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Kurz vor der Zulassung

Alternative zur GEMA? Meik Michalke über den aktuellen Stand der C3S

Interview von Daniel Nagel
veröffentlicht am 27.09.2019

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Alternative zur GEMA? Meik Michalke über den aktuellen Stand der C3S

Meik Michalke, geschäftsführender Direktor, hofft auf die Zulassung der C3S im Jahr 2020. © MM

Nach fast zehn Jahren erscheint das Ziel der Zulassung für die als unbürokratische Alternative zur GEMA gestartete Verwertungsgesellschaft C3S in greifbarer Nähe. Aber noch längst sind nicht alle Probleme und Fragen geklärt. Wir sprachen darüber mit Meik Michalke, einem der zwei geschäftsführenden Direktoren der C3S.

Backstage PRO: Meik, was ist deine genaue Funktion bei der C3S?

Meik Michalke: Ich bin sowohl Mitglied des Verwaltungsrats, als auch einer der zwei geschäftsführender Direktoren. Ich kümmere mich im Wesentlichen um das Tagesgeschäft. Ansonsten agiere ich auch im Rahmen des Verwaltungsrats, der demokratisch die Entscheidungen trifft bzw. des sog. Core-Teams, das die wesentliche Arbeit erledigt.

Backstage PRO: Wie lange bist du persönlich beim C3S-Projekt dabei?

Meik Michalke: Ich bin quasi seit der Stunde Null an dabei und das war etwa 2009/2010. Ich glaube, 2010 hatten wir das Meeting mit der GEMA im Deutschen Patent- und Markenamt (der Staatsaufsicht für Verwertungsgesellschaften) als Delegation von Creative Commons Deutschland. Während dieses Treffens stellte sich dann heraus, dass wir das selbst machen müssen.

Backstage PRO: Inwiefern?

Meik Michalke: Der Hauptbeweggrund des Gesprächs mit der GEMA bestand darin, diese zu überzeugen, ihren Mitgliedern die Nutzung moderner Lizenzkonzepte aus der Open Source bzw. Creative Commons-Szene zu ermöglichen. Daran hatte die GEMA allerdings kein Interesse, sodass wir unsere eigene Verwertungsgesellschaft gründen mussten. 

Backstage PRO: Wie hat sich das Projekt weiterentwickelt?

Meik Michalke: Mit der Idee der Gründung einer eigenen Verwertungsgesellschaft haben wir in ein Wespennest gestochen. Schnell wurde klar, dass sich viele Musiker eine Alternative zur GEMA wünschen. Viele Leute und GEMA-Mitglieder haben das Gefühl, nicht genug mitreden zu können oder, dass auf ihre Belange nicht eingegangen wird, weil sie nicht zu den Toplizenzgebern der GEMA zählen. Unsere Idee bestand darin, alle Probleme, die viele Leute mit der GEMA haben, dadurch loszuwerden, indem wir eine Verwertungsgesellschaft gründen, die Entscheidungen auf breiter Basis trifft.

"In der C3S hat jeder genau eine Stimme"

Backstage PRO: Wie genau seid ihr das angegangen?

Meik Michalke: Wir haben beschlossen die C3S als Europäische Genossenschaft zu gründen, in der vom Gesetz aus jedes ordentliche Mitglied genau eine Stimme in der Mitgliederversammlung hat. Es ist völlig egal, wie viel Umsatz du machst oder wie viele Teile du an der Genossenschaft besitzt, du hast genau eine Stimme. Wir wollen damit den Beweis antreten, dass dieses Mitbestimmungskonzept bessere Ergebnisse liefert. Die Mitglieder können, wenn sie vernünftig informiert werden, alle Entscheidungen einfach gemeinsam treffen wodurch weniger Reibungsverlust entsteht, als wenn man einen elitären Kreis entscheiden lässt. Das Ganze gepaart mit freier Lizenzwahl und einer automatisierten Werk- und Eventregistrierung, das ist unser Ziel.

Backstage PRO: Wie ist denn der aktuelle Stand der Zulassung der C3S? Ihr müsst ja offiziell von der Aufsichtsbehörde, dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA), zugelassen werden.

