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Neil Young entfernt Musik von Spotify, um gegen Podcast mit Corona-Falschinformationen zu protestieren

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 28.01.2022

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Neil Young entfernt Musik von Spotify, um gegen Podcast mit Corona-Falschinformationen zu protestieren

Der Songkatalog von Neil Young ist nur eine der jüngsten Akquisen von Hipgnosis. © Rudi Brand

Spotify hat auf Wunsch von Neil Young den gesamten Katalog des Songwriters von der Streaming-Plattform entfernt. Young weigerte sich, eine Plattform mit Joe Rogan zu teilen, dem er vorwirft, in seinem Podcast Falschinformationen zum Coronavirus zu verbreiten.

Neil Young informierte seine Fans in einem offenen Brief auf seiner Webseite über die Entscheidung, sämtliche Musik von der Streaming-Plattform Spotify zu entfernen.

Auslöser für seine Entscheidung sei der Comedian, Moderator und UFC-Kämpfer Joe Rogan, der laut Young in seinem Podcast "The Joe Rogan Experience" Falschinformationen über den Coronavirus und die Corona-Impfung verbreitet. 

Problematische Inhalte

Neil Young ist nicht der erste, der sich öffentlich zu der Bedenklichkeit des Podcasts geäußert hat. In einem offenen Brief hatten sich über 200 Personen aus Wissenschaft und Gesundheitswesen über Rogans Podcast und dessen Verbreitung durch Spotify beschwert. Durch eben diesen Brief wurde auch Young auf das Thema aufmerksam.

Unter anderem hat Rogan jungen, gesunden Menschen davon abgeraten sich impfen zu lassen. Als er sich selbst mit dem Virus infizierte, berichtete er von seiner Behandlung mit Ivermectin, einem Entwurmungsmittel, das in erster Linie für Pferde verwendet wird – und vor dessen Verwendung die amerikanische Behörde für Lebens- und Arzneimittel ausdrücklich warnt. 

Auch hatte Rogan mit dem Wissenschaftler Robert Malone einen Gast, der für die Verbreitung von Falschinformationen in der Kritik steht.

Das Ultimatum

Aus diesem Grund hatte Young Spotify anfänglich ein Ultimatum gestellt: Entweder solle die Plattform "The Rogan Experience" entfernen, oder aber Young würde seine eigene Musik von Spotify löschen.

Da seit Donnerstagabend tatsächlich alle Alben Youngs von der Plattform verschwunden sind, zeigt Spotify deutlich, dass Rogans Podcast für das Unternehmen im Vordergrund steht. Im Hinblick auf die Popularität des Podcasts wie auch hinsichtlich der Bemühungen Spotifys im Spoken Word-Segment ist diese Entscheidung jedoch auch kaum überraschend. 

So ist "The Joe Rogan Experience" auch 2021 auf Platz eins der "Most Popular Podcasts Globally" auf Spotify gelandet und besitzt demnach eine enorme Reichweite. Die Folgen haben durchschnittlich gut elf Millionen Hörerinnen und Hörer. Spotify selbst hatte sich 2020 um einen Exklusivvertrag mit Rogan bemüht – auch, um durch Rogans Popularität den Ausbau im Podcast-Segment voranzutreiben.

Star-sein verpflichtet

Young kritisiert, dass Spotify durch die Vermarktung des "The Joe Rogan Experience"-Podcasts, die Verbreitung von  Falschinformation und Verschwörungstheorien unterstützt. Er betont, dass ein Großteil der Userbase von Spotify jung und leicht zu überzeugen sei. Diese könnten Rogans Ansichten für die Wahrheit halten – auch, da sie nicht daran glauben würden, dass Spotify absichtlich Falschinformationen vertreibt. 

Aus diesem Grund fühlt sich der Musiker dazu verpflichtet auf die Problematik hinzuweisen: Wenn er seine Musik weiterhin auf Spotify belasse, unterstütze er dieses System und damit die Verbreitung von Misinformationen. 

In seinem Brief gibt Young auch an, dass rund 60 Prozent seiner Streamingeinnahmen durch Spotify generiert werden. Dass seine Musik nun also tatsächlich entfernt wurde, ist nicht nur für ihn, sondern auch für sein Label ein deutlicher Einkommensverlust.

Eine Herzensangelegenheit

Bereits in der Vergangenheit hatte der Kanadier bewiesen, dass er seinen Werten trotz Verlusten treu bleibt. So kündigte er etwa an während der Pandemie nicht touren zu wollen, um auf die Ernsthaftigkeit der Lage hinzuweisen.

Nach 60 erfolgreichen Jahren im Musikbusiness und der Veröffentlichung von ganzen 43 Studioalben ist Neil Young zwar finanziell besser aufgestellt als viele andere Musiker und Musikerinnen, dennoch ist das Vorgehen keinesfalls selbstverständlich. 

Auf Twitter vermutet ein Nutzer einen Zusammenhang zwischen der Polioerkrankung des Musikers in jungen Jahren und seiner Abneigung zu Falschinformationen über die Covid-19-Impfung. Als Young erkrankte, hätte eine Impfung, die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung stand, den Verlauf seiner Krankheit deutlich verbessern können.

Dieser Umstand könnte den großen Einsatz erklären, den Neil Young aktuell zeigt. Dem "Heart of Gold"-Sänger scheint es eine Herzensangelegenheit zu sein, zu verhindern, dass Impfgegnern und Impfgegnerinnen eine solch große Plattform geboten wird. 

Widersprüchliche Angaben

Spotify selbst weist laut dem Rolling Stone Magazin in einem Statement darauf hin, detaillierte Inhaltsrichtlinien zu besitzen und seit dem Beginn der Coronapandemie bereits 20.000 Podcast-Folgen mit Corona-Bezug gelöscht zu haben, die gegen diese verstießen. Zum konkreten Fall Joe Rogan, meldete sich der Anbieter jedoch nicht zu Wort.

Nun hofft Neil Young darauf, dass es ihm andere Künstler und Künstlerinnen und ihre Plattenlabels gleich tun und sich seinem Protest gegen den Anbieter anschließen, indem auch sie ihre Musik zurückziehen. 

Im Hinblick auf die eher verhaltene Resonanz, auf die ein ähnlicher Boykott-Aufruf Ende 2021 stieß – hier ging es um die Investitionen des Spotify-Gründers Daniel Ek in Militärtechnik –, bleibt es jedoch abzuwarten, ob Youngs Protestaktion tatsächlich Wirkung zeigt. 

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