Der musikalische Fußabdruck
Die Klimabilanz des Musikhörens: Gibt es "grünen" Musikkonsum?
© Lukasz Dziegel via Pexels
Gerade physische Tonträger wie Schallplatten oder CDs besitzen durch den notwendigen, dahinter stehenden Herstellungsprozess eine messbare CO²-Bilanz.
Die Wissenschafts- und News-Website The Conversation schreibt, dass etwa in einer modernen Vinyl-Schallplatte ca. 135 Gramm PVC enthalten sind. Dies bedingt einen Ausstoß von etwa 0,5kg CO² pro produzierter Platte. Der Transport sowie die Verpackung der Platten sind hier noch nicht mit eingerechnet. Zumindest die Plattencover sind jedoch in den meisten Fällen recyclebar.
Nicht gerade freundlich
Problematisch an Vinyl ist laut The Conversation, dass PVC als solches nicht recyclebar ist: Bis PVC – und damit auch die Schallplatte – vollständig zerfällt, vergehen im schlimmsten Fall Jahrhunderte. Weiterhin besteht die Gefahr, dass während des Zerfalls, etwa in einer Mülldeponie, giftige Stoffe an die Umwelt abgegeben werden.
Schellack, der Vorgänger des Vinyls, zerfiel wesentlich schneller PVC – legt aber auch genau deswegen nicht die für Platten notwendige Robustheit an den Tag. Was also gut für die Umwelt gewesen wäre, war schlecht für den Hörgenuss.
CD kaum besser
Die CD, die die Schallplatte in den 80er Jahren ablöste, besteht aus mit Aluminium beschichtetem Polycarbonat. Diese Materialien sorgen in der Herstellung zwar für etwas geringere Umweltbelastung als das PVC der Schallplatte, können wegen des Materialmixes jedoch nicht recyclet werden. Eine Trennung beider Stoffe beschreibt The Conversation als "unökonomisch".
Auch die Plastikhüllen der CD werden, obwohl sie lediglich aus einer Substanz – ebenfalls Polycarbonat – bestehen, nur selten recyclet. Gerade nun, wo die CD langsam aber sicher an Popularität einbüßt, bedeutet das, dass Müllkippen mit ausrangierten Exemplaren überschwemmt werden.
Aus den Augen, aus dem Sinn?
Bekanntlich wird Musik heutzutage vor allem über Audio-Streams konsumiert. Im ersten Moment mag Streaming "umweltfreundlicher" wirken, da hierfür keine Rohstoffe in einem Produktionsprozess verwendet werden – da es eben kein fassbares Endprodukt gibt. Doch dieser Eindruck täuscht.
Audiostreams "verbrauchen" natürlich in erster Linie Energie: Die Musikstücke werden auf aktiv gekühlten Serverfarmen gespeichert und über elektronische Netzwerke und/oder WLAN zu unserem heimischen Wiedergabegerät transportiert. Jeder Aufruf eines Stücks kostet damit also Energie. Je weiter die Distanz zwischen dem Standort des Musikstückes und der Location desjenigen, der es abspielen möchte, desto höher der Betrag.
"Grüner" Konsum im Kapitalismus?
Laut The Conversation liegt es in der Häufigkeit des eigenen Musikkonsumes begründet, welches Medium das umweltfreundlichste ist. Hört man sich einen Track nur einige, wenige Male an, so streamt man am besten – hört man einen Song jedoch immer und immer wieder, ist es ratsam, das Lied auf Vinyl zu besorgen.
Insbesondere gebrauchte Schallplatten werden empfohlen – der mit dem postalischen Plattentransport verbundene CO²-Ausstoß wiederum legt nahe, sich eher im nächsten Plattenladen oder auf dem Flohmarkt denn auf Discogs und Konsorten auszutoben.
Alternativ senken auch lokale (Heim-)Netzwerke – statt der Musikwiedergabe über das Internet – die eigene CO²-Bilanz zumindest marginal. Schlussendlich bleibt jedoch festzuhalten, dass wirklich klimaneutraler Musikkonsum wohl leider eine Utopie bleibt.
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