Meik Michalke: In den letzten zweieinhalb Jahren haben wir stets neue Satzungsentwürfe an das DPMA geschickt, die wir nach ein paar Wochen oder Monaten vom DPMA mit Kommentaren zurück erhielten, die uns sagten, was gut ist und was so nicht geht. Nachdem wir vor einigen Monaten eine komplett neue Satzung beschlossen haben, gibt jetzt noch einen einzigen Punkt in unserer rechtlichen Struktur, in dem wir noch keine Einigung mit dem DPMA erzielt haben und dieser betrifft den Umgang mit juristischen Personen. Ursprünglich wollten wir nur tatsächliche Urheber vertreten, eben jene, die die Musik auch faktisch machen. Alle möglichen anderen Rechteinhaber wie Erben, Nachkommen oder Musikverlage wollten wir eigentlich außen vor lassen. Das DPMA hat dazu gesagt, dass wir uns nicht aussuchen können, ob wir diese Rechteinhaber vertreten, sondern sie auf Verlangen als vollberechtigte Mitglieder aufnehmen müssen. Wir haben ein paar Ideen, die wir in den nächsten Wochen ausarbeiten wollen, um diese dem DPMA nochmals vorzulegen. 

Backstage PRO: Wie geht es dann weiter?

Meik Michalke: Das DPMA ist inzwischen schon einen Schritt weiter und möchte jetzt unseren aktuellen Businessplan sehen. Deshalb sind wir gerade dabei, diesen zu aktualisieren. Den Businessplan können wir aber logischerweise erst fertigstellen, wenn wir wissen, welche Rechte welcher Personen oder juristischen Personen wir am Ende vertreten. 

Backstage PRO: Auf welchen Annahmen basiert euer Businessplan?

Meik Michalke: Der wichtige Punkt ist, dass man sich nicht in die Tasche lügt, sondern einen plausiblen Plan vorlegt, der verschiedene Szenarien abdeckt. Wir gehen davon aus, dass die Verwertungsgesellschaft wächst, sobald sie zugelassen ist. Es geht im Wesentlichen darum, wie groß dieses Wachstum ist, welche Tarifbereiche wir abdecken und wie groß die Nachfrage für unser Repertoire ist. Um diese Frage zu klären, haben wir unter unseren ungefähr 1000 Mitgliedern vor einem Jahr eine Datenerhebung gemacht. Einige sind aktuell noch Mitglied bei der GEMA und konnten uns daher mitteilen, wie viel ihnen ihr Repertoire eingebracht hat. Für diejenigen, die noch nicht Mitglied einer Verwertungsgesellschaft waren, konnten wir durch verschiedene Hochrechnungen ermitteln, welche wirtschaftliche Relevanz in ihrem Repertoire steckt. 

"Das größte Problem ist die Finanzierung des Starts"

Backstage PRO: Wann stellst du dir vor, die Gründung abzuschließen? 

Meik Michalke: Wir werden das Projekt nicht bis in alle Ewigkeit ziehen können, denn irgendwann ist auch bei den Leuten im Team die Luft raus. Ich glaube, dass im Jahr 2020 massiv etwas passieren muss. Wir stehen sehr kurz vor einer Zulassung. Ich glaube, dass 2020 eine formelle Zulassung durch das DPMA möglich ist.

Backstage PRO: Was ist das größte Problem, das ihr bis dahin bewältigen müsst?

Meik Michalke: Das wirklich größte Problem, das wir noch lösen müssen, ist die Finanzierung des Starts. Aus Sicht des Teams ist die Zulassung nicht mehr das gravierendste Problem. Das halten wir für schaffbar. Aber sobald wir die Zulassung haben und in den produktiven Betrieb gehen wollen, müssen wir Personal einstellen, denn das ist im Ehrenamt nicht mehr machbar. Im Hinblick auf die nächsten Jahre geht es um Millionenbeträge, die wir in der Erstfinanzierung irgendwie bekommen müssen. Da wiegen wir verschiedene Optionen ab bis hin zu Fördermitteln.

Backstage PRO: Auch EU-Förderung?

