Gegen Viagogo & Co.
Digital Service Act des EU-Parlaments soll Ticket-Zweitmarkt regulieren
Das europäische Parlament in Brüssel. © Patrick Berger
Das Gesetz über digitale Dienste (Digital Service Act, DSA), dem das EU-Parlament zugestimmt hat, hat das Ziel, Verbraucherinnen und Verbraucher im Verkehr mit digitalen Marktplätzen vor Missbrauch zu schützen. Der DSA ersetzt die gut 20 Jahre alte E-Commerce-Richtlinie, die bisher in der EU gültig war.
Sorgfalts- und Dokumentationspflichten
Das neue Gesetz schreibt Online-Marktplätzen, darunter auch den umstrittenen Ticketzweitmarktplattformen, strengere Regeln vor, und untersagt so beispielsweise sogenannte "Dark Pattern Interfaces". Damit sind Tricks gemeint, die Kundinnen und Kunden zu Entscheidungen zwingen sollen, die diese gar nicht treffen wollen.
Ebenso regelt der DSA, dass Ticket-Zweitverkaufs-Plattformen klar kennzeichnen müssen, wenn ein Angebot nicht von ihnen selbst, sondern von einem Drittanbieter stammt, der auf dieser Plattform agiert. Das Ziel besteht darin, mehr Transparenz zu schaffen, besonders in Hinblick auf den Ticketzweithändler Viagogo.
Online-Marktplätze müssen darüber hinaus künftig gewerbliche Anbieter/innen auf ihren Plattformen kennzeichnen. Bei Ticketzweitmärkten hilft dies, geschäftsmäßige Weiterverkäufer/innen zu identifizieren, die Tickets oft in großen Mengen im Vorverkauf aufkaufen (u.U. automatisiert mit Bots), um sie dann zu massiv gesteigerten Preisen weiterzuverkaufen.
Strenge Regeln
Darüber hinaus muss im Rahmen des Gesetzes künftig jeder Mitgliedsstaat einen sogenannten "Digital Services Coordinator" ernennen, der im Sinne einer unabhängigen Behörde digitale Handelsplattformen untersucht und deren Praktiken dokumentiert.
Außerdem müssen Online-Marktplätze künftig jährliche Berichte veröffentlichen, die Maßnahmen zur Überwachungen des Angebots auf ihren Seiten dokumentieren und eventuelle Verstöße festhalten sollen. Außerdem müssen die Anbieter der EU Daten zur Verfügung stellen, um die Arbeitsweise der Plattformen und die damit verbundenen Risiken zu überwachen.
Bei Verstößen gegen das Gesetz über digitale Dienste können Strafzahlungen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes fällig werden.
Verbraucherverbände jubeln
Die europäische Allianz für einen fairen Tickethandel (Face-value Alliance for European Ticketing, FEAT) hat lange für eine derartige Erneuuerung der Gesetze geworben. Ihr Direktor, Gründer und CEO, Neo Sala, erklärt erfreut:
"FEAT begrüßt den neuen Digital Services Act, eine bahnbrechende Gesetzgebung, die darauf abzielt, Verbraucher online zu schützen. Wir hoffen, dass es dazu beitragen wird, manipulative und ausbeuterische Praktiken auf Wiederverkaufs-Seiten zu verhindern und den Weg für strengere Gesetze zu ebnen, die die Geschäftemacherei gänzlich verbieten."
Der DSA soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten – in der Zwischenzeit will FEAT für weitere Maßnahmen gegen den betrügerischen Zweitmarkthandel werben.
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