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Fulminante Rückkehr

Live-Szene, Web 3.0 und Streaming: So war die Reeperbahn Festival Konferenz 2022

Spezial/Schwerpunkt von Florian Endres
veröffentlicht am 27.09.2022

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Live-Szene, Web 3.0 und Streaming: So war die Reeperbahn Festival Konferenz 2022

Reeperbahn Festival (2021). © Christian Hedel

Das Reeperbahn Festival 2022 feiert mit Acts wie Mine, Anna Calvi oder Destroyer die Rückkehr der Live-Musik – und diskutiert bei der angeschlossenen Konferenz gleichzeitig die schwierige Situation, in der sich die Livebranche derzeit befindet.

Gut 400 Konzerte fanden vom 21. bis 24. September 2022 im Rahmen des Reeperbahn Festivals in Hamburg statt, besucht von über 40.000 Gästen – ein fulminantes Zeichen für die Rückkehr der Live-Branche nach zwei langen Corona-Jahren. 

Doch können diese durchaus beeindruckenden Zahlen nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Veranstalter/innen und Clubbetreiber/innen mit Sorge in die Zukunft blicken: Die Branche sieht sich konfrontiert mit schleppenden Vorverkaufszahlen, steigenden Kosten und der Furcht vor der sich abzeichenden Energiekrise im Winter

Zwischen Krise und Psychohygiene

Der Zustand der Live-Branche nach Corona ist zweifelsohne ein wichtiges Thema der Reeperbahn Festival Konferenz. Doch natürlich bildet das Konferenzprogramm in über 200 Veranstaltungen auch weitere aktuelle Trends und Entwicklungen der internationalen Musikbranche ab.

Diese aktuelle Ausrichtung spiegelte sich etwa in Sessions zu Awareness-Konzepten in Spielstätten und auf Festivals sowie zu Mental Health wider. Gerade das Thema der geistigen Gesundheit ist während der Pandemie für viele Musikschaffende in den Vordergrund gerückt.

Mental Health-Themen müssen nach Ansicht vieler Musikschaffender viel offener diskutiert werden, als dies aktuell der Fall ist. Nach einem so belastenden Einschnitt, wie es die Einschränkungen durch die Corona-Pandmie insbesondere für Musiker/innen, Booker und Veranstaltende darstellte, sei der Dialog wichtig – viel zu lang sei die Branche von einer Kultur des Schweigens dominiert worden. 

Neue Töne im Business

Auch Touring nach dem Brexit wurde diskutiert, ebenso wie Fragen nach Diversität im Musikbusiness. In diesem Kontext wurde am Konferenz-Donnerstag auch die zweite Keychange-Studie vorgestellt, die Daten und Fakten zum Thema Gleichberechtigung in der Branche liefert.

Ziel der Keychange-Studie ist es nicht nur, die aktuelle Situation abzubilden, sondern auch aktiv für eine Veränderung der Geschlechterstruktur etwa von Festivals, aber auch von Musikunternehmen einzutreten. Das Reeperbahn Festival will dabei mit gutem Beispiel vorangehen und hat Ausgewogenheit zwischen Männern und Frauen beim Festival und der Konferenz bereits erreicht.

Die Zukunft der NFTs

Darüber hinaus gab es zahlreiche Sessions und Panels, die sich mit dem Web 3.0, NFTs und dem Metaverse beschäftigten: Trotz der derzeit fallenden Kurse von Kryptowährungen und dem nachlassenden Interesse an NFTs gibt es noch immer zahlreiche Agenturen und Künstler/innen, die überzeugt davon sind, dass es sich bei Web 3.0-Technologien um zukunftsweisende Innovationen handelt, die (nicht nur) die Musikbranche revolutionieren werden. 

Ein weiteres Thema der Konferenz waren moderne Vertriebs- und Monetarisierungsmöglichkeiten für Künstlerinnen und Künstler: So gab es Workshops etwa mit Vertreter/innen von Bandcamp, Patreon oder TikTok, in denen diese die Möglichkeiten dieser Plattformen für Musikerinnen und Musiker beleuchten.

Chancen und Risiken von TikTok

Die Workshops zeigen deutlich, dass Musikschaffende aktuell mehr Möglichkeiten denn je besitzen, ihre Musik selbst – ohne Label – zu vertreiben und zu monetarisieren.

Gleichzeitig zeigen gerade die Sessions zu TikTok auch, inwiefern sich Musikerinnen und Musiker an die Funktionsweise der Algorithmen sozialer Netzwerke anpassen müssen, wenn sie diese wirklich effektiv verwenden wollen. 

Die Ungerechtigkeit des Streamings

Auch die jüngst veröffentlichte Studie, die im Auftrag der GEMA die fragwürdige Verteilung der Streaming-Einnahmen zwischen Urhebern und Labels mit Zahlen unterfütterte, war Thema einer Session.

Songwriterin Diane Weigmann erklärte, die Ergebnisse der Studie entsprächen vollauf den Erfahrungen, die nicht nur sie, sondern viele befreundete Musiker/innen auch machten.

Klaus Goldhammer, der die Studie mit seiner Agentur Goldmedia durchführte, berichtete aber von kritischen Anrufen hochranginger Musikbusiness-Vertreter/innen, die sich auf einzelne Zahlen stürzten anstatt das Problem in seiner Gesamtheit zu betrachten. Solange das so bleibt, stellt sich wirklich die Frage, wer Abhilfe zu schaffen vermag.

Fixpunkt des deutschen Musikbusiness

Insgesamt bot das Reeperbahn Festival natürlich auch unzählige Gelegenheiten für Treffen, Empfänge und Meetings. Der so schmerzlich vermisste soziale Aspekt der Musikbranche erlebte 2022 seine Wiederauferstehung – und dabei steht das Reeperbahn Festival sicherlich an erster Stelle. 

Übrigens sind auch bereits Tickets für das Reeperbahn Festival 2023 und die Konferenz verfügbar, die vom 20. bis 23. September 2023 stattfinden.  

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