Meik Michalke: Ja, auch das haben wir im Blick. Aber das hat alles immer seine Vor- und Nachteile. Vor allem, weil man bei sehr vielen Fördermöglichkeiten immer noch einen großen Anteil an Eigenkapital mitbringen muss. Selbst wenn die Förderung wahrscheinlich ist, haben wir das eigentliche Problem noch nicht gelöst, weil wir nicht wissen, wie wir den Eigenkapitalanteil erbringen sollen. Das ist dann nicht mehr durch ein Crowdfunding machbar. 

Backstage PRO: Welche Ideen oder welche Möglichkeiten habt ihr diesbezüglich?

Meik Michalke: Dazu können wir aktuell öffentlich noch keine Auskunft geben

Backstage PRO: Du hast eure Mitglieder erwähnt: Bezahlen die Mitgliedsbeiträge?

Meik Michalke: Ja. Es war klar, dass wir Geld brauchen, dass wir Geld brauchen, um die laufenden Kosten zu decken. Daraufhin haben wir dann sehr intensiv diskutiert, ob wir doch Mitgliedsbeiträge einführen sollen, die wir am Anfang ausgeschlossen haben. Glücklicherweise war unseren Mitgliedern bewusst, dass ein solches Projekt finanziert werden muss. Deswegen gibt es eine Mitgliedsbeitragsordnung, aber um keine Mitglieder zu verlieren, ist es recht leicht, sich von diesen befreien zu lassen. Es zahlen nicht alle Mitgliedsbeiträge, aber doch recht viele. Darüber hinaus erhalten wir freiwillige Zuwendungen. Es reicht auf jeden Fall gut, um über die Runden zu kommen. 

"Mit einer Ausnahme arbeiten wir alle ehrenamtlich"

Backstage PRO: Erhaltet ihr noch Förderung oder finanziert ihr euch aus den Mitgliedsbeiträgen?

Meik Michalke: Mit einer Ausnahme arbeiten wir alle ehrenamtlich. In unserer kleinen Geschäftsstelle arbeitet lediglich eine bezahlte Teilzeitkraft, deren Aufgabe in der Buchhaltung und Mitgliederverwaltung besteht. Abgesehen von der Miete verursacht auch die technische Infrastruktur Kosten. Direkte Förderung erhalten wir im Augenblick nicht, aber aktuell beginnt eine Förderung durch den Bund im Rahmen des Prototype Fund. Dieser fördert nicht uns als Organisation, aber einen Teil unserer Entwickler. Diese sind alle selbstständig und haben sich zu einem Team zusammengeschlossen, das einen Antrag beim Prototype Fund gestellt hat, der als förderungswürdig befunden wurde. In diesem Kontext wird die Eventregistrierung auch wieder als freie Software entwickelt.

Backstage PRO: Wie ist der Stand beim Registrierungsportal?

Meik Michalke: Die Arbeit an der Werkregistrierung ist soweit vorangeschritten, dass wir kurz davor stehen, den Betatest auf die Mitglieder auszuweiten, nachdem wir bisher nur intern getestet haben. Mitglieder können dann ihre Werke registrieren, damit diese in einer Datenbank landen. Dabei wird automatisch das Audio-Fingerprinting erstellt, damit wir auch die notwendige Datenbasis haben, um bei anderen Diensten feststellen zu können, ob wir für diese Werke verantwortlich sind. Die Eventregistrierung ist der andere Arm, der dann an diese Datenbank angefügt wird, bei der sich dann die Lizenznehmer anmelden können, um beispielsweise ein Konzert abzurechnen. Im nächsten halben Jahr sollte ein Prototypenstatus stehen, da die Eventregistrierung bisher nur als Konzept existiert.

Backstage PRO: Es ist logisch, dass Urheber ihre Werke bei euch registrieren müssen. Das Eventregistrierungsportal richtet sich aber an die Veranstalter von Events, nicht an die Urheber. Habe ich das richtig verstanden?

Meik Michalke: Die Idee ist, dass sowohl Veranstalter als auch Urheber Einträge sehen können. Ein Konzertveranstalter kann beispielsweise ein Konzert mit den Bands A, B und C melden. Wenn diese Bands bei uns auch einen Account haben, können sie die Veranstaltung auf ihrem Dashboard sehen. Nach der Veranstaltung kann die Band auf dem gleichen Weg mitteilen, welche Stücke sie gespielt hat. Wir können anschließend eine Rechnung an den Veranstalter schicken, da wir durch den Abgleich mit unserer Datenbank genau wissen, was abzurechnen ist. Die eingenommenen Gelder aus der Veranstaltung werden dann automatisch an diejenigen Leute verteilt, deren Werke genutzt wurden. 

