Debatte in Berliner Club
Spahn spricht gegenüber Clubbetreibern von "Freedom Day" – bei ausreichender Impfquote
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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. © BMG
Bereits seit März 2020 sind die Türen nicht nur der Berliner Clubs geschlossen, nur die Außenbereiche konnten zeitweise genutzt werden. Erst seit Kurzem sind Wiederöffnungen möglich – zumindest zeitweise.
Die Verzweiflung ist groß
Eine wirkliche Perspektive erhält die Clubszene in Berlin und ganz Deutschland jedoch noch immer nicht. So wundert es nicht, dass die Leidtragenden – die Berliner Clubbetreiber/innen und Veranstaltenden – ihre Chance nutzten, und ihrem Ärger bei einer Podiumsdiskussion im Kreuzberger Nachtclub Ritter Butzke mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Luft zu machen.
Dieser scheint das Ausmaß der Verzweiflung zumindest unterschätzt zu haben, und bemerkte hinsichtlich der Zahl der Teilnehmenden erstaunt: "Eigentlich hatte ich hier einen Termin in kleiner Runde erwartet. Wir reden über die Lage, dachte ich mir – nun ist es doch etwas größer geworden".
Dicke Luft bei den Veranstaltern
Wenig verwunderlich war deshalb, dass die Diskussion, die von dem CDU-Bundestagskandidaten Kevin Kratzsch moderiert wurde, stellenweise sehr hitzig verlief. Marcus Pohl, Sprecher der Selbstständigen in der Veranstaltungswirtschaft, betonte: "Ich bin wütend bis zum Anschlag."
Sein ISDV habe sich bereits vor Monaten an den Bundheitsminister gewandt, werde bis dato jedoch ignoriert – die Regierung böte noch immer keine Perspektive. Pamela Schobeß, Vorstand der Berliner Clubcommission, ergänzte:
"Unsere Branche ist die Einzige, die seit 18 Monaten in geschlossenen Räumen nicht tätig werden darf. Bei allem Verständnis und den Alternativen, die wir probiert haben, kommen wir jetzt an eine Verständnisgrenze."
Insbesondere aufgrund der Möglichkeiten, die sich durch die Anwendung von PCR-Tests und 3G-Vorgaben bieten, wäre es aktuell definitiv möglich, Tanzveranstaltungen auch in Innenräumen wieder durchführen zu können. Dies geschehe jedoch nicht – "Im Augenblick nehmen wir Jens Spahn und die Bundesregierung nur als Verhinderer wahr."
Spahn spricht von “Freedom Day”
Jens Spahn zeigte sich im Hinblick auf die Vorwürfe defensiv und erklärte, dass niemand daran Spaß habe, Dinge zu verbieten:
"Das Virus ist der Spielverderber – und nicht der Gesundheitsminister. Erst bei einer Impfquote mit deutlich über 80 Prozent ist ein pandemiesicherer Herbst und Winter gewährleistet."
In diesem Fall könnte man einen "Freedom Day", der das Aufheben jeglicher Corona-Maßnahmen einschließt, erwägen. Zum Vergleich: In Großbritannien wurde dieser bereits am 19. Juli beschlossen.
Auch den Vorwurf, er würde sich mit der Clubszene nicht auskennen, wies Spahn entschieden zurück: "Ich kenne Clubs, ich sage es noch einmal, ob Sie es mir zutrauen oder nicht, besser als Sie denken." Die Angst jemals wieder in ihren Beruf zurückzufinden, konnte er den Anwesenden damit jedoch nicht vollständig nehmen.
Hoffnung für Veranstaltungsbranche
Spahn verdeutlichte noch einmal, dass es sich bei der Corona-Pandemie um "schwerste Krise seit Bestehen unseres Landes" handele. Die Situation sei unplanbar und könne sich jederzeit verändern.
Modellprojekten der Clubs, die das Tanzen in Innenräumen ermöglichen, stehe er nichtsdestotrotz offen gegenüber. Das ermutigende Ergebnis des Berliner Projekts Clubculture Reboot habe er beispielsweise noch nicht gekannt.
Darüberhinaus gab Spahn an, dass es auch vor dem Erreichen der Impfquote von 80 Prozent weitere Lockerungen geben werde. Eine Möglichkeit neue Öffnungsmöglichkeiten zu schaffen wäre außerdem die Anwendung von tagesaktuellen PCR-Tests. Schließlich versprach Spahn in Zukunft mehr Kontakt zu den Betreibern zu pflegen.
Locations
Ritter Butzke
Ritterstrasse 26, 10969 Berlin
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