Dunkle Wolken am Festivalhimmel
Bericht zur europäischen Festival-Szene: Wirtschaftlich gesund, aber Preisentwicklung ausgereizt
© Josh Sorenson via Pexels
Nachdem die Ticketpreise 2017 stabil geblieben waren, war 2018 ein erneuter Anstieg um immerhin 8,3 Prozent zu verzeichnen: Festivalbesucherinnen und -besucher in Europa zahlten im Durchschnitt 178 Euro für ein Festivalticket.
Von den 105 befragten Festivals, die finanzielle Details offen legten, gaben 44 an, die Preise von 2017 auf 2018 nicht erhöht zu haben, zwei haben sie sogar gesenkt. Die Mehrzahl von 59 Festivals (56,2 Prozent) musste den Eintritt jedoch erhöhen.
Entfremdung
Steigende Gagen für Künstlerinnen und Künstler sowie Produktionskosten treiben die Tickepreise in die Höhe.
Für Eric van Eerdenburg (Mojo Concerts) stellt dieser Kostenanstieg eine akute Gefahr für Festivals dar: Er befürchtet, dass zu hohe Ticketpreise im schlimmsten Fall die jüngere Generation der Musikfans entfremden.
Tatsächlich konnte 2018 im Jahresvergleich ein leichter Einbruch der Besucherzahlen von Musikfestivals um durchschnittlich 2,7 Prozent verzeichnet werden. Während 2017 53 Prozent der befragten Festivals ausverkauft waren, sank diese Zahl 2018 auf 45 Prozent.
18 Prozent der Befragten gaben außerdem einen Rückgang der Ticketverkäufe an.
Zahlreiche Herausforderungen
Die Gründe für den Rückgang der Ticketverkäufe sind komplex und wohl nicht allein durch den Preisanstieg bedingt. Viele Veranstalterinnen und Veranstalter geben an, dass die teils katastrophalen Ereignisse von 2017 – gerade wetterbedingte Ausfälle und die akute Terrorgefahr – noch immer Auswirkungen auf das Geschäft hätten.
Um gegen eventuelle terroristische Anschläge gewappnet zu sein, mussten viele Festivals ihre Sicherheitsbedingungen anpassen. Dies stellt je nach Größe einen durchaus immensen finanziellen und organisatorischen Aufwand dar. Außerdem ist es gerade für größere Festivals u.a. problematisch, Sicherheitspersonal in ausreichender Zahl bereitzustellen.
Übersättigung
Zu den weiteren aktuellen Themen, die die Festivalbranche derzeit beschäftigen, gehört beispielsweise auch die Frage nach einer Verringerung des ökologischen Fußabdrucks der eigenen Veranstaltungen.
Auch die Übersättigung mit Festivals ist, gerade ein Deutschland, ein wachsendes Problem: Fruszina Szép von Lollapalooza Berlin gibt an, dass es hierzulande einfach zu viele Festivals gibt. Es wird zunehmend schwieriger, sich als einzigartig und kreativ zu gerieren und den Besucherinnen und Besucherinnen eine wirklich einzigartige Erfahrung zu bieten.
In unserem Artikel "Weshalb geraten viele Festivals in die Krise?" beleuchten wir einige dieser kritischen Punkte für die Festivals noch ausführlicher.
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