Backstage PRO: Das klingt natürlich sehr gut, aber welche Motivation haben Veranstalter sich bei euch zu registrieren und Veranstaltungen einzutragen?

Meik Michalke: Es gibt den gesetzlichen Zwang eine Veranstaltung, bei der Musik genutzt wird, einer Musikverwertungsgesellschaft anzumelden. Da kann man nicht einfach sagen: "Das mache ich nicht". Das kann man machen, aber dann wird es teuer.

Backstage PRO: Das mag in der Theorie so sein. Aber in der Praxis zeigt sich, dass die Veranstalter das nicht immer machen, was auch für die GEMA ein großes Problem ist. Man kann sich vorstellen, was die Veranstalter sagen: "Jetzt habe die GEMA und noch eine Verwertungsgesellschaft am Hals. Wie soll ich das denn bewältigen?"

"Eine Zusammenarbeit mit der GEMA ist denkbar"

Meik Michalke: Wie Veranstaltungen mit mehreren Verwertungsgesellschaften nach unserer Zulassung am besten abgerechnet werden, müssen wir dann mit der GEMA klären. Wahrscheinlich hat niemand Interesse daran, das komplizierter zu machen. Aber das können wir erst lösen, wenn wir eine Zulassung haben. Vorher hat es keinen Sinn mit der GEMA an den Verhandlungstisch zu gehen.

Backstage PRO: Verstehe ich dich richtig: Ihr habt bereits überlegt, mit der GEMA zusammenzuarbeiten, vielleicht sogar eine gemeinsame Datenbank aufzubauen und möglicherweise eure Lösungen auch im Verbund mit der GEMA einzusetzen – und die GEMA würde dann das Inkasso für euch übernehmen?

Meik Michalke: Das wäre schon denkbar, ist aber nicht unsere Wunschlösung, auch wenn die GEMA  in einem früheren Interview bereits angeboten hat, das Inkasso für uns zu übernehmen. Aber möglicherweise sind die Softwarelösungen, die wir anbieten, einfach besser. Dann könnten wir das Inkasso für die GEMA bei Veranstaltungen übernehmen, die über unser Portal abgerechnet werden. Natürlich ist dafür ein Zugriff auf die Datenbank der GEMA notwendig. Ich weiß allerdings nicht, ob die GEMA überhaupt eine Datenbank mit Audio-Fingerprints für die Titel hat. Ich vermute das nicht, ich glaube, dass die das eingekauft haben, aber ich bin kein Insider. 

Backstage PRO: Stimmst du mir zu, dass in der Praxis der Zwang von Seiten der Veranstalter relativ groß werden könnte, dass die C3S und die GEMA zu einer Einigung oder zu einer Zusammenarbeit kommen?

Meik Michalke: Das sind die Fragen, die uns von Anfang an gestellt wurde: Wie soll das am Ende laufen? Habe ich dann am Ende doppelte Arbeit? Unsere Idee ist, dass wir uns entweder mit der GEMA darauf einigen, dass es eine dritte Stelle gibt, die von uns beiden gemeinsam unterhalten wird oder alternativ, dass man sich als Veranstalter aussuchen kann, ob man mit der einen oder der anderen Verwertungsgesellschaft abrechnen will und diese dann untereinander klären, wer von dem gezahlten Geld wie viel erhält. 

Backstage PRO: Kannst du das Prinzip der Audio-Fingerprints erläutern? 

