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Wenn Nein sagen die beste Option ist

Einen Gig um jeden Preis spielen? Unter diesen Umständen solltest du lieber absagen!

Tipps für Musiker und Bands von Konrad Ower
veröffentlicht am 06.12.2017

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Einen Gig um jeden Preis spielen? Unter diesen Umständen solltest du lieber absagen!

Sollte man Gigs um jeden Preis spielen? Nein. Es gibt Grenzen. © MKB 2017 (Band: Parcels)

Ihr solltet unbedingt ein paar Dinge beachten und Fragen beantworten, bevor ihr einen Gig für eure Band verbindlich zusagt. Wir geben euch einige Anhaltspunkte dazu.

Für aufstrebende Bands oder Solomusiker sind Konzerte neben einer ordentlichen Social-Media-Strategie so ziemlich der einzige Weg, um eine größere Reichweite zu erreichen – wenn man nicht gerade einen viralen Hit landet. Dabei muss man ordentlich die Ärmel hochkrempeln, denn gerade am Anfang übernimmt man nicht nur den glamourösen Teil als Musiker oder Songwriter, sondern zudem die Aufgaben des Managers, Fahrers, Merch-Verkäufers und natürlich auch Bookers.

Diese Verantwortung bedeutet auch, wirtschaftlich zu denken. Sich mit vielen Konzerten an entfernten Orten im Kalender zu schmücken, mag zwar schön und gut klingen, aber wenn alle Mitglieder deiner Band hinterher pleite und zerstritten sind, ist keinem damit gedient.

Entscheidet rechtzeitig und gemeinsam, welche Gigs ihr spielen wollt. Kurz vor dem Date absagen kann nämlich unter Umständen juristische bzw. finanzielle Konsequenzen haben. Seid euch also absolut sicher, bevor ihr zusagt!

Achtet auf diese Zeichen:

Der Veranstalter oder die Venue haben einen eher zweifelhaften Ruf

Wenn man sich einen gewissen Status erspielt hat, übernimmt normalerweise ein separater Booker die Konzertbuchungen für dich. Als solcher ist er in der Regel mit Konzertveranstaltern und Venues gut vernetzt und weiß, wie er für euch einen guten Deal erarbeitet – und welche er lieber absagen sollte.

Seid ihr aber noch nicht soweit und bucht eure Shows selbst, dann habt ihr einen erheblichen Nachteil, da ihr noch nicht auf bestehende Kontakte zurückgreifen könnt.

Natürlich bietet euch der Locationguide bei Backstage PRO neben seinen anderen Vorteilen die Möglichkeit, durch die Bewertungen und Angaben der Musiker, die dort bereits aufgetreten sind, ein Bild der Venue zu erhalten. Oder ihr sprecht andere Bands direkt an, ob sie fair behandelt wurden und wie alles lief. Denn gerade was nicht ganz so bekannte Bands angeht, ist die Konkurrenz groß und das führt leider unter Umständen dazu, dass manche Veranstalter meinen, sich hinterher einiges rauszunehmen und vereinbarte Bedingungen nur teilweise oder gar nicht einzuhalten. Nicht wenige Bands sind zögerlich, sich dagegen zu wehren, da sie nicht als "schwierig" gelten wollen und nicht wissen, in wie weit der Veranstalter ihnen in der Zukunft Steine in den Weg legen kann.

Vermeide in erster Linie Geschäftspartner, die euch ganz offensichtlich ausnutzen wollen. Das ist besonders wichtig, wenn man einen sogenannten "Pay-to-Play"-Gig annimmt. Der Veranstalter bekommt hierbei nämlich zuerst Geld von euch, der Band. Das soll euch wiederum dazu motivieren, viele Tickets im Bekanntenkreis zu verkaufen, um das Geld einigermaßen wieder reinzubekommen – wenn das Geld laut Kleingedrucktem überhaupt komplett an euch geht. Recherchiert dafür im Netz, um sicherzugehen, dass der Veranstaltungsort oder Veranstalter sowohl in finanzieller als auch ethischer Weise fair ist.

"Kein zweifelhafter Ruf" heißt aber auch, dass das Konzert nicht im Dunstkreis von Menschen stattfindet, die für Homophobie, Rassismus, Sexismus oder anderen Arten von unterdrückerischen Ideologien stehen. Als Künstler ist dein Ruf unglaublich wichtig, also bleib fern von Leuten, die nur an deinem Geld interessiert sind oder fragwürdige Ansichten haben.

Es rechnet sich finanziell einfach nicht

Gerade junge Bands machen widrige Bedingungen mit und verfolgen zumeist den Plan, vieles an Konzerten mitzunehmen, damit Konzertbesucher die eigene Musik entdecken, loyale Fans werden und man dadurch einen höheren Bekanntheitsgrad erreicht. Dazu kommt, dass ihr anfangs einen erheblichen Nachteil habt, was die Verhandlungsbasis angeht. Profitable Gagen wären also natürlich super, aber in diesem Status eurer Karriere nicht realistisch.

