Notwendige Anpassung oder unfaire Benachteiligung?
YouTube zählt weniger: Die Billboard-Charts gewichten Streams ab 2018 unterschiedlich
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© Rego Korosi auf Flickr / Lizenz: CC BY-SA 2.0
Heutzutage gibt es mehr Möglichkeiten, Musik zu konsumieren, als je zuvor. Erst kürzlich zeigte eine Studie, dass es unter Jugendlichen die "eine" Möglichkeit, Musik zu hören, wohl nicht mehr gibt – es dominiert ein Mix aus verschiedensten Formaten und Quellen.
Stetige Anpassung
Musikcharts sind gezwungen, auf diese neue Vielfalt zu reagieren, so sie denn eine akkurate Repräsentation der Marktsituation liefern wollen. So wurden beispielsweise erst 2016 Musik-Streams vollständig in die Offiziellen Deutschen Charts aufgenommen.
Die im Musikmagazin Billboard erscheinenden Charts gehören zu den einflussreichsten der Welt. Mithilfe einer neuen Gewichtung will der dahinterstehende Medienkonzern Nielsen ab Anfang 2018 versuchen, die verschiedenen Arten von Streams besser abzubilden und die Charts somit aussagekräftiger zu gestalten.
Das neue Ranking
Ab 2018 soll für die Billboard Charts zwischen On-demand-Angeboten wie Spotify, Apple Music etc. und Radiodiensten wie z.B. Pandora unterschieden werden. On-demand erhält hier den höheren Stellenwert, da die Nutzer im Gegensatz zu Online-Radios die gehörten Songs selbst auswählen.
Weiterhin wird in Zukunft zwischen kostenlosen und kostenpflichtigen Diensten unterschieden werden. So werden Streams bei reinen Bezahl-Plattformen wie Amazon Music oder Apple Music höher gewichtet als kostenlose Angebote (z.B. YouTube). Hybrid-Modelle wie Spotify, die einen kostenlosen und einen kostenpflichtigen Service anbieten, liegen in diesem Ranking in der Mitte.
Kritische Stimmen
Zu einiger Kritik führte allerdings die Entscheidung, Videoportale lediglich in die "Hot 100" (Singlecharts) einzubeziehen. Damit wird u.a. YouTube, immerhin eine der populärsten Streaming-Plattformen, nicht in den Billboard-Albencharts berücksichtigt.
Als Grund dafür wird angegeben, dass bei der Nutzung von Videoplattformen nicht sichergestellt werden könne, ob das Interesse dem Song oder lediglich dem Video gilt. Außerdem wird die Manipulierbarkeit von Seiten wie YouTube (etwa durch Botnetze) angeführt.
Medien wie z.B. das Wirtschaftsmagazin Forbes kritisieren diese Entscheidung: Die Nichtbeachtung einer so großen Plattform wie YouTube stelle die Aussagekraft der Charts in Frage.
Außerdem wirke die Entscheidung wie Kalkül der Musikindustrie. Diese kritisiert seit längerem die geringen Auszahlungen YouTubes (Stichwort: "Value Gap"). Der Ausschluss YouTubes aus einigen Teilen der Charts könne laut Forbes dazu führen, dass in Zukunft andere Streaming-Plattformen zu Promozwecken bevorzugt werden. Dies wiederum würde zu einer (erzwungenen) Akzentverschiebung weg von YouTube führen.
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