Meik Michalke: Bei unserer Werkregistrierung lädt man eine Aufnahme eines Musikstücks auf den Server hoch. Auf dem Server wird wird das Musiksignal von einem Algorithmus stark vereinfacht, sodass nur noch die wesentlichen hörbaren Unterschiede dieses Stückes übrig bleiben. Man erhält dann Hash-Summen ähnelnden Zahlenkolonnen für alle einzelnen Abschnitte eines Musikstücks. Diese drücken den auditiven Fingerabdruck des Musikstücks aus. Wenn ein Musikstück irgendwo läuft, kann man vor Ort die gleiche Berechnung anstellen und diese Audio-Fingerabdrücke an unseren Server schicken um herauszufinden, ob der Server dieses Musikstück kennt. Die Algorithmen müssen dafür so robust sein, dass die Klangqualität dabei keine große Rolle spielt. Das digitale Signal wird üblicherweise absichtlich auf eine viel geringere Qualität runtergerechnet, so daß das Ergebnis quasi immer gleich klingt, egal wie gut das Ausgangssignal war. Da stört es dann auch nicht, wenn Störgeräusche drin sind. 

Backstage PRO: Wo sollen die Musikstücke erfasst werden?

Meik Michalke: Eine Möglichkeit wäre beispielsweise einen Live-Stream einer Radiostation zu analysieren. Das ist technisch nicht besonders aufwendig.

Backstage PRO: Das ist ja ähnlich wie bei Shazam.

"Es wird preislich attraktiv sein, die automatische Erkennung von Musik zu nutzen"

Meik Michalke: Shazam ist ja genau das, ein Audio-Fingerprinting-Dienst. Genau das machen wir mit allen Musikstücken, die bei uns per Audiodatei registriert werden. Wir verfügen über eine Datenbank, die wir mit allen möglichen Tariftypen verknüpfen, die wir später anbieten werden. Live-Konzerte sind schwierig, deshalb werden dort anfangs noch Listen notwendig sein, aber diese werden im Portal klickbar sein. Für die meisten Mitglieder geht es darum, ihre eigenen Musiktitel zu melden und diese haben sie vorher bereits registriert, daher ist das nicht kompliziert. In Clubs oder Diskos ist es durchaus vorstellbar, dass wir entweder über Schnittstellen zu den Geräten arbeiten oder mit einem Mikro an den Lautsprechern die Musik live analysieren.

Backstage PRO: Dürft ihr das? Auch wenn der Clubbesitzer das ablehnt?

Meik Michalke: Es wird preislich attraktiver sein, die automatisierte Erkennung der Musikstücke zu nutzen, als darauf zu verzichten. Dadurch haben wir auch weniger Arbeit und müssen nicht herausfinden, woher das eingenommene Geld einer Nutzung stammt und müssen keine aufwendigen Statistiken betreiben, um das zu verrechnen. Wer unseren Fingerprinting-Dienst nutzt, arbeitet einfach günstiger. Die Urheber haben aber auch ein gesetzliches Recht darauf, fair vergütet zu werden, wenn ihre Werke genutzt werden. Es gibt einen rechtlichen Anspruch auf Mitteilung, wenn ihre Werke genutzt werden. Wenn die Lizenznehmer eine andere Idee haben, wie sie uns dies mitteilen wollen, lässt sich sicher darüber reden. Aber ich glaube, dass die meisten von sich aus ein Interesse haben, etwas zu nutzen, das wir ohnehin anbieten. 

Backstage PRO: Wie ist das mit widerspenstigen Leuten, die nicht die Chancen des Systems sehen und stattdessen nur versuchen, ihren Gewinn zu maximieren?

Meik Michalke: Zunächst gehen wir davon aus, dass die allermeisten Veranstalter gar kein Problem damit haben. Einzelne übersehen aber vielleicht doch, dass das Geld an unterschiedliche Leute geht. Es ist nicht zwingend so, dass diejenigen, die die Musik komponiert und getextet haben auch diejenigen sind, die sie dann auf der Bühne zum Besten geben. Die Aufführung ist also nicht immer schon fair abgegolten, wenn nur die Gage stimmt. 

Backstage PRO: Habt ihr auch vor, Interpreten aufzunehmen oder nur Urheber? Da gab es in der Vergangenheit nicht ganz eindeutige Aussagen.

Meik Michalke: Das ist noch nicht fertig ausdiskutiert. Die Alternative wäre das wie die GEMA über die GVL zu machen, aber das haben wir noch nicht entschieden. 

Backstage PRO: Wie wollt ihr eure Tarifstruktur gestalten?