Man muss also gerade am Anfang gewissermaßen in die eigene Karriere investieren und entweder mit kleinem Gewinn aus der Sache rausgehen oder aufgrund Spritkosten, Merch oder CD-Herstellung mit einem überschaubaren Verlust, den ihr als Band zusammen verkraften könnt. Das heißt aber nicht, dass man sich ausnutzen lassen sollte.

Als Ausnahme gilt: Wenn prestigereiche Shows als Support einer größeren Band euch in größere Venues bringen können, dann kann das durchaus gewisse finanzielle Einbußen rechtfertigen!

Wie vorhin erwähnt, werden aufstrebenden Musikern oft "Pay-to-Play"Auftritte angeboten, bei denen man in finanzielle Vorleistung gehen muss. Aber passt das überhaupt zu euch und lohnt sich das finanziell? Wenn ihr nicht gerade eine große Fanbase habt, die euch oder der Venue die Tickets nur so aus der Hand reißt, dann passt das natürlich. Andererseits: wenn ihr so ein Basis habt, warum braucht ihr denn überhaupt "Pay-to-Play"?

Die traurige Wirklichkeit ist, dass es für eine junge Band vielleicht möglich ist, ein solches Gagenmodell in der Heimatstadt ohne Minus zu bestreiten, aber funktioniert das auch in fremden Städten, wo ihr noch keine Fanbasis habt? Warum sollten sie euch Tickets abkaufen, nur damit ihr keinen Verlust einfahrt?

Abseits von "Pay-to-Play": Wenn ihr bspw. Eine Deutschland-Tour bucht, bei der man schon weiß, dass man sich einen Bus anmieten und Spritkosten tragen muss und gegebenenfalls den Verdienstausfall der Bandmitglieder kalkulieren sollte, und dann aufgrund mickriger Gagen hinterher ein massives Minus rauskommt, sollte man sich ernsthaft überlegen, ob das die richtige Vorgehensweise für den Moment ist. Was wollt ihr mit der Tour bezwecken? Einfach so, ohne PR oder neuer Platte, touren und dabei Säle füllen – das können vielleicht etwas bekanntere Bands. Für euch macht es aber eventuell mehr Sinn, ein solches Unterfangen mit dem Release einer Platte zu koppeln. So seid ihr hoffentlich in aller Munde und könnt Interessenten zur Show locken. Generell bringt es euch aber nichts, wenn ihr nach jeder Show oder Tour erst einmal verschuldet seid. Deswegen: Genau abwägen!

Ihr spielt zu oft in der gleichen Stadt

Viele und gute Konzerte zu spielen bedeutet in der Regel, den eigenen Bekanntheitsgrad zu vergrößern – soviel kann man vereinfacht festhalten. Nichtsdestotrotz gibt es irgendwann eine Kehrseite der Medaille. Sobald ihr etwas bekannter werdet, kann es kontraproduktiv sein, zu viele Gigs innerhalb der gleichen Region zu spielen. Daraus entsteht Übersättigung.

Das bedeutet einfach, dass Leute ganz schnell von euch gelangweilt sein können, wenn ihr innerhalb der gleichen Stadt oder Region alle paar Wochen diverse Konzert spielt. Klar, denn wenn ihr nicht alle paar Wochen eine sensationell veränderte Show oder zig neue Hits habt, warum sollten sie wieder und wieder zur Show kommen?

Wähle also deine Shows auch dahingehend mit Bedacht aus, damit die Leute sich auch wieder freuen, nach dem Motto "Yeah, endlich spielen die wieder in der Nähe!" und nicht "Oh Mann, schon wieder, die haben doch letztens schon zwei Mal gespielt!". Sobald dein potentieller Markt übersättigt wird, wirst du das definitiv an sinkenden Zuschauerzahlen und Interesse bemerken.

Viele Shows zu spielen ist also gut, aber bitte nicht ständig mit sehr kurzem Abstand an denselben Orten.

Deine Band ist einfach noch nicht soweit!

Eigentlich der Grund, der am nahesten liegt. Habt ihr noch nicht genug geprobt bzw. verspielt sich der eine oder andere von auch jedes Mal bei der gleichen Stelle im Song, dann seid ihr vielleicht noch nicht eingespielt genug. Sind die Songs eher unausgegoren, ohne so richtig fertiges Arrangement oder mit vorläufigen Gesangslinien sowie Lyrics? Das kannst du einem zahlenden Publikum nicht antun!

Das sind eigentlich selbstverständliche Gedanken, aber oft genug glauben Bands, dass eine gewisse Spontanität vielleicht cool ist und dem Ganzen eher etwas "Besonderes" geben kann. Doch die Wahrheit ist, dass du dem Ruf deiner Band auf lange Sicht sehr schädigen kannst, wenn ihr einen sehr unvorbereiteten Auftritt spielt. Ob über Wortpropaganda, Konzertreviews oder Social Media: schlechte PR ist definitiv das Letzte, was eine aufstrebende Band gebrauchen kann.

Wenn deine Band aus unterschiedlichen Gründen nicht bereit ist, den Auftritt zu absolvieren und die Zeit zum Konzert nicht dafür ausreicht, dann sag lieber ab. Kurz und schmerzlos.

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