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Neue GESAC-Studie

Europäische Verwertungsgesellschaften beleuchten Probleme der Streaming-Ökonomie

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 17.10.2022

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Europäische Verwertungsgesellschaften beleuchten Probleme der Streaming-Ökonomie

US-Songwriter werden von der Erhöhung der Streaming-Lizenzgebühren profitieren. © Soundtrap via unsplash.com

Die europaweite "Studie über den Platz und die Rolle von Autoren und Komponisten auf dem europäischen Musikstreaming-Markt" der Vereinigung der Verwertungsgesellschaften (GESAC) zeigt erneut die Probleme des Musikstreaming auf. Doch die Lösungsvorschläge bleiben vage.

Erst vor wenigen Wochen veröffentlichten wir einen Artikel zur Benachteiligung von Musikschaffenden beim Musik-Streaming. Grundlage war eine Studie der GEMA, die zwischen April und August 2022 in Deutschland durchgeführt wurde.

Auch der Zusammenschluss der europäischen Verwertungsgesellschaften GESAC (European Grouping of Societies of Authors and Composers) hat eine solche Studie für ganz Europa in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse dieser Studie wurden im September 2022 veröffentlicht und fallen – wenig überraschend – sehr ähnlich aus.

Auswirkungen von Streaming auf Urheber/innen

Die GESAC ist ein Zusammenschluss von 32 Verwertungsgesellschaften aus der EU, Island, Norwegen und der Schweiz und schützt und fördert die Rechte von mehr als einer Million Urheber/innen aus den Bereichen Musik, bildende Kunst etc.

Erstellt wurde die Studie von Emmanuel Legrand, einem Journalisten und Musikbusiness-Experten. Sie basiert auf einer Reihe von Interviews mit verschiedenen Akteuren wie Songwriter/innen, Verwertungsgesellschaften und Musikverleger/innen, denen ein ausführlicher Fragebogen zugrunde liegt. Dessen Schlüsselfrage lautet: 

"Wie verbinden sich Autor/innen und Komponist/innen mit der neuen Musik-Streaming-Wirtschaft, und was kann getan werden, um die Beziehung zwischen den beiden Parteien zu verbessern?"

Ziel ist es, die Bereiche zu identifizieren, in denen Streaming einen Mehrwert für Autor/innen und Komponist/innen bringt und Praktiken zu ermitteln, die zu einem stärker "autorenorientierten" Streaming-Ökosystem beitragen können.

Problemfelder und Herausforderungen

Die Studie hat drei Bereiche herausgefiltert, mit denen der Streaming-Markt besonders zu kämpfen hat. Einer davon ist die "Asymmetrie zwischen den Interessen der Streaming-Dienste und den Zielen der Urheber/innen": Während die Dienste besonders eine Vergrößerung ihrer Nutzerbasis im Sinn haben, fordern Musikschaffende eine gerechte Vergütung für ihren kreativen Input.

So explodiere zum einen das Musikangebot mit 70 Millionen abrufbaren Titeln auf Streamingdiensten und 8 Millionen Künstler/innen auf Spotify, andererseits nehme der Wert der kreativen Inhalte – auch durch deren konstant steigende Zahl – eher ab.

Die Abo-Preise seien immer noch niedrig, werbefinanzierte kostenlose Angebote blieben populär, und der durchschnittliche Umsatz pro User sei über die letzten Jahre stetig gesunken.

Strukturelle Fragen der Fairness und ungerechte Verteilung

Problematisch ist laut GESAC-Studie auch das "Pyramidensystem" der Plattformen: Der Markt werde von einigen wenigen Hits dominiert; nur eine kleine Anzahl Songs erziele extrem hohe Wiedergabezahlen. Dahingegen hätten 93 Prozent der Künstler/innen auf Spotify monatlich unter 1000 Hörer. Diese Situation begünstige "Fakes", etwa durch Betrugsmaschen.  

Kritisiert wird – wie zuvor bei der GEMA-Studie – die fehlende Transparenz, vor allem auf die Algorithmen der Plattformen bezogen. Streaming treibe zwar in hohem Maße die Musikwirtschaft an, dieser Aufschwung komme aber nicht allen gleich zugute: So erhielten etwa Urheber/innen und Verlage erhalten nur gut 15 Prozent der Einnahmen.

Verschiedene Lösungsansätze

Neben einer Auflistung der Probleme thematisiert der Bericht der GESAC auch mögliche Lösungsansätzen. Diese sind jedoch reichlich vage formuliert: So plädieren sie für "urheberfreundlichere Funktionen" und eine "verbesserte Sichtbarkeit von Musikautor/innen durch spezielle Tools". Welche Tools das genau sein sollen, und wie diese funktionieren könnten, bleibt unklar.

EU-Institutionen sollten den Musiksektor außerdem hinsichtlich der Vielfalt und den Zugangschancen zum Musikmarkt unterstützen: Europäische Projekte und kulturelle Diversität sollen bewusst gefördert und gezielte Suchfunktionen für diese Art von Projekten geschaffen werden.

Altbekannte Kritik

Natürlich müsse darüber hinaus das Vergütungssystem verbessert und sichergestellt werden, dass Urheber/innen vom wachsenden "Kuchen" stärker profitieren. Die Höhe des zu verteilenden Umsatzes solle beispielsweise durch realistischere, marktorientierte Preismodelle und zusätzliche Angebote mit Mehrwert gesteigert werden.

Außerdem sollten Rechteinhaber/innen für die Bedeutung von Metadaten besser sensibilisiert und insbesondere UGC-Plattformen (User-Generated-Content) zu vollständigen und fehlerfreien Nutzungsmeldungen verpflichtet werden.

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