Meik Michalke: Es gibt eine Tarifkommission, die sich damit beschäftigt. Diese unterbreitet der Generalversammlung Vorschläge und die Generalversammlung beschließt diese Tarife daraufhin. Was die Kommission bisher ausgearbeitet hat, nennen wir intern scherzhaft "die Weltformel". Das ist eine kurze Gleichung, die wir für alle Tarife zur Grundlage nehmen werden. Diese Formel enthält Größen wie z. B. Relevanz der Musik für eine bestimmte Nutzung oder den geldwerten Vorteil, den man bei der Nutzung dieser Musik hat. Dieser wird dann jeweils mit unterschiedlichen Gewichten belegt und bestimmt dann den jeweiligen Tarif für die Art der Nutzung. 

Backstage PRO: Ihr habt also keine Einzeltarife wie die GEMA, sondern einen Grundtarif, der immer mit einem Faktor versehen wird, um ihn an die entsprechende Nutzung anzupassen. Habe ich das einigermaßen verstanden?

Meik Michalke: Ja, das ist die Idee. Wir werden einzelne Tarife anbieten z. B. wenn man Musik für das Internet braucht, dann soll man den Internettarif auswählen können. Aber wenn man sich die Tarife ansieht, sieht man, dass es immer die gleiche Formel mit unterschiedlichen Gewichtungen ist.

Backstage PRO: Müssen diese Tarife noch vom DPMA genehmigt werden?

Meik Michalke: Eine Genehmigung gibt es meines Wissens nach nicht. Die Tarife müssen aber angezeigt werden. Das DPMA kann von sich aus sagen, so geht das nicht. Aber ich glaube, es müsste sich erst jemand über einen Tarif beim DPMA beschweren, damit das DPMA dann einschreitet. Aber an diesem Punkt sind wir noch nicht. 

"Die Vorteile der C3S sollen struktureller Natur sein"

Backstage PRO: Ihr wollt ja möglichst viel Repertoire gewinnen, um hohe Einnahmen zu erzielen. Wie wollt ihr das vorantreiben?

Meik Michalke: Am Ende muss sich unser Konzept durchsetzen. Wir bauen darauf, dass die Services, die wir anbieten durch ihre Transparenz, Nachvollziehbarkeit und geringere Bürokratie von den Musikern angenommen werden. Wir wollen definitiv nicht in einen Preiskampf z. B. mit der GEMA,. Es wird Unterschiede geben, die aber darauf beruhen, wie wir unsere Tarife zusammenstellen. Ein Preiskampf würde den Urhebern schaden. Unsere Vorteile sollen struktureller Natur sein und nicht dadurch, dass wir günstiger als die GEMA sind. 

Backstage PRO: Geringere Verwaltungskosten, einfacherer Verteilungsplan, die Möglichkeit fast alles online zu erledigen und transparentere Tarife sind das die Hauptvorteile?

Meik Michalke: Ja, und dazu noch die Flexibilität der Lizenzierung. Dazu gehört auch, dass man nicht sein gesamtes Repertoire der C3S unter Vertrag geben muss, sondern bei jedem Werk bewusst entscheiden kannst, ob es in die Verwertungsgesellschaft kommt oder nicht. Das ist mit Sicherheit ein Grund für viele zu sagen, dass das attraktiver sei als mit einer Unterschrift alles abzugeben.

Backstage PRO: Angenommen, viele Urheber wären bei euch registriert und ihr würdet ähnlich wie bei Shazam das Radio sowie Internet überprüfen, zudem funktioniere auch das Disco-Monitoring in der Praxis gut, dann bliebe der große Markt des Live-Konzerts aber dennoch als Baustelle übrig. Siehst du das auch so?

Meik Michalke: Ja und nein. Es ist technisch anspruchsvoller, eine Live-Darbietung eines Musikstücks durch einen Algorithmus erkennen zu lassen. Das ginge auch, aber die meisten Verfahren sind patentgeschützt und nur durch entsprechende Lizenzierungen zu bekommen. Deshalb haben wir an dieser Stelle gesagt, dass wir den Live-Markt nicht jahrelang links liegen lassen, bis wir das technisch besser machen. Wir machen es auf die etablierte Weise und schauen später, wie wir es optimieren können. 

Backstage PRO: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!

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