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Chance oder Verschwendung?

Spotify verkündet Millionen-Sponsoring von FC Barcelona und erntet heftige Kritik

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 18.03.2022

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Spotify verkündet Millionen-Sponsoring von FC Barcelona und erntet heftige Kritik

© Spotify / FCB

Der Streaming-Konzern hat eine Langzeitkooperation mit dem Fußballverein FC Barcelona bekannt gegeben. Von Spotify heißt es, das 310 Millionen Dollar schwere Sponsoring käme den Spotify-Artists zu Gute. Aus der Musikbranche hagelt es Kritik.

Streaming-Riese Spotify hat am 15. März 2022 bekannt gegeben, den Fußballverein FC Barcelona im Rahmen eines vierjährigen Sponsoring-Deals mit 310 Millionen Euro unterstützen zu wollen. Erste Spekulationen zu diesem Deal hatte es bereits im Februar 2022 gegeben, nun ist es offiziell. 

Der Deal

Der Millionen-Deal umfasst u.a. die Platzierung des Spotify-Logos auf den digitalen Screens des Stadions des Clubs, "Camp Nou", mit dem Beginn der Saison 2022/23 sowie die Umbenennung des Stadions in "Spotify Camp Nou". Außerdem wird das Spotify-Logo für fünf Saisons auf den Männer- und Frauentrikots des Vereins sowie für vier Saisons auf dessen Trainingtrikots abgebildet werden. 

In der zugehörigen Pressemitteilung verkünden die beteiligten Unternehmen, auf diese Art und Weise das ikonische Barcelona-Trikot zu einem Raum machen zu wollen, der Artists auf der ganzen Welt feiert. Die Partnerschaft solle Künstlerinnen und Künstlern dabei helfen, mit der weltweiten Fangemeinde des FC Barcelonas zu interagieren und so ihre Reichweite zu erweitern.

... und der Mehrwert?

Bereits kurz nach dem Bekanntwerden der Kooperation häuften sich die kritischen Stimmen. Insbesondere stellen Musikschaffende in Frage, was der tatsächliche Wert dieser Partnerschaft für die Artists-Community ist – bzw. wie hoch dieser Wert überhaupt sein kann. 

Während also Alex Norström, Chief Freemium Business Officer Spotify, betont, dass das Sponsoring zu einer höheren Nutzer/innenzahl bei Spotify führen würde, was wiederum höhere Auszahlungen an die Künstlerinnen und Künstler bedeute. Wie sehr ein solches Sponsoring die Nutzer/innenzahl des wohl bekanntesten Streamingdienstes der Welt jedoch tatsächlich erhöhen kann, bleibt fraglich. 

Ebenso fraglich ist demnach auch, inwiefern sich die Auszahlungen durch die Kooperation Spotifys mit FC Barcelona tatsächlich signifikant erhöhen werden. Aktuell liegt Spotify mit einer derzeitigen Auszahlung von gut 0,0348 Cent pro Stream deutlich unter Durchschnitt – Apple bezahlt den Künstler/innen immerhin doppelt, Napster gut dreimal so viel. Ihren Lebensunterhalt können nur die wirklich größten Acts mit dem Streamingdienst bestreiten. 

Rekordsummen

Im Hinblick auf die derzeit geringen Auszahlungen Spotifys heißt von Seiten des Musikmagazins MBW weiter, dass diese den kumulierten Tantiemen für 89,08 Milliarden Spotify-Streams gleichkämen. Gleichzeit gäbe es jedoch keinen einzigen Artists auf der Plattform, der derart viele Streams vorweisen könne. 

Am nähesten ist hier der kanadische Rapper Drake mit 62,84 Milliarden Plays; wobei die Aussagekraft hier u.a. dadurch eingeschränkt wird, dass immerhin 17,57 Milliarden dieser Streams von Songs, an denen Drake lediglich als Feature-Artist mitgewirkt hat und dadurch auch einen geringeren Umsatz an Tantiemen verdient.

Als "Lead-Artist" kann Drake immerhin 45,27 Milliarden Streams vorweisen, was Tantiemen in Höhe von rund 157 Millionen Dollar entspricht. Die Botschaft dieses Zahlenspiels ist deutlich: Spotify hat bisher noch keinem seiner (Top-)Artists auch nur annähernd die Summe ausgeschüttet, die es für ein Sponsoring mit immerhin zweifelhaftem Mehrwert für die Künstler/innen investiert hat 

"Unsinnige Verschwendung"

Diese Tatsache ist es wohl auch, die den Variety-Autoren Jem Asward zu seiner scharfen Kritik an Spotify und Gründer Daniel Ek motiviert: Asward bemängelt die geringen Auszahlungen des Streamingriesen und unterstellt Ek, er wüsste "seine" Künstler/innen – immerhin die Grundlage des gesamten Unternehmens – nicht zu schätzen.

Die Summe, die nun in das "verschwenderische" Sponsoring fließt, sei an anderer Stelle besser angelegt, und gerade vor dem Hintergrund weltpolitischer Ereignisse wirke das Sponsoring deplatziert: 

"Man könnte meinen, dass Ek, nachdem er Millionen an Lobbyisten auf dem Capitol Hill gezahlt hat, um weniger an Songwriter zu zahlen, als das Copyright Royalty Board angeordnet hat, nicht 310 Millionen Dollar für etwas so auffälliges und geschäftsunkritisches wie das Sponsoring einer Fußballmannschaft ausgeben würde, vor allem, wenn russische Bomben jeden Tag Hunderte von ukrainischen Zivilisten töten. Aber man würde sich irren."

Kein Einzeltäter

Das Barcelona-Sponsoring Spotifys ist dabei nur einer von zahlreichen Anlässen in der jüngsten Zeit, in denen sich das Unternehmen harscher Kritik ob seiner Geschäftspraktiken ausgesetzt sah: Neben der Veröffentlichung eines Protestalbums gegen die niedrigen Auszahlungen wurde dem Dienst vorgeworfen, per Algorithmus rechte Musik zu verbreiten.

Weiterhin zogen Neil Young, Joni Mitchell und weitere Künstler/innen ihre Musik von Spotify ab, um gegen einen Podcast von Joe Rogan zu protestieren – und auf Twitter trendete der Hashtag #BoycottSpotify als Antwort auf die Investition des Gründers Daniel Ek in ein deutsches Militärtechnik-Unternehmen

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