Die Billboard-Alternative
Der Rolling Stone veröffentlicht eigene Charts – doch sind die Charts heute noch relevant?
Die Rolling Stone Charts am 5. Juli 2019. © Rolling Stone (Screenshot)
Der Rolling Stone schreibt in seiner Ankündigung, dass Charts auch heutzutage noch ein unverzichtbares Werkzeug zur Messung der Popularität einer Künstlerin bzw. eines Künstlers seien. Insbesondere in Zeiten sich immer stärker diversifizierender Hörgewohnheiten seien diese von besonderer Wichtigkeit.
Plattformgebundene Charts wie die von Apple Music oder Spotify bieten zwar tagesaktuelle Informationen zu den Hörgewohnheiten, sind aber notwendigerweise auf die eigenen Hörerinnen und Hörer limitiert. Plattformübergreifende Charts wie die des Branchenblattes Billboard hingegen bieten lediglich wöchentlich aktualisierte Daten, die noch dazu nicht immer komplett durchschaubar sind – was erst kürzlich wieder für Kritik an Billboards Informationspolitik sorgte.
Aktualität als Alleinstellungsmerkmal
Der Rolling Stone richtet sich mit seinen eigenen Charts deutlich gegen Billboard, indem er nicht nur die Berechnungsbasis der Platzierungen von vornherein öffentlich macht, sondern auch tagesaktuelle Charts anbietet. Bereitgestellt und ausgewertet werden die Daten von dem Unternehmen Alpha Data (ehemals BuzzAngle).
Ziel der Charts ist es, detaillierte, interaktive und vor allem aktuelle Einblicke in die derzeitigen Spitzenpositionen der populären Musik zu bieten – ob für Musiker, Verbraucher oder Labels.
Die Frage nach der Relevanz
Während immer häufiger Kritik an den undurchsichtigen Bewertungskriterien Billboards laut wird, und der Rolling Stone diesen Einwänden bereits von vornherein vorbeugt, stellt sich dennoch die Frage, ob der "Newcomer" gegen eine so etablierte Institution wie Billboard ankommt. Immerhin gelten die Charts des Branchenblatts in den USA als quasi-Standard.
Weiterhin ist fraglich, wie dringend Chartnutzerinnen und -nutzer tatsächlich die von Billboard versprochenen, tagesaktuellen Daten benötigen – und wer überhaupt noch Charts benutzt. Während es für Musiker durchaus noch einleuchteen, ihre eigene Popularität via Charts zu überprüfen, haben diese ihre Position als Institution für Verbraucherinnen und Verbraucher wohl schon länger eingebüßt.
Zweifel
Zum einen ist anzunehmen, dass der angenommene Einfluss der Charts auf den allgemeinen Musikkonsum im Zeitalter von automatischen Playlists, Webradios und Influencern stetig sinkt. Auch lässt sich vermuten, dass Verbraucherinnen und Verbraucher aus Gründen der Praktikabilität eher auf Charts des von ihnen verwendeten Streaming-Dienstes zugreifen statt auf die eines Drittanbieters.
Zum anderen ist es fraglich, ob die Charts wirklich jemals eine relevante Funktion besaßen. Die Ergebnisse einer Umfrage in der Backstage PRO-Community lassen zumindest daran zweifeln:
Die Ergebnisse unserer Charts-Umfrage von 2017
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