Auch Musiker und Musikerinnen betroffen
EU-Urheberrechtsreform: Gerechte Entlohnung für Produzenten oder Beschneidung der Meinungsfreiheit?
"Community kann Kontext. Filter nicht." - Eine Kampagne der Wikimedia-Foundation gegen Uploadfilter. © Christian Schneider / Lizenz: CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/)
Zu den geplanten Maßnahmen, die im Parlament verhandelt werden sollen, gehört u.a. die Einrichtung von Uploadfiltern sowie die Einführung des sogenannten Leistungsschutzrechtes.
Während letzteres insbesondere von Verlagen gefordert wird und bedeuten würde, dass Zitate, etwa von Online-Medien, vergütungspflichtig werden könnten, kommt die Idee der Upload-Filter nicht zuletzt aus dem Umfeld der europäischen Musikverlage.
Wertschöpfungslücke
Diese bemängeln bereits seit Jahren, dass Plattformen wie z.B. YouTube, die damit Geld verdienen, dass sie Nutzern die Möglichkeit zum (Video-)Upload bereitstellen, urheberrechtlich geschütztes Material dulden, ohne die Urheber und Verleger für die Verwendung angemessen zu vergüten.
Die Urheberrechtsreform sieht in ihrem umstrittenen Artikel 13 vor, dass Content-Provider in Zukunft angemessene Lizenzvereinbarungen treffen müssen. Sollte dies nicht der Fall sein, muss sichergestellt werden, dass urheberrechtlich geschütztes Material für die Nutzer nicht zugänglich ist. Dies soll eben durch Upload-Filter – die automatisierte Überprüfung aller Uploads – erreicht werden.
Weiterhin soll Plattformen wie YouTube das Providerprivileg entzogen werden. Damit würden sie für die Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer haftbar gemacht. Erst vor Kurzem fällte das Wiener Handelsgericht diese Entscheidung in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil zumindest für YouTube.
Datenschützer sehen durch solche Upload-Filter die Meinungsfreiheit in Gefahr. Die EU-Abgeordnete Julia Reda (Piraten/Grüne) zeigt an verschiedenen Beispielen, wie Filter die Meinungsvielfalt auf Content-Plattformen beeinflussen. Erst kürzlich stand auch YouTubes eigenes Content ID-System aufgrund seiner Effizienz in der Kritik.
Lizenzfrei covern?
Diese Regelung könnte sich auch gerade für (unbekanntere) Musiker und Musikerinnen negativ auswirken: Erst seit kurzem ist es etwa auf Facebook wieder möglich, Videos mit geschützer Musik hochzuladen. Davor wurde Facebook von zahlreichen Nutzern kritisiert, da z.B. Cover-Songs immer wieder – wegen mangelnder Lizenzen auf Seiten des Sozialen Netzwerkes – gesperrt wurden.
Auch YouTube wird von zahlreichen Musiker und Musikerinnen genutzt, um Cover oder auch Remixe hochzuladen. Mit strengeren Upload-Filtern würde es hier von den von YouTube erworbenen Lizenzen bzw. den Lizenzgebern abhängen, was hochgeladen werden darf und was nicht.
Natürlich wären auch Samples hiervon betroffen – und das, obwohl deren letztendlicher Rechtsstatus noch immer nicht geklärt ist und mittlerweile ebenfalls auf EU-Ebene verhandelt wird.
Angemessene Maßnahmen?
Natürlich darf man nicht vergessen, dass die Forderungen der Musikverlage nach angemessener Gewinnbeteiligung nicht von ungefähr kommen: Obwohl etwa YouTube in vielen Fällen die meisten Klicks auf sich vereint, zahlt das Unternehmen stets deutlich weniger als beispielsweise Streamingdienste. Doch ist gleichfalls fraglich, ob die zur Verhandlung stehenden Maßnahmen wirklich die beste Reaktion auf diesen "Value Gap" sind.
Auf der Seite savetheinternet.info gibt es weitere Informationen zu diesem Thema sowie den Link zu einer Petition, die inzwischen immerhin über 150.000 Unterzeichner aufweisen kann.
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