköpfigen Jury, die sich viermal im Jahr in Berlin zu Sitzungen trifft.

Die Kurztourförderung als Exportförderung

Reinen Exportcharakter besitzt die Kurztourförderung der Initiative Musik für maximal 5 Konzerte. Sie muss zwingend einen besonderen Auslandsauftritt wie einen Auftritt im Fernsehen oder bei einem Showcase-Festival beinhalten, idealerweise in einem wichtigen Musikmarkt wie Nordamerika, UK, Frankreich oder Japan. Zu den geförderten Acts zählen beispielsweise Alice Merton, Giant Rooks, Laura Carbone oder Fil Bo Riva.

Diese relativ flexible Form der Förderung kann bis zu 5 Wochen vor dem Auftritt beantragt werden und umfasst bis zu 50% der Reise- und Visakosten, gedeckelt auf maximal 600 EUR pro Bandmitglied für Reisen innerhalb Europa, oder 1.000 EUR pro Künstler für Touren außerhalb Europas. Zusätzlich werden auch bis zu 50% der Kosten für Marketing und Promotion bezuschusst, maximal 1.000 EUR pro Tour. 

Mehr Geld für längere Tourneen

Ab Herbst 2019 wird die Kurztourförderung deutlich erweitert und die Zahl der im Rahmen der Kurztour geförderten Konzerte auf 15 erhöht – was die Tour gar nicht mehr so kurz macht.

Über die Vergabe entscheidet eine Jury bestehend aus Birgit Böcher (Deutscher Musikverleger-Verband), Stefan Reichmann (Haldern Pop), Christian Gerlach (Neuland Records), Monika Roscher (Jazz-Musikerin) und Neus Lopez (Initiative Musik).

Zusammenschluss auf europäischer Ebene

Um die weltweite Verbreitung europäischer Musik zu fördern haben sich 23 europäische Exportbüros von Portugal bis Island in einer gemeinsamen Organisation mit dem Namen EMEE (European Music Export Exchange) zusammengeschlossen. EMEE ermöglicht auch das Knüpfen persönlicher Kontakte und die Bildung von Netzwerken, die den Künstlern aus verschiedenen europäischen Ländern zugute kommen sollen.

Zudem vertritt EMEE die Interessen der Musikindustrie im Hinblick auf die Förderung von populärer Musik aus kulturellen und marktwirtschaftlichen Gründen gegenüber der Europäischen Union. Für die EU-Kommission erstellt EMEE aktuell eine European Music Export Strategy, die sowohl eine Bestandsaufnahme wie auch gemeinsame europäische Lösungen beinhalten soll

Talente auf europäische Festivals bringen

Einige Exportbüros, darunter die Initiative Musik, partizipieren darüber hinaus in ETEP, dem European Talent Exchange Program. Alle Bands und Solokünstler, die in einem bestimmten Jahr auf dem Eurosonic Festival in Groningen spielen, sind automatisch Teil des ETEP-Programms, das Festival-Auftritte in anderen europäischen Ländern vermittelt. Die Auswahl der Bands trifft das Booking Team des Eurosonic.

Insgesamt sind 128 Festivals an dem Programm beteiligt, durch das allein im Jahr 2019 159 Künstler aus 27 Ländern insgesamt 371 Shows in ganz Europa gespielt haben.

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