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Neuerungen bringen Zugeständnisse an Urheber

Bundestag reformiert das Urhebervertragsrecht: Aufatmen bei Musikverlagen und weitere Reaktionen

News von Torsten Reitz
veröffentlicht am 19.12.2016

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Bundestag reformiert das Urhebervertragsrecht: Aufatmen bei Musikverlagen und weitere Reaktionen

Heiko Maas (Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz). © Werner Schuering

Völlig überraschend beschloss der Bundestag noch vor Jahreswechsel eine Reform des Urhebervertragsrechts (VGG). Große Teile der Musikindustrie zeigten sich mit den Neuerungen zufrieden. Doch nicht alle waren begeistert.

Am Ende ging alles schneller als gedacht über die Bühne. Nachdem der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages am Abend des 13. Dezember 2016 den Weg für die Neuregelung des Urhebervertragsrechts (VGG) freigemacht hatte, beschlossen die Parlamentarier nur zwei Tage später und damit noch vor Jahreswechsel in zweiter und dritter Lesung das sogenannte Gesetz "zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung" mit den Stimmen der Großen Koalition.

Die wichtigsten Neuerungen

Zu den Änderungen im Gesetzestext gehören etwa:

  1. eine Reform des Paragraphen 27, der um einen Absatz ergänzt wird, in dem es Verwertungsgesellschaften zugestanden wird, Einnahmen nach einem festen Plan zu verteilen, sofern sie die Rechte für mehrere Rechtsinhaber wahrnimmt.
  2. ein neuer Paragraph 32d, der Urhebern bei entgeltlicher Einräumung oder Übertragung eines Nutzungsrechts einen Anspruch auf jährliche "Auskunft und Rechenschaft über den Umfang der Werknutzung und die hieraus gezogenen Erträge und Vorteile" seitens seines Vertragspartnern einräumt. Laut Justizminister Heiko Maas sollen die Künstler dadurch erfahren, "wie viel mit ihrer Leistung verdient wird". Diese Auskunfts- und Rechenschaftspflicht kann ein Urheber im Rahmen des neuen Paragraphen 32e auch gegenüber Dritten beanspruchen, die in der Lizenzkette maßgeblich die Verwertung der kreativen Inhalte bestimmen oder besonders hohe Gewinne dadurch erzielen.
  3. der neue Paragraph 40a, der Urheber dazu berechtigt, ihre Werke nach zehn Jahren anderweitig zu verwerten, selbst wenn sie einem Verwerter ursprünglich ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt haben. Der erste Vertragspartner darf diese Werke dann zwar weiterhin verwerten – allerdings nicht mehr exklusiv.
  4. die Neueinführung des Paragraphen 79b, der ausübenden Künstlern den Anspruch auf eine gesonderte angemessene Vergütung zugesteht, wenn der Vertragspartner eine neue, beim Vertragsschluss noch unbekannte Art der Nutzung seiner Werke annimmt.
  5. die Paragraphen 36 und 36a, die ein Verbandsklagerecht für Urheberverbände schaffen, die die Durchsetzung vereinbarter Vergütungsregelungen erleichtern sollen, damit einzelne Künstler zukünftig nicht mehr auf sich allein gestellt für ihr Recht auf faire Bezahlung kämpfen müssen.

Zufriedenheit bei Justizminister und Musikwirtschaft

Naturgemäß zeigte sich Justizminister Heiko Maas (SPD) mit der Neufassung des Gesetzes sehr zufrieden. "Mit dem Urhebervertragsrecht reformieren wir das Fundament unserer Kultur- und Kreativwirtschaft", äußerte sich der Minister nach dem Bundestagsbeschluss.

Durch die Reform sei dafür gesorgt, "dass sich Urheber und Verwerter wieder auf Augenhöhe begegnen. Wir stärken die Position der Kreativen bei den Vertragsverhandlungen, ohne die Geschäftsmodelle der Verwerter zu gefährden."

Zufriedenheit herrschte auch bei großen Teilen der Musikwirtschaft. Ihre Vertreter beurteilten die Lage ähnlich, wenn sich auch nicht alle ganz so euphorisch zeigten wie der Justizminister.   

Freude beim DMV

Über die Regelung zur Verlegerbeteiligung zeigt sich besonders der Deutsche Musikverleger-Verband (DMV) hocherfreut. In einer Stellungnahme betrachtet der Verband die Änderung als eine Art Revision der "desaströsen Entscheidung des Kammergerichts Berlin" im Streit zwischen der GEMA und den Das Ich-Musikern Gerd Bruno Kramm und Stefan Ackermann.

Durch die Neufassung des Paragraphen habe der Bundestag die gesetzliche Grundlage geschaffen, "dass die seit Jahrzehnten bewährte partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Urheber und Verleger weiterhin Bestand haben" könne. DMV-Präsident sah dadurch die wichtige Funktion der Verlage für ein kreatives Schaffen in Deutschland anerkannt.

VUT befindet Neuregelungen akzeptabel

Etwas kritischer äußert sich der Verband unabhängiger Musikunternehmer (VUT). Der VUT befindet die Änderungen in der Summe für akzeptabel und lobt den Gesetzgeber für sein schnelles Handeln beim Thema Verlegerbeteiligung, da dadurch negative Auswirkungen für unabhängige Musikverlage abgewendet worden seien.

Einerseits sieht der Verband die Reformen zum Prinzip der fairen Beteiligung als durchaus erfreulich an, sei damit doch klargestellt worden, "dass der Anspruch nicht mehr nur durch eine Verwertungsgesellschaft wahrgenommen werden kann", ebenso wie er die Ausdehnung der Auskunftspflicht über die eigentlichen Vertragspartner hinaus bewertete.

Andererseits geht dem VUT der Anspruch auf Rechenschaft zu weit. Er kritisiert ferner, die Musikindustrie werde bei dem Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch "außen vor gelassen". Es sei damit doch unklar, ob und unter welchen Umständen beispielsweise auch Studio- und Orchestermusiker einen solchen Anspruch hätten. Darüber müssten wohl zukünftig noch Gerichte entscheiden.

Kritische Stimmen aus anderen Kreativbereichen

Vertreter aus anderen Bereichen der Kreativwirtschaft hingegen beurteilen das beschlossene Gesetz teils sehr viel weniger positiv als die Musikindustrie. Stephan Wagner etwa, Vorstand des Bundesverbandes der Film- und Fernsehregisseure, nannte das Abkommen bereits zuvor einen "Rohrkrepierer", von dem er gehofft habe, er würde nie beschlossen werden.

Auch aus Sicht des stellvertretenden Vorsitzenden der Gewerkschaft ver.di, Frank Werneke, ist die Reform hinter den Erwartungen zurückgeblieben. "Das neue Gesetz hilft den Kreativen kaum. Gewollt war ein Gesetz zur Stärkung der Urheberinnen und Urheber, doch davon ist wenig übrig geblieben."

Während er die Auskunftspflicht positiv bewertete, sah er besonders die Regelungen zum Verbandsklagerecht kritisch, da sich seiner Meinung nach die Verwerter hier zu stark durchgesetzt hätten. Ebenso äußerte er Bedenken gegenüber dem Zweitverwertungsrecht, da "damit Pauschalvergütungen hoffähig gemacht